26 „O, Zischkerl, jetzt weiß ich Alles: der Vater kommt mit Contreband' aus'm Engadin rüber, gel? G'steh's nur ein, Du hast Dich schon verrathen... ist's nicht so?“ Zischkerl senkt den Kopf. Nun hat sie den Zug verrathen, ohne es zu wollen, und die Gefahr vergrößert, die Katastrophe erst recht heraufbeschworen. Den Geliebten wollte sie retten und den Vater zugleich, — den Zusammenstoß vermeiden und nun hat sie ihn zur Gewißheit gestaltet. Zischkerl weint, fürchterliche Angst erfaßt das Mädel sie ist rathlos. Auch in Blasi's Herz ringen wider¬ streitende Gefühle. Wie ganz anders hat er sich das erste beseligende Zusammensein mit dem geliebten Mädchen im Geiste aus¬ gemalt, und nun kein süßes Geständniß der Liebe, keinen ersten Kuß! Ein hastig Stammeln nur der Angst, das ihm aller¬ dings die Gewißheit des Geliebtwerdens gibt, von ihm aber eine ungeheuerliche Dienstverletzung fordert. Blitzartig durch¬ zucken die Gedanken sein armes Gehirn. Er steht ohnehin schon sehr schlecht bei seinem Vorgesetzten; jetzt bietet sich die Sicherheit, den Hauptschwärzer abzufangen Alles ist wieder gut zu machen, eine hohe Belohnung, eine Auszeichnung, Lob und Anerkennung sind ihm sicher, sobald er bleibt, wohin er befohlen ist und wie es der Dienst verlangt. Wenn er aber dienst¬ gemäß bleibt, kostet es ihm die Liebe Zischkerl's! Aus der gequälten Brust entringen sich die Worte: „Ich kann nicht, Zischkerl! Ich muß im Dienst bleiben, und wenn's mein Leben kostet! Gefoltert von Angst wirft sich ihm das Mädchen an den Hals und weint an seiner Brust. Armes Zischkerl, nun leiden wir Beide an den Folgen von Deines Vaters sträflich Thun! „Blasi, liaber Blasi.. laß den Vater durch! Es geaht nicht, Herzens=Zischkerl selbst wenn ich möcht', ich darf nicht. Und wenn ich aus der Finanzwach' austreten thät, so darf ich den Rock erst ausziehen, wenn Alles vorbei ist. Jetzt bin ich im Dienst und muß bleiben, mag kommen, was will!“ „Aber Du könnt'st decht krank werden bei dem Wetter. Wennst runter gingast, weil Dir schlecht worden ischt?“ „Sell gibt's nicht, Zischkerl, ein Finanzer darf nicht krank werden im Dienst, und wenn er's wird, dann bleibt er auf Patrouille liegen, bis er abgelöst wird. Es geht nicht, Herzensmädel, der Dienst ist zu streng, die Pflicht ist heilig! Es nutzt uns alles G’red nichts, Zischkerl, ich muß 'nauf auf's Joch, sollt' ja schon oben ein, geh' mit Gott 'nunter zur Alm und bet zu Gott für mich und den Vater. Wie's heut' ausgeht, der Himmel mag's zum Besten lenken.“ „Nein, um Gottes Willen nein! Du rennst in Dein Verderben und der Vater mit! Sie sind unterwegs, bald müssen sie am Eisfeld sein... hörst, Blasi, wie es kracht am Gletscher? Ha, allmächtiger Gott, dort oben sind sie schon! Blasi, wennst auf 'n Vater schieß'st.“ Das Mädel reißt sich mit plötzlichem Ruck los und stürmt über das Moränen¬ feld aufwärts der Gletscherzunge zu, ge¬ trieben von wahnsinniger Angst. Ehe Blasi sich klar wird, was Zischkerl beabsichtigt, ist das Mädel bereits mitten im Eisfeld, gellende Rufe der Warnung ausstoßend, und mit den Armen Zeichen der Umkehr gebend. Nun gilt's! Die Schwärzer kommen, ein ganzer Trupp gegen einen einzigen Finanzer, es ist tollkühn, gegen sie an¬ zustürmen, aber es muß sein. Rasch dem Mädel nach mit fliegenden Pulsen und keuchendem Athem. Blasi reißt den Mantel auf und stürmt weiter. Ist aber das Eis brüchig durch den starken Regen geworden! Dort eine Spalte! Die Schwärzer haben Zischkerl erblickt, sie kehren um, streben mit Sack und Pack wieder dem Joch zu. Nur einer bleibt stehen, um das Mädel herankommen zu lassen. Das ist sicherlich Zischkerl's Vater. Und das Mädel springt von Neuem aufwärts wehe, wenn sie ausrutscht, das ganze Gletscher¬
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