„Wie?“ „Ein herrliches Geschöpf!“ Mann, was kümmert uns, ob das Mädel herrlich ist oder häßlich? Halter Sie sich gefälligst den Dienst vor Augen Ich will wissen, wie sich die Tochter be nahm, als sie Ihnen sagte, sie müsse Bot¬ schaft auf die Alm bringen „Das weiß ich nicht!“ „Mensch, sind Sie verrückt? Sie haber in Ausübung Ihres Dienstes das Mädel ausgefragt, und nun wissen Sie nicht, ob die höchst verdächtige Botschaft glaubwürdig vorgebracht wurde, oder ob es nur ein Vorwand gewesen ist!“ „Ich glaube, daß das Mädel an die Wahrhaftigkeit der Botschaft geglaubt hat. „Paperlapapp! Glauben heißt nichts wissen.“ „Ja, ich kann doch nicht wissen ... „Sie sollen aber wissen. Wozu sind Sie denn Grenzaufseher, dem das Aus¬ horchen und Ausspeculiren dienstlich auf¬ getragen ist?“ „Mit Verlaub, Herr Respicient, Sie wissen ja auch nicht * „Halten Sie gefälligst das Maul im Dienst!“ „Zu Befehl!“ „Sie gehen noch heute auf Patrouille ins Jamthal, forschen in Schnapfentheja nach, ob die Botschaft auf Wahrheit be¬ ruht und recognosciren genau, ob etwas im Werk ist. Insbesondere beobachten Sie, wie sich die Senner und Almerinnen ver¬ halten. Bevor Sie aufbrechen, was völlig unauffällig zu geschehen hat, sprechen Sie beim Dorfschuster zu, ob ich morgen meine Stiefel bekomme. Drängeln Sie den Kerl ich muß die Stiefel haben, will selber inspiciren. Wenn ich nur jetzt mehr Personal hätte! Nun, Gott befohlen! Abtreten!“ Fuchs salutirt und verläßt die Station in keineswegs rosiger Stimmung. „Schlecht bezahlt und ewig commandirt!“ brummt der Finanzer im Zwiespalt der Gefühle „Jetzt bei anbrechender Nacht ins Jam¬ thal marschiren, ist keine Annehmlichkeit und was muß 's Zischkerl sich denken wenn die ihm begeguet? Muß die nicht 7 glauben, er mißtraue ihr und spionire? Und er möchte doch in möglichst gutem Licht vor ihr erscheinen! Aber muß er ihr denn in den Weg laufen? Er kann ihr ja auch ausweichen; wie er den Patrouillen¬ gang macht, ist ja seine eigene Sache. Also zunächst zum Schuster. „Der Herr Respicient läßt fragen, ob er morgen frühestens seine Stiefel haben kann. „Pressirt's so? „Sehr, er muß die Stiefel unter allen Umständen vor 6 Uhr Früh haben! „Wenn's möglich ischt, sall woll! sagt der Schuster und klopft auf der Sohlc eines in Arbeit befindlichen Schuhes weiter Kaum ist aber Fuchs zur Thüre hinaus da huscht ein verschmitztes Lächeln über des Schusters Gesicht. „Der kann warten! flüstert er vor sich hin. Ein prächtiger Morgen ist angebrochen, die Ferner glitzern herein durch die Seiten¬ thäler, und helles Sonnengold ist über die Alpenlandschaft ausgegossen. So schön der junge Morgen aber ist, der Respicient hat kein Verständniß dafür. Er wartet ingrimmig auf den Lehrbuben der ihm seine ausgebesserten Stiefel bringen soll; ohne die kann er nicht ausgehen, da er nur ein Paar besitzt, die nun schon den ganzen gestrigen Tag beim Schuster liegen. Noch einen Tag will er aber nicht unfrei¬ willig Stubenarrest halten, außerdem gilt es heute, die Augen aufzuhalten, heute muß der Respicient selber Außendienst machen, dem Seppele ist nicht zu trauen. Es wird sieben Uhr und die Stiefe ind noch nicht da. Es schlägt acht und kein Lehrbub läßt sich sehen. Der Zollbeamte wird von Stunde zu Stunde immer grim¬ miger als Gefangener des boshaften Schusters, der die Stiefel nicht schickt. Gegen Mittag entschließt sich der Re¬ spicient in Gottes Namen, den kurzen Weg zum Schuster in Hausschuhen zu machen. Allein wie er eben zur Thüre hinaus will fallen vom längst umdüsterten wolken¬ behangenen Himmel die ersten schweren Tropfen. Gleich darauf prasselt ein Ge¬ witterregen herab, es flammt der Himmel
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