Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

Deujahr. Von Charles Sand. ein Fest des gesammten Kalender¬ 25. December als Beginn des Jahres fest, jahres hat seinen astronomischen weil von dem Tage an die Tage nicht Charakter durch alle Zeiten so A mehr abnehmen, also gleichsam ein Still¬ streng bewahrt, als eben das Fest stand der Sonne wahrnehmbar ist. Allein des Jahreswechsels. Je nach der Richtung die Kirche zog mit dieser Bestimmung der einzelnen Religionen feierten die altengegenüber der zähen Anhänglichkeit des Völker ihr Neujahrsfest entweder um diedeutschen Volkscharakters an das Alther¬ Frühlings=Tag= und Nachtgleiche zur Zeit gebrachte den Kürzeren. Noch unter Karl dem Großen begann das neue Jahr am des Wiedererwachens der Natur (z. B. die 25. März. Erst unter Kaiser Konrad II. alten Inder und Perser) oder im Herbst zur begann man im 10. Jahrhundert das Jahr Zeit des Absterbens der Natur, wie die Juder und Türken. Wenn auch die Römer Neujahr von Weihnachten ab zu zählen. In Trier sich feierte man aber Neujahr noch am 25. März noch am 1. März feierten, so machte bei ihnen doch schon eine Strömung geltend in Köln und der Schweiz am Östertage, das Fest des Jahreswechsels auf die in Lüttich am 19. März. König Philipp II. kürzeste Nacht des Winters zu verlegen. von Spanien setzte 1575 für die Nieder¬ Auch die alten Aegypter begingen zu diesem lande Neujahr auf den 1. Januar fest ebenso wie die Termine ihr Neujahrsfest, Venedig feierte noch 1652 den 1. März Germanen. Denn wenn auch das Wieder¬ als Neujahr, Florenz gar 1745 noch den erwachen der Natur erst im Frühling er¬ 25. März. Erst Kaiser Franz I. setzte den folgt, so hatte man doch schon beobachtet Jahresanfang auf den 1. Januar fest. daß sich die Alles belebende Sonne schor Die Spanier feierten noch den 25. März als Jahresanfang, bis König Alphons II. viel früher der Erde nähert. Daher ver¬ im Jahre 1350 den 25. December dafür legte man den Geburtstag, den Anfang des neuen Jahres, auf die kürzeste Winter festsetzte. In England feierte man den nacht, und das Christenthum übernahm Beginn des Jahres noch im 12. Jahr¬ hundert am 25. März, während das diesen heidnischen Kalender und verlegte dahin die Geburt des Gottessohnes, deren historische Jahr mit dem 1. Januar be¬ Datum kein Mensch anzugeben vermag gann, das kirchliche mit dem 1. Advent Trotz der Erkenntniß, daß das Jahr eröffnet wurde — ein herrlicher Wirrwarr eigentlich mit der kürzesten Nacht des war die Folge! Dasselbe war in Frankreich Winters anfangen müsse, schwankte mar der Fall, wo im 8. bis 10. Jahrhundert doch noch lange Zeit. Eigentlich hätte die gleichzeitig Neujahr war, dann bis zum „Weihenacht“ auf den 20. bis 21. December 13. Jahrhundert der 25. März, später fallen müssen, aber infolge fehlerhafter Be¬ der Östertag. König Karl XI. decretirte rechnung wurde dieselbe im Gregorianischen 1564 den Jahreswechsel auf den 1. Januar Kalender auf die Nacht vom 24. zumPeter der Große im Jahre 1706. Nur in 25. December verlegt. Die griechische Kirche Deutschland feierte man allgemein Neujahr wählte den Tag Epiphania, den Tag der im Mittelpunkte des 12. Monats, in der heiligen drei Könige, zum Neujahr, weilNacht vom 31. December zum 1. Januar, an demselben die Sonne wieder zu wachser und alle Bemühungen der Kirche in scheint. Die römische Kirche aber setzte früherer Zeit haben diesen alten Brauch in Rücksicht auf den Wotancultus den nicht zu verlegen vermocht. So schrieb noch

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