Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

34 haben! Was der Herr Vatter mit der Frau Mutter gewollt hat, nämlich —“ „Du Grünschnabel,“ rief ich, „bist noch vielzu jung!“ Aber da warf er sich in die Brust. „Oho, Herr Vatter! Ein Bub, der in meinem Alter — ich zähl' zu Johanni schon zweiundzwanzig — noch keine Herz¬ allerliebste hat, is gar kein rechter Bub'! Die paar Haar' im G'sicht, auf Lippe und Wangen, die machen's alleini net aus das Mädel, Herr Vatter, das Mädel is die Hauptsach' bei'm Bub'n!“ Sie können sich's denken, Hochwürden, wie's Einem dabei zu Muth is, wann ma sich einbilden thut, ma hat noch ein halb's Kind, ein' grünen, unerfahrenen Bengel vor sich, und ma siecht, daß Einem das junge Rohrl über's Dach vom Ge¬ höfte hinauswachst! Aber ich faßt' mich bald und ging ins Haus. Gut, Hansl,“ sagt' ich zu mein' Ein¬ zigen, der schier ein wengel zaghaft hinter mirdreinschritt, „gut, Hansl! Ich will's Dir glauben, daß Du schon ein ganzer Kerlbist und Du sollst mein'twegen Dei Liebste haben! Zweierlei aber bitt ich mir aus.“ Hoch auf horchte der Hansl und sah michan. „Hör' gut zu: Erstens, daß Du nimmer die Arbeit vernachlässigst, sondern das Schönthun und Liebeln auf die Sonn= und Feiertäg' läßt, und zweitens — und das bitt' ich mir ganz besonders aus — daß Du mit dem Mädel keine ernsten Ab¬ sichten hast!“ Aber da hatte ich ins Wespennest ge¬ stochen. „Keine ernsten Absichten?“ fragte der Hansl und schaut' mich empört an. „Keine ernsten Absichten? Ich, der Hans Kor¬ mann? Hält mich der Herr Vatter viellei für ’nen schlechten Lump und Verführer? 22 Das is g'fehlt! Wann ich mit ein'm Mädel anbandle, dann will ich's auch heirathen!“ Ich schlug die Händ' über'm Kopf z'sammen. „Heirathen willst Du, Bub'? Heirathen, wo Dein Vatter noch so rüstig is und die stärksten Ochsen bändigt? Wo Dein Alter noch net ein' Funken Altersschwäche in sein' Knochen g’spürt?“ Mein Bub' sah mir fröhli in die Augen. „Ja, muß denn Einer von uns zwei just sterben, wann der Andere heirathen will, Herr Vatter? Der Flötzbauernhof is groß und reich — kann er net recht gut mein Weib und die Kinder auch ernähren?“ Sie wissen, Hochwürden, ich war alle¬ weil ein Bisserl jähzorni und glei oben hinaus. Auch jetzt stieg mir das Blut großmächti zu Kopfe. „Nein — das kann und wird er net, mein Lieber! Glaubst, ich will meinen Hausgiebel mit der Hungerblume verzieren, tatt des goldenen Erntekranzes? — Doch nur ruhig — nur ruhig! Sag' mir, is Dein Mädel reich, daß Du's heirathen * willst, so vom Fleck?“ Der Hansl schaute zum Vollmond auf, der sein G'sicht uns just zuwandte. Dann sagt' er leise: „Nein, Herr Vatter! Das Gretle is arm, ganz arm, wia a winz'ge Kirchen¬ maus. Nun war's mit mein' Geduld zu End'! ing recht sündli zu schimpfen an, Ich ich weiß es heut' noch — — und da hab' ich Manches g’sagt, was ich vor der Jungfrau Maria und all' den Heiligen net werd' verantworten können. Aber —ich war auch so suchsteufelswild! Mein Einz'ger wurde nachgerade auch rabiat und wir geriethen hart aneinander. Von der Stund' an standen wir uns eindli gegenüber gar net wie Vatter — und Sohn. Er that sein' Arbeit gar leißi, verschob wirkli 's Lieben ganz auf die Sonntag und Freistunden, fehlte auch bei kein' Abendsegen mehr, wie sonsten aber 's hatt ihn auch kein Mensch mehr achen sehen — kein Juchzer kam beim Erntesegen, wie sonsten, über sein' rothe Lippen — und wir redeten kein Sterbens¬ wörtle mehr mitsammen. Er wich mir aus und ich ihm — sei Mutter sah mich allweil mit rothg’weinte Augen an.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2