23 22 Aug'n bist unschuldig und a dös G'richt wird Milderungsgründ' anerkennen, wann wir t>’ Sach wahrheitsgetreu bericht'n." „Laß mi, laß mi, — mir is net z'helfen," weicht er ungeduldig ihrem Arm aus, den sie zärtlich um seinen Nacken legen will. „Franz, mußt net verzweifeln!" fleht sie weinend. „Gott wird uns beisteh'n, denn d' bist net aus bösem Willen an — an" „Red 's nur aus —" stöhnte er — „an Mörder g'worden." Lenerl schluchzte herzbrechend und barg ihr schmerzentstelltes Antlitz in der Schürze. „Franz, wann d' kein' Hoffnung hast", hebt sie nach einer Weile mit gebrochener Stimme an, „dann laß uns lieber sterb'n, r geh gern mit dir in Tod —" „I will net sterb'n," entgcgnete er trotzig. — „Du kannst leicht sterb'n, — hoast koan Menschen, der um di bangt, i hab' mei Muatta no — und mei Leb'n, mei schön's jung's Leb'n, dös so freudi dahinfloß, — dös sollt' i opfern? — O Jungfrau Maria, i kann's net, — mögen's mi einisteck'n so lang's woll'n, nur net sterb'n —" „Wann dir da Tod so schreckli ist", sagt sie gepreßt, „und wann wir net flieh'n könn' — dann stell di glei selbst dem G'richt. I bleib' dir treu zur Seiten. I bleib dir a treu in da Zukunft — und wann a halb's Menschenalter drüber hin- geht, mi findst unverändert wieder,' jede Stund bereit, dir z'folgen. Am End' wird's a gar net so schlimm, — denk an 'n Michel, der vor Jahrdln drei sein' Vata im Streit derschlug, zehn Jahr hat a b'komm'n, — dein Schuld, die so viel g'ringer ist, wird mit weniger z' büßen sein, am End' kommst' gar frei — und wo net, dann kommst' mit ein paar Jahrdln davon. Und wann s d' dann außi kommst, Franzl, — dann nimmst' dei Lenerl, die dir treu bleibt und wir —" „Nagen Beid' am Hungertuch," fällt er ihr bitter ins Wort. — „Na — wir hab'n koan Zukunft mit einand'r, wir müss'n auf ewi scheid'», denn wann i einst als Sträfling mein' Zell' verlaß, hab i gnua mit mir alloan z' thun, doaß i mi durchschlag in da Welt." ,,D' könnst' von mir lass'n?" fragte sie herb, — „dös darfst net, — wir geh'n dann Beid' nach Amerika." „Ohne Mittel —" „I werd verdien' — i werd Tag und Nacht arbeit'n —" „Hast' bis jetzt mehr verdient, als d' verbraucht hast? wo hast' denn dein' er- übrigt'n Schätz'?" Er lachte bitter. „Ja, wann's umkehrt wär, — i wär im Stand' g'wes'n, inzwisch'n an Zukunft für uns z' gründen." Lenerl fuhr zusammen. Bebend schloß sie die Augen, ihr war Plötzlich, als befinde sie sich vor einem Abgrund und sie würde von der Riesengewalt des Gedankens, der als noch formlose Idee durch ihr Gehirn schwirrte, am Scheitelhaar emporgerissen und schwebe einen Augenblick in athemlosem Entsetzen frei in der Luft, um dann losgelassen, in fürchterliche, lichtlose Tiefe herabzustürzen. Gewaltsam schüttelte sie die schreckliche Hallucination ab. Dann hob sie die gesenkten Lider und ein verklärender Ausdruck breitete sich über ihre Züge, als sie ihn groß und mächtig ansah und mit vibrirender Stimme sagte: „Laß so sein, — i nehm d' Schuld auf mi!" Er sah sie verwundert an. „Du? — wie meinst dös." „Sprechen wir, i bin's g'wes'n," antwortet sie mit versagender Stimme. „Da Bauer hat mi hier beim. Heumach'n betroffen, wollt' mir doas Versprech'n ab- nehm' von dir z' lass'n, wir geriet'n in Streit — und da stieß i ihn vor d' Brust; so geht's" schloß sie hochaufathmend. „Aber i nehm's net an," rief er verwirrt, — „wenn i a-inzwischen an Zukunft gründen könnt und wenn i a woaß, doaß wenn i sitz'n geh', wir uns auf ewi trennen müss'n, denn i werd' net so leicht'n Kauf's davonkomm'n, weil i schon wegen der Wilderei z'viel auf 'm Kerbholz hab, — so thu' i 's do net — na' —" „Und warum net?" fragt sie gepreßt. „Weil's wider mein Ehr' ist," wirft er sich in die Brust. „Aber i thu's gern, Franzl," redet sie sich in Eifer, „schau so will i abtrag'n was d' für mi than, doaß d' Reichthum un die Ehr' des Bauern Schwieger z' werd'n, um mi ausg'schlag'n hast, i will a an Opfer bring'n!" Ihr Vorhaben erschien ihr groß und erhaben und ihre Liebe würdig eines solchen Opfers. In dem glühenden Rausch ihrer Leidenschaft für den Geliebten begann sie es für eine Gnade zu halten, so ihren Tribut für das allgewaltige Glück, das ihr die Liebe gegeben, abtragen zu können. „Schau, Franzl," fährt sie innig fort, während sie seine Hand ergreift und ihn abseits von dem Schreckensort fortzieht, ,,d' sagst selbst, doaß die That, wenn du s' büß'u mußt, uns auf ewi trennt, i kann aber net von dir lass'n. Was sind mir zwei — drei Jahrndl da Einsamkeit, w^nn i di dann immer hab'n kann. Wir sind oans, Franz, im Herzen und in da Seel' — ist's da net glei, wer von uns Beiden leibet?- moanst, i würd' wen'ger leid'n, wenn i di im engen Kerker wüßt, als wann i's selber trüg? o schweig', i woaß, so denkst du a, — aber schau, Franzl, wann i a in Freiheit bleib, im Geist bin i bei dir und schaff'n könnt' i nix; — ist's da net besser, du bleibst haußen? Du kannst wirken und schaff'n für uns zweibeid' — und wann d'Schuld abbüßt ist, gehn wir in oan ander Land —" Aufmunternd sprach sie noch lange auf ihn .ein, alle Künste der 'Zeredtsamkeit ließ sie in rührender Selbstlosigkeit spielen, während ein ganzer Himmel von Herzensgüte aus ihren verklärten Blicken leuchtete. Das Sumpfhauslenerl hatte sich selbst den Gerichten gestellt, war verhaftet, nachdem ihre Schuld klar erwiesen, verurtheilt, und da viele mildernde Umstände für sie
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