Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1897

48 Gut erklärt. Frau: „Karl, Deine Platte wird jeden Tag größer. Wie kommt es nur, daß Euch Männern die Haare so früh ausgeheu?" Mann: „Sehr einfach — weil wir uns beständig den Kopf kratzen müssen, weher wir das Geld für Euren Luxus nehmen sollen." Kine lustige Anekdote aus alter Zeit erzählt die „Magdeb. Ztg." In der damals noch freien Reichsstadt Frankfurt a. M. stand ein Schnellzug nach Kassel zur Abfahrt bereit, die Reisenden waren eingestiegen und die Coupes theilweise schon geschlossen; nur zwei Herren wanderten noch gemüthlich vor einem Coupo erster Classe im eifrigsten Gespräch auf und ab. Höflich grüßend tritt der Zugsführer an die Herren heran und sagt: „Bitte einzusteigen." Unbekümmert um die Mahnung, sprechen die Herren weiter; noch einmal wiederholt der Zugsführer feine Mahnung, aber wieder ohne Erfolg. Die Reisenden im Zuge werden ungeduldig, und zum dritten- male tritt der Zugsführer zu den Herren und sagt: „Ich muß Sie dringend bitten, einzusteigcn, da die Zeit zvr Abfahrt schon überschritten ist." „Wollen Sie mich wohl in Ruhe lassen, Sie — Sie!" schreit da einer der beiden Herren den Beamten an, „wissen Sie nicht, wer ich bin? Ich bin derKurfürst vonHessen!" — „So", sagt der Zugsführer, „nun will ich Ihnen zeigen, wer ich bin"... sprach's und pfiff, sprang in seinen Wagen und — zwei verdutzte Gesichter sahen dem fortbrausenden Zuge nach. An der Schule. Lehrer (liest): „Die alte Frau er nährte sich und ihren Sohn kümmerlich mit Spinnen. — Was fällt Dir bei dieser Satzbildung auf, Wilhelm?" Wilhelm (rasch): „Daß der Junge die Spinnen gegessen hat!" Kasernenßofölüthe. Unterofficier: „Sorgmann, mein Süßer, für Sie wüßte ich auch was besseres, als Soldat spielen. Gehen Sie nach Hinterindnn und stellen Sie sich dort einem ix-beliebigen kinderlosen Rhinoceros vor — mein Wort darauf — es adoptirt Sie auf der Stelle." Wünsche. Ein Dienstmädchen gratulirt der Herrin zum neuen Jahre. Frau: „Ja, wenn nur Alles in Erfüllung ginge, wasmansichwünscht." Dienstmädchen: „Freilich, dann hätte ich auch mehr zu Weihnachten bekommen!" - Ein guter Kerl. Student (der von einem Strolch ungehalten, aber vergeblich nach Werthgegenständen durchsucht worden ist): „Wissen Sie was, Mann? Damit Sie sich nicht ganz umsonst bemüht haben ... beim „schwarzen Adler" hab' ich Credit, trinbn Sie dort morgen einen Liter auf meine Rechnung." Kindliche Logik. Vater (bei Tisch): „Ihr Kinder habt den Mund immer offen — von jedem Leckerbissen wollt Ihr haben. Als ich klein war, bekam ich nur trockenes Brot zu essen." Der kleine Karl: „Ach, Papa, da bist Du wohl jetzt sehr froh, daß Du zu uns gekommen bist?" Er hat nicht Unrecht. Sie- „Du, Mann, in acht Tagen feiern wir unsere silberne Hochzeit. Wollen wir 'dazu nicht das Schwein schlachten?" Er: „Warum? Was kann denn das arme Thier dafür, daß ich Dich vor 25 Jahren geheiratet habe?" 's Engerl. Erzählung von Arthur Achteklner. I. die hübschesten Mädchen des bayerischen Oberlandes ^ sehen will, muß das reizende ^l Berchtesgadener Landl auf- suchen, doch vom schönen Orte Berchtes- gaden immer noch einige Stunden west- wtirts marschiren, bis den Wanderer die Wunderwelt der Ramsau umfaßt. Wo me wildschönen Formen des wuchtigen Gebirgsstockes der Reuteralpe auf- ^>en bizarren Spitzen des e ) von Gemsen bestandenen Eisberges, J gigantischen Edelweißlahners, des ^Lagendrischelhornes und südwärts die richtigen Ausläufer des Mühlsturzhorn ökm Grundübel und drüben im «üben der Firn des Blaueises schillert, Uegt auf der Siraße von Ramsau nach -neicheuhall der kleine, im Sommer oft trockene Tanbensee und das kleine Dörfchen mit den im grün schimmernden Gelände verstreuten hübschen Bauern- hauser bis zum Wachter! (Schwarzbach- tvacht, 167 Meter hoch gelegen), einem -«eherberger der schmuckesten Dirndln des ayenschen Hochlandes. Blauäugig und vlondzöpfig sind die Taubenseerinnen mit ihren entzückenden Muttergottesgesichtlein, so mild und fromm, lieblich und fein. Hell der Sinn und froh das Gemüth, sorgesfreudig und handsam bei der Uralt ist der Hochsteig, der das Thal oes Taubensees, das sich gegen das wyldgekrönte schuttreiche Lattengebirge hinzieht, mit dem Ramsauerthal verbindet und im Volksniund Kunter- weg genannt wird, weil „Kunter" auf blesem Wege getrieben wurde, worunter »lan Kleinvieh verstand, aber auch nebenbei Ungeheuer oder Mißgeschöpf. >fn Tirol wird dieses Wort besonders für Thier gebraucht, während nian in Nachdruck verboten, den österreichischen Erblanden den Ausdruck gar nicht kennt. Ein Tiroler Vier- zeiliger besagt z. B.: „Wenn d' Sunna geaht untar, Da lassen mir's sein, Und thaen unser Kuntar In d' Stallelen ein." oder: „Um ’$ Gamsal am Bearg Js 's a lusti 's Kunter Und koan traurigen Buam Macht koa' Madl munter." Ein Kunterweg ist daher meist ein Weg für's Vieh und diesen Zweck mag wohl auch der Erbauer des Ramsauer Hochsteiges im Auge gehabt haben. Der Kunterweg in diesem Alpenparadiese hat für die Bewohner der Ramsau wie des Daubenseethales eine große Bedeutung durch das Gnadenbild der Gottesmutter, das in einer Capelle untergebracht ist und den Namen „Maria Kunterweg" trägt. Zu dieser Andachts- stütte wallfahren die frommen Gebirgler hüben wie vom nahen Oesterreich über den Hirschbichl herüber zur wunder- thätigen Madonna, um deren Beistand zu erflehen in glaubensstarkem Gebete. Wenn an Sonn- und Feiertagen die Dirndln aus der Grafschaft Taubensee den Kunterweg heraufpilgern in ihrer schmucken Tracht, so bietet das einen herzerquickenden Anblick und man glaubt gerne, daß es schönere Mädchen im Gebirge nicht leicht anderswo geben kann. Die schönste von Allen aber in der ganzen Thalung ist's Engerl, wie allgemein des Försters Töchterlein Angelika genannt wurde wegen ihrer holden Erscheinung, die lebhaft an die Engel in: Himmel gemahnt und wegen des Mädchens Vorliebe für die zarten Frühlingsboten, die blühweiß dem Boden entsprießen als Narzissen, im Volke aber Engerlblumen bezeichnet werden. Des

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