Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1895

30 unsa beten? Gelt, nein? No geht dir's ja net bis an den Hals, aber wart', Franzl, bald — jetzt — siehst — jetzt — jetzt kann i grad' no — zwischen deinen Beinen — durchseh'n — und — jetzt — siehst', Franzl — jetzt — jetzt — — — kann i's — — — — — net — mehr! —" „So kannst mit mir versahr'n und d' willst sag'n, doaß d' mi g'liebt hast?" rief er außer sich und streckte ihr die Arme in rasendem Verlangen entgegen. „I will Alles im Stich lassen und mit dir alloan in d' Welt zieh'n, wir werd'n mit einand' glückli sein, denk' an unsre Lieb' und hab' Erbarmen!" „An unsre Lieb' soll i denk'n — was war unsre Lieb'? Die Zeit 'im G'fängniß hast im Sinn, die i in Jammer.und Sehnen verbracht hab', gelt, dös nennst unsre Lieb', Aber, Franzl, dös war nur meine Lieb' — jetzt frag' di amal nach — deiner Lieb' —" „Lenerl, rette uii, i will Alles guet mach'n, i kann net mehr versprech'n, aber wann d' anstatt an' Stein an Herz in deiner Brust hast, dann kannst' net so grausam sein und mi hier elendig um- komm'n lass'n. Schau, Lenerl, wir sind alle Menschen, nur Gott kann uns g'recht richt'n — denk' an dein' Sterb'stund', wann d' einst in Todesnöthen schweb'n wirst, dann, Lenerl, wird dir diese Stund' 'u Weg zur Höll' bahnen." „Meinst, Franzl, doaß du in'n Himmel ktMmst?" lacht sie gellend. „O freili, du bist so guet, so fromm g'wes'n, hast an Märtyrertod, glei werd'n die Engele erscheinen, werd'n di aufi zum Himmel tragen und der gnädige Schöpfer wird di aufnehmen in seinen Schoß. Wird dös net schön sei'? bald bist so weit, Franzl, schau, es geht dir schon bis an die Brust, und wann d' die Arme so von dir streck'st, dann sinkst' schneller, fühlst net? O, wie wohl muß dir sein, daß d' eingeh'n kannst in den ewig'n Fried'n! Gelt, Franzl, d' thust's do gern?--------- — — — Und wann's die Glock'n um di läuten und wann's um di beten werd'n — denn am End' werd' i 's hinausschreien in d' Welt, daß d' im Sumpf derstickt bist — dann werden's sag'n — ein Gunter — ein G'rechter is in'n Himmel einigang'n und du, Franzl, gelt — du wirst di net umdreh'n in deinem Grab, hier im Sumpf und Moor." „Allmächtiger Vater, Erbarm'n!" betete Franz in höchster Todesangst, das entsetzliche Gespenst, der Würgeengel, trat immer näher an ihn heran. Schon fühlte er eine ungeheure Wucht seine Hüften niederdrücken, langsam — unaufhaltsam zerrt es ihn nach unten. „Lenerl, hilf mir!" schreit er gellend auf, und in rasender Verzweiflung bemüht er sich, höher hinauf zu kommen. Mit beiden Armen tastet er über den Schlamm hin, nach einer Stütze, einem Halt suchend, er möchte sich hinaufheben, hinaufschnellen — vergebens — nirgends feste Masse Schnell hebt er die schlammbedeckten Arme wieder empor, er muß sie hoch, ganz hoch halten, denn schon steht er bis unter die Achselhöhle im Sumpf und er iühlt's, wie er immer tiefer, unaufhaltsam tiefer sinkt. „Lenerl," ruft er gurgelnd, die Stimme versagt ihm, sein Herzschlag stockt, schaudernd fühlt er, wie jedes Haar auf seinem Haupt sich sträubt — die lähmende Angst zuckt ihm durch's Mark, von oben herunter, von unten herauf, rieselnd spürt cr's in den abgestorbenen Wangen. Stier treten seine Augen aus den Höhlen, vergebens bewegt er die Lippen zum Sprechen kein Laut dringt aus der gelähmten Brust. Ihm ist's, als drücke eine Riesenfaust seine Kehle zu und dabei hat er das klare, entsetzliche Bewußtsein, er fühlt, wie er Linie um Linie sinkt. „Lenerl!" stößt er noch einmal mit Aufwand der letzten Energie hervor, röchelnd seufzt er über den Sumpf hin: „Willst mi net den Gerichten übergeb'n? — ich will mei Schuld büß'n, du wirst gerächt und dein' Ehr' wieder herg'stellt sein." „Ehre!" knirscht sie — „Ehre!" — „mein' Lieb' war meine Ehr' — war mein Leb'n, mit ihr bin i g'storb'n — was soll mir die Ehr'? — stirb!"--------- „O Gott!-------- o Gott!---------------- o Gott! —-------—" zittert ein schauerliches Seufzen über den Sumpf. Starr blickt Lenerl nach der feuchten Stelle, wo ein dunkler Punkt sich langsam bewegt — oder scheint's nur so, weil er iuimer kleiner und kleiner wird? — — KUMOL Worsichtig. Reisender: Sie entschuldigen, ist Ihr Hausknecht momentan anwesend? Ches: Jawohl! Was soll er? Reisender: O — dann will ich Ihnen lieber zu einer anderen Zeit meine Offerte machen. Wom Kasernenhof. Unterofficier (zu einem Soldaten, der lange Zeit am Querbaum hängt, beim Turnen): Kerl, was baumelt er denn so lange am Querbaum herum? Denkt er vielleicht, er könne ein kaiserliches Dienst- geräth als Luftcurort benützen?!! Zeitgemäßes Duell. „Mein Herr, Sie sind gefordert!" — „Angenommen!" — „Wählen Sie! Degen oder Pistolen?" — „Nichts da. Winter- partie auf die „Jungfrau" — morsches Seil — drei Schritte Distanz!" 31 Ein leises, schwappendes Glucksen — — — und die Stelle, wo Franzl's Kopf verschwand, liegt wieder nichtssagend und reglos, vom glitzernden Mondschein beleuchtet im schilfigen Sumpf. — -— — Ein Windstoß rauscht über das raschelnde Schilf, das; es . sich wie das Flüstern nächtlicher Geister anhört. Mit gellendem Klagernf und leisem Flügelschlag schwebt eine Eule über's Moo-r und die Unken stimmen ein neues Lied an, das Lied vom verschollenen Franzel und dem f wahnsinnigen Lenerl aus dem Sumpfhaus. rstrsches. Der Wunschzettel. Mama: „Also das ist der Wunschzettel, den du für dich und Klärchen gemacht hast? (Liest.) „Ein Schlitten, eine Trommel, Bleisoldaten, ein Schaukelpferd, Schlittschuhe, ein großer Expreßwagen, ein Bicycle, ein Gewehr, ein Dampsbovt, Candy und eine Puppe für Klärchen." Aber, Alfred, der Wunschzettel ist viel, viel zu lang. Da mußt du schon etwas treichen." Alfred (prompt): „Na, dann laß Klärchens Puppe weg." Ja, wenn... Schneider: „Sie versprachen mir doch gestern, Sie würden zu uns kommen und den neuen Anzug bezahlen, und wenn es Kieselsteine regnete!" Kunde: „Ja, es hat doch aber keine Kieselsteine geregnet."

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