Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

die Knochen entzwei. Verlaßt Euch drauf. Und nun im Ernst: Geht nicht an den See, ich bitt' Euch, Vater Wenzel. Thut's meinetwillen.“ um Der Alte sah Hans an und las in seinen Augen, was ihm der Mund nicht sagen konnte. „Gut, sagte er endlich, „ich — Ihnen zu Liebe, Hans.“ Und bleibe dann setzte er sich an den Tisch, zündete seine kurze Pfeife an und erzählte vor sich ver jangenen Zeiten. Seine Gedanken weilten aber doch See. amGar zu gern hätte er nach seinen Nachtangeln gesehen, die er gleich nach Sonnenuntergang gelegt hatte. Dieser Ge¬ danke bemächtigte sich seiner immer mehr, und endlich verließ er unter einem glaub¬ lich erscheinenden Vorwande das Zimmer Dann schlich er über den Hof und durch den kleinen Garten über das Feld dem nahen Seeufer zu. * * * Der Attingsee dehnte sich in ziemlich bedeutender Länge und Breite hinter dem Dorfe aus. In der nächsten Umgebung tieg der Boden fast unmerkbar an und erst in einiger Entfernung erhoben sich die bewaldeten Berge ringsherum, von denen die schäumenden Waldbäche im Frühjahr, wenn der Schnee schmolz, herunterbrausten um das Becken des Sees mit ihrem Wasser zu füllen. Wenn dies, wie jetzt, der Fall war, so trat der den See umkränzende Tannenwald stellenweise bis dicht an die Ufer heran, die hier zunächst noch sehr lach waren, so flach, daß die Bewohner der Ortschaften, um den See mit ihren Booten befahren zu können, lange Lauf¬ brücken hergestellt hatten, deren eines Ende auf dem Lande ruhte, während das an¬ dere, an welchem die Boote anlegten, auf mächtigen, im tiefen Wasser schwimmenden Balken befestigt war. Die Brücken selbst waren sehr primitiv aus zwei neben ein¬ ander auf Holzbalken liegenden Brettern hergestellt, genügten aber den daran ge¬ wöhnten Ortsinsassen vollkommen. Auf dem seewärts gelegenen Ende eines 43 solchen Steges saß ein Mann. Man würde ihn kaum wahrgenommen haben, wenn nicht eine mit einem Schirm versehene tief auf das Wasser herabhängende Laterne einen glitzernden Lichtschein auf der be¬ egten Fluth erzeugt hätte. Von Zeit zu Zeit bewegte sich die Gestalt. Dann plätscherte es im Wasser, und dann ward es wieder still. Zweifellos war der Mann beschäftigt, mittelst Sieb oder Kessel die durch den Lichtschein angelockten Fische ihrem Element zu entreißen. Anscheinend hatte er sich in sein Geschäft so vertieft daß alles Andere um ihn her für ihn auf¬ gehört hatte zu existiren. Deshalb gewahrte er auch den gefürchteten Forstmann nicht, der sich leise an den Steg heranpirschte und sich dann auf demselben behutsam vor¬ wärts bewegte. Die Bretter schaukelten anft, jetzt knarrten sie sogar und da endlich wendete der nächtliche Fischer den Kopf. Der Förster blieb stehen. „Na, alter Freund,“ rief er höhnisch, „jetzt sollst Du mir nicht mehr entgehen. Endlich hab' ich Dich doch erwischt. Steh' mal auf, mein Junge. Der Fischer rührte sich nicht vom Fleck. „Du, Dir will ich Beine machen,“ rief der Förster wüthend. Sein Hund stand neben ihm. „Faß an, Plutoz“ sagte er, und Pluto stürzte sich auf den Fischer, der das Weitere aber nicht abwartete, sondern dem heranspringenden Thiere mit seiner inzwischen losgemachten Laterne einen Schlag auf die Nase gab, so daß der Hund sich überschlug und lautlos niederfiel. „Das sollst Du mir büßen!“ schrie Stein. Mit mächtigen Sätzen sprang er auf seinen Feind los und bückte sich, um ihn beim Kragen zu packen, während er in der Rechten den Büchsenkolben zum Schlage erhob. Der Andere hatte sich ge¬ duckt, umschlang blitzschnell die Füße des Försters hob diesen ein wenig in die Höhe und schleuderte dann dessen Beine seit¬ wärts von sich. Der Förster stürzte in den See. Da er aber den Gegner bereits er¬ griffen hatte und ihn krampfhaft festhielt, so riß er ihn mit sich hinunter. Und nun begann ein furchtbares Ringen in dem

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