hamg'angen,“ lautete die Anwort der Sennerin. Nun muß sich der Beamte selber sagen, daß der Pascherzug wieder einmal erfolgreich durchgeführt worden ist. Die Kette der Schlußfolgerungen greift Glied für Glied ineinander: die Stiefel, der Alp¬ meister, der Wespensack und vermuthlich auch das Verschwinden Zischkerl's von der Alm. Und all' dem machtlos, ja hilflos gegenüber zu stehen, das ist bitter für den überlisteten Beamten, der sich noch dazu selber den Schwärzern durch Auslieferung einer ausbesserungsbedürftigen Stiefel in die Hände gegeben hat. Die fremden Schuhe haben neues Unheil gestiftet: der Respicient ist außer Stande, weiter zu gehen, die Füße sind furchtbar aufgeschwollen, man muß ihm die Schuhe von den Füßen schneiden, und nun ist der Beamte aber¬ mals ein Gefangener, diesmal auf der Alm, die von jeher im Verdacht steht, ein Unterschlupf für Schwärzer zu sein. Nolens volens bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Finanzwachmannschaft heimzuschicken mit der Ordre, des Respicienten Stiefel sofort heraufzubringen, sofern Seppele „die Gnade gehabt hat, die zwangsweise ent¬ lehnten Stiefel des Respicienten zurück zu geben“. So mußte denn der Vorgesetzte mit 4 dem armen Fuchs auf der Alm zurück¬ bleiben, Beide als Opfer eines Schmuggler¬ streiches. Indes die Sennerin den Finanzer pflegt und immer wieder frische Erde auf¬ legt, um die Geschwulst zu mildern, unter¬ sucht der Respicient möglichst harmlos die inneren Räume der Alphütte, bis er zur Ueberzeugung kommt, daß auf Schnapfen¬ theja keine Waaren verborgen sind, wie¬ wohl Winkel genug sich vorfinden, in denen Schmuggelwaare aufbewahrt werden könnte. Der Malefiz=Seppele traut der Finanz¬ wache doch nicht so weit, um Alphütten zu Waarenlagerplätzen zu benützen, da die Controle auf den Almen eben jederzeit möglich ist und thatsächlich auch Sommers über sehr oft vorgenommen wird. Wenn nun Seppele auf dem gestrigen Zug die Waaren nicht heroben gelassen hat,so 11 muß er sie jedenfalls, da auch nicht anzu¬ nehmen ist, daß er sie auf dem Gletscher¬ feld liegen ließ, nach Galtür hinunter ge¬ schafft haben. Zur Bergung der geschmuggelten Waare eicht nun der Vorsprung einer Nacht ziemlich aus, doch pflegt die Vertheilung nicht so rasch zu erfolgen, namentlich wenn der Abnehmer mit dem Fuhrwerk noch nicht in Sicht ist. Blitzähnlich durchzuckt den Respicienten der Gedanke, bei Seppele eine regelrechte Hausdurchsuchung zu halten. Der Höfler ist frech genug; es sieht ihm ähnlich, daß er die Säcke gleich im Großen in seinem Hause verborgen hält, bis der Abnehmer sie holt. Wenn der Respicient iur gleich fort könnte! Aber ohne Stiefel kann er doch den steinigen Weg hinunter nicht zurücklegen. Qualvoll verrinnen langsam die Stunden, bis endlich ein Mann der Wache die Stiefel des Herrn Respicienten bringt, die Seppele unter höflichsten Entschuldigungen selber in die Station gebracht habe. Der befreite Beamte lief nun mehr als er ging den Almpfad hinab und durch's Thal hinaus nach dem Dorfe. Rasch war die Mannschaft beieinander und marschirt nun, an ihrer Spitze der Respicient, an dem lauen Abend auf das Gehöft des Seppele zu. Der Marsch des Vorstandes mit drei Mann hinter sich fiel den ohnehin sehr wachsamen Galtürern augenblicklich auf, an Dachluken tauchten Köpfe auf, Bübchen erschienen plötzlich an der Straße oder plätscherten an der Trisanna, hielten aber n Wahrheit scharfen Auslug, wohin die Finanzer marschiren. Wie diese in's Haus des Seppele traten, waren die Buben wie weggeweht, und von Haus zu Haus ward die Kunde getragen, daß die Finanzer bei Seppele sind. Seppele zeigt nicht die mindeste Ueber¬ raschung ob des Besuches; er begrüßt den Beamten höflich und entschuldigt sich augenblicklich wegen des Versehens mit den Stiefeln, an dem der Schuster die Schuld trage. „Gut, Seppele, aber habt Ihr denn nicht gemerkt, daß Ihr fremde Stiefel anziehet?“
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