62 übemechselt und ein Bock könnte ihm doch zum Opfer fallen. Es wird besser sein, den Kerl sofort „anzunehmen" und den Strauß auszufechten, dann kann Hubert zum Abendtruuk wieder daheim oder gar in der Forstwartei zu Taubensee sein. Der Forstgehilfe macht sich schuß- fertig und pirscht dem Wilderer entgegen. Ein Glück, daß der immer stürmischer gehilfen nicht zu Kopf, werdende Wind jedes Geräusch ver- Oberkörper empor, i Mngt. Jetzt sind sie auf Kugelweite einander nahe, ein etwas weiter Schuß zwar und unsicher im brausenden Sturm; doch dürfte es kaum gelingen, dem Kerl näher auf den Leib zu kommen. Eme plötzliche Wendung, als wenn der Wilderer von seinem Feinde Witterung bekommen hätte, der im Gesicht ge- .., er hebt oen ■"--—r— w.^v?, um sich zu vergewissern, wo der-Wilderer steckt. Ein Blick, ein Krach, die pfeifende Kngel fährt dem Forstgehilfen in die Brust, nach rücklings fällt der Schwerverletzte in die Latschen. Er hat sein ,...Nack) geraumer Zeit sichert der tückische Wilderer hinüber, wo der arme schwärzte Mann zuckt zusammen und fallt platt zur Erde, so plötzlich, daß der Forstgehilfe glaubt, der Mensch müsse in eine Felsgrotte gestürzt sein. Soll er ihm nach? Der Verstand ermähnt, Deckung zu halten im Gestrüpp der Legföhren. Das urplötzliche Verschwinden des Wilderers will dem ForstForstbeamte im Blute liegt. Dann aber erfaßt den Mörder Reue, und Gewissensbisse foltern ihn. Soll er den Forstner verbluten lassen? Soll er fliehen über Moorwacht in's Kleineis und hinüber iu's Oesierreichische? Noch wäre es Zeit und der Vorsprung groß. Soll er nich' doch sehen, wen er erschossen hat? Weitum ist nichts zu eräugen, was Gefahr bringen könnte, der Wilderer tritt mit frischgeladener Waffe zu seinem Opfer. Ein Blick.— allmächtiger Gott! Das ist der Forstgehilfe, der Verlobte des Engerls, seiner Wohlthäterin! O, Du barmherziger Gott! Wie hat er geschworen, blutig zu rächen Den, der den Förstersleuten ein Haar krümme! Das also ist die Dankbarkeit vom Naz, daß er trotz seiner Schwüre doch wieder wildert und der Försterstochter den Bräutigam erschossen hat! Ein gemeiner Mörder; ein Meuchelmörder ist noch ein anständiger Mensch gegen den Naz, der edle Wohlthätigkeit mit mörderischem Blei lohnt! Eine wilde Verzweiflung erfaßt den Wilderer. Aus Noth ist er herauf in's Gamsrevier, einen Bock wollte er stehlen, um den Hunger seiner Kinder zu stillen, den Schwur hat er gebrochen und den Forstner ermordet. Weh' mir! Er wirft sich nieder, untersucht die Wunde und sucht die Blutung zu stillen. Wenn er den Erschossenen schleunigst hinunterschleppt und in's Forstamt bringt, kann vielleicht der Arzt noch helfen und das Leben zurückrufen. Mit Aufgebot aller Kräfte zieht der Naz den schweren Körper des Forst- gehilfen auf seinen Rücken, die Gewehre läßt er zurück und eilt mit der ihn schier niederdrückenden Menschenlast thalwärts durch Sturm und Regen, keuchend, die Verzweiflung im Herzen. Mittag ist vorüber, eben hat der Forstmeister der Ramsau sein Siestaschläfchen begonnen, da wird heftig an der Hausglocke gerissen, der Taglöhner Naz ist da mit der Leiche des Forstgehilfen! — Rasch wird ihm die Last abge63 nommen und der arme Erschossene zu Bett gebracht, indeß eine Magd um deu Arzt nach Berchtesgaden läuft. Der Forstmeister aber nimmt den Naz in die Kanzlei, um sofort ein Protokoll auf- zunehmen. Er fragt: „Wer hat den Forstgehilfen erschossen?" „I!" erwidert zerknirscht der Naz. „Waaas?" Die Feder entfällt dem Beamten vor Schreck, sprachlos starrt er den leichenblassen Taglöhner an. „Und Du, der Mörder, bringst den Erschossenen selber herunter?" „Jo hon eahm net kennt, wia i g'schosscn han!" wimmert der Naz. „Und wie D' ihn derkennt hast, hast'n runterg'schleppt?" „Ja!" Die sofort herbeigeholte. Gendarmerie eskortirte den Taglöhner noch am selben Tage zum Landgericht. Der Arzt aber bemühte sich eifrigst, das Leben des Forstgehilfen zurückzurufen. Die Untersuchung der Wunde und des Körpers ergab, daß die Kugel gottlob die Lunge verschonte, aber groß ist die Gefahr und schwach die Hoffnung. Wie ein Flugfeuer verbreitet sich die Kunde von dem schrecklichen Ereigniß im Thalgrund, man fluchte dem Mörder, aber man hatte doch dabei ein gutes Wort für ihn, weil er sein Opfer, das er nach eigenem Geständniß nicht treffen wollte, unter großen Mühen herab- schleppte, um vielleicht doch noch eine Rettung zu ermöglichen. Der Forstmeister schickte einen Eilboten hinüber in die Warte! zu Taubensee mit der Botschaft, es sei ein Unglück geschehen. Ahnt 's Engerl das Schreckliche? Ehe der Bote noch ausgesprochen hat, ist das Mädchen schon unterwegs, am Bett des sterbenden Verlobten ist ihr Platz, den Theuren zu pflegen oder — zn beweinen. Eine bange Nacht ist vergangen. Am Morgen sucht der Arzt wieder nach dem Geschoß, Gott seiDank, dieKugel ist gesunden und schwach athmet der Arme wieder.
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