Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

122 In Weyer wurde am 29. April der Holz¬ meister Stangl aus Kleinreifling begraben. Da selber den Krieg im Jahre 1866 mitgemacht hatte nahm am Begräbniß auch der Veteranenverein mit Musik und Fahne Theil und wurden als militärischer Ehrengruß drei Pöllerschüsse gelöst. Am 30. April starb in Sierning der Haus¬ besitzer und Linzerbote Georg Lederhilger in seinem 56. Lebensjahre. Derselbe erfreute ich ob seines rechtlichen Charakters der allge¬ Werthschätzung meinsten In der Stadtpfarrkirche zu Steyr fand des Fräuleins am 30. April die Vermälung Betiy Stigler, Tochter des Advocaten Dr. Alois Stigler, mit Dr. Franz Bauer, k. k. Notar in Lembach, statt. Ende April sank der mehr als 80 jährige Peter Trinkl in seiner Hütte zu Brunnenthal bei Steyrling, als er auf dem Ofen saß, in Folge eines Unwohlseins auf die heiße Herdplatte. ein Rücken schon eine einzige Brandwunde Als wurde der alte Mann erst aufgefunden. war Er tarb noch in selber Nacht. Die Suppenanstalt in Weyer hat in dem ab¬ gelaufenen Winter 4235 Portionen Suppe an arme Schulkinder vertheilt. Außerdem erhielten 40 Kinder Winterschuhe. In diesem Frühjahre machte sich die Mai¬ käferplage ganz besonders bemerkbar. Streckenweise waren die Bäume ganz kahl ge¬ fressen, besonders häufig die Eichen. Der erste Mai, in diesem Jahre ein prächtiger Frühlingstag, wurde in Steyr von der socialdemokratischen Arbeiterschaft durch eine Versammlung im Casino und einen Ausflug in Steiner's Gastgarten in Halbgarsten gefeiert. Beide Veranstaltungen nahmen einen ruhigen Verlauf. Auch in Weyer veranstalteten die Arbeiter der Möbelfabrik einen Ausflug nach Neudorf. Die Arbeiterschaft der Waffenfabrik in Letten und der Klingenschlägerei von Otto Christ in Neuzeug feierte ebenfalls, während in allen anderen Gewerben gearbeitet wurde. In den größeren Orten des Bezirkes concertirten die Musikcapellen auf öffentlichen Plätzen. Am 1. Mai starb zu Steyr Frau Paula Maix, Gattin des Oberpostverwalters Gustav Maix, in ihrem 55. Lebensjahre. Durch ihr anspruchsloses, liebenswürdiges Wesen im Um¬ gange eroberte sich die Dahingegangene die Herzen Aller, die mit ihr näher in Verkehr traten. Der Gastwirth und Postmeister Josef Bachbauer in Weyer schied am 1. Mai, 65 Jahre alt, aus dem Leben. Mit ihm verlor der Markt einen Bürger von altem Schrot und Korn, dessen Name weithin bestens bekannt und mit dessen Leben und Wirken das Auf¬ blühen des Ortes aufs innigste verknüpft war. Durch mehr als 35 Jahre wirkte er meistentheils in öffentlicher Stellung, so als Communalrath und Sparcasse=Director, und durch seine un¬ ermüdliche, energievolle Thätigkeit wurde der Markt Weyer vom socialen Range eines Gebirgs¬ dorfes auf die gegenwärtige Stufe fortschritt¬ licher Entwicklung gehoben. Die Reconstruction des der Hollensteinerstraße, die Errichtung Schwimmbades und der märktischen Sparcasse des der Neubau der Volksschule, die Gründung Verschönerungs=Vereines, die Umgestaltung einer eines Gasthofes für die Bedürfnisse Mo¬ Sommerfrische sind die hervorragendsten mente seines thätigen Lebens. Aufrichtig und allgemein war deshalb die Trauer über den Verlust dieses Mannes. Am Leichenbegängnisse betheiligten sich außer der Bürgerschaft die Beamten des k. k. Bezirksgerichtes, des k. k. Steueramtes, der k. k. Forstverwaltung und der Staatsbahnen, die Gendarmerie und Finanz¬ wache, sowie der Veteranenverein, dessen Ehren¬ nitglied der Verewigte war, sammt Musik und Fahne, dann die Feuerwehr und die Liedertafel, welche Trauerchöre sang. Zahlreiche prachtvolle Kränze wurden von Veteranen neben dem Sarge einhergetragen. Die beiden 15 Jahre alten Burschen Josef Hofer und Michael Schörglhuber am Rabensteinergute in der Gemeinde Garsten chossen am 1. Mai vor der Thüre des Hauses eine mit Pulver und Blei geladene Büchse ab. Die Kugel traf den 10jährigen Sohn des Besitzers und zerschmetterte ihm den linken Vorderarm. Das dreijährige Söhnchen des Oekonomen Josef Walcherberger (Gröbl) zu Lindau bei Gaflenz fiel am 3. Mai in ein mit siedend heißem Wasser gefülltes Gefäß. In Folge der hiebei erhaltenen gräßlichen Brandwunden starb am zweiten Tage das Kind. Nach seiner eigenen Erzählung wurde am 4. Mai Nachmittags der Messerschmiedgehilfe Alois Hausreithner aus Neuzeug unweit der Windnerbauerngüter von einem Manne überfallen, seiner Uhr und seines. Geldes beraubt und mit einem Messer in den Hals gestochen. Der Verwundete schleppte sich in den Meierhof zu Garsten, woselbst er ärztliche Hilfe erhielt und durch eine sofort erschienene Gerichts¬ Commission einvernommen wurde. Man über¬ brachte ihn sodann in das St. Anna=Spital zu Steyr, aus dem er nach einiger Zeit als geheilt wieder entlassen werden konnte. Es gelang trotz der umfassenden Nachforschungen nicht, Licht in diese etwas dunkle Angelegenheit zu bringen. Das in Steyr garnisonirende 10. Feld¬ äger=Bataillon beging die Gedenkfeier eines Heldenkampfes bei Santa Lucia (6. Mai 1848) am 5. Mai durch einen solennen Zapfen¬ treich. Am folgenden Tage um 5 Uhr Früh war Tagreveille der Bataillons=Musik. Sodann rückte das Bataillon in Parade zu einer Messe in der Vorstadtpfarrkirche aus, nach welcher es vor dem Commandanten und Officierscorps defilirte. In der Pfarrkirche zu Lausa fand am 6. Mai die Trauung des Fräuleins Victoria Großauer, k. k. Postexpedientin dortselbst,

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