Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1895

20 ihr schön z'thun, — es war no, eh' wir zwei- beid' uns gern hatt'n, —" schaltete er ein und drückte leidenschaftlich des Mädchens Hand, „glaub's mir Lenerl, 's lag mir Nix an dem blass'n Ding, aber Fischblut hab i net in d' Adern, und wann net d Liab zu dir, Lenerl, plötzli in mein Herz zogen wär, dann hätt' i sie am End a g'heirath' — aber da mit ein Mal hat's mi gepackt mit oaner G'walt, die i bis dahin net kannt hab', i konnt net anders, i ließ von ihr, sie war mir Plötzli zum Ekel 'word'n." Leidenschaftlich warf sie sich an seine Brust. Er umschloß sie mit beiden Armen, „Du Schandmaul! fiel der Alte donnernd ein. „Willst wohl a no sag'n, daß i sie dir ang'bot'n hab, doaß wir schön mit dir that'n, damit d' die große Gnad' hätt'st' das Tonerl heimz'führen?" „Just Bauer, doas wollt.i sag'n! Und so war's a, Lenerl, dös kannst deßweg'n schön glaub'n, weil's da Bauer no selbst so gut woaß. Aber i hab All's ausg'schlag'n, die Lenerl liab i, hab i g'sagt, und koan Andre wird mei Weib." „Dös hast' für mich 'than?" fuhr Lenerl jubelnd auf, die seiner mit dem Ausdruck reinster Wahrhaftigkeit vorgetragenen Erklärung erregt gefolgt war. „Dös reiche Tonerl hast ausg schlag'n für mi? so liabst mi, Franzl? o Franzl, dös vcr- gelt dir Gott, dös vergeh i dir nimmer, geh, verlang' mei Leb'n, i geb's freudi für di hin." er über rhr Haupt hinweg dem Bauer höhnisch zublinzelte. £ „Gelt Lenerl, d' glaubst mir Alles?" „Wie sollt i net?" sprach sie bewegt, „sagt's doch da Bauer selbst, doaß dir sei Madel ang'hört hat. Geht ab, Bauer", richtete sie sich zürnend auf, „Jhrhabt schlecht an. mir hand'ln woll'»., jetzt woaß i, woas EureAnspieg'lung'n bedeuten hatt'n, abkauf'n wollt' Ihr mir mein Glück. I Thörichte, i war g'rührt, wann Ihr so vätcrli auf mi eiuspracht und 's war der Eigennutz, der aus Euch red'te. Woaß Gott! weil i Euch liebt' und achtete, hätt' ich um Eures Kindes will'n dös Opfer bring'» können, — jetzt kann i 's net mehr, denn jetzt veracht i Euch." Mit einem Wuthschrei sprang der Bauer vor,' riß das Mädchen am Arm zu sich herum und sprudelte ihr bebend in's Antlitz: „Himmelsakrament, bald wirst' auf Knien vor mir lieg'n und mi abbitt'n! — Und jetzt kenn i koan Rücksicht mehr, mag d' Schand meines Kindes ruchbar werd'n, jetzt oder später, 's ist mir gleich, aber dein Werk soll dir net g'ling'n", wandte er sich an den Burschen, „morgen sitzst im Loch! — geh, d' woaßt doch, doaß i Zeug'n hab," trat er höhnisch vertraulich an ihn heran, „gelt, d' woaßt's doch, du — du Lump!" Von seinem Zorn übermannt, schlug er ihn mit der geballten Faust ins Antlitz. Ein Wuthgeheul ausstoßend, taumelte Franz zurück, dann sprang er vor, und den Alten am Halse packend, schüttelte er ihn, wie ein schwaches Rohr, ehe er ihn mit einem gewaltigen Ruck von sich stieß. Die gebrechliche Gestalt stürzte hintenüber, mit einem ächzenden Klagelaut auf den felsigen Waldboden hin. „Geh, Franzl, der alte Mann!" rief Lenerl vorwurfsvoll und eilte auf den Gefallenen zu, der mit geschlossenen Augen dalag. „Franz!" schrie sie angstvoll auf, und blickte verstört auf den Burschen, der mit verzerrtem Gesichtsausdruck noch in der Kampfstellung verharrte, — „er realst net mehr! o Gott, Blut!" — fuhr sie zeternd sort, „schau, er blut, er ist mit dem Kopf auf an Felsenkanten g'fall'n, o Franz Franz, wann er todt wär?" Entsetzt fuhr der Bnrsche zusammen. Sein Zorn war verflogen, mit fahlem Antlitz trat er an den Regungslosen heran. „Er ist todt" — flüsterte das Mädchen beklommen und blickte mit weit geöffneten, schreckensstarren Augen zu ihm auf. „Todt? Dös kann net sein — i hab' 21 ihn do net derschlagen, — er ist nur betäubt —" „Todt is er," — wiederholte sie — „und Allbeid' sind wir verlor'n." Verstört ließ er sich neben ihr auf den steinigen Felsboden nieder und legte wie vorher Lenerl sein Ohr lauschend auf des Verwundeten Brust. Kein Herzschlag regte sich mehr, der Großhofbauer war eine Leiche.---------------------------------- ?'---------------- „Wir müssen Beid' sterb'n" — sagte Lenerl dumpf, nach einer langen Pause. Das Entsetzen über die Schreckensthat hatte die Beiden fast betäubt. Das Mädchen erschauerte, als sein umflorter Blick den Ast streifte, der aus der Entfernung von einigen Schritten zu ihr herüberlangte. „I kann net sterb'n", entgegnete er schauernd mit bleichem Mund. „Was willst' denn sonst?" ,,S' ist ja koan Mord, — nur an Todtschlag," tönte es leise von seinen Lippen, „an's Leben kann man niir net, denn i hab in der Nothwehr g'haudelt — dös kannst' ja bezeug'n —" „Freili kann i's," betheuerte sie, „aber einsteck'n werden's di doch, auf Jahre — und aus ist's mit Freud und Glück — o Franz, dös war an böse Stund'." „Können wir net flieh'n," fährt sie nach einer Pause zögernd fort. „Wohin? ohne Geld kommst net weit und in oaner Stund' ist die G'schicht am End' a schon ruchbar. Wann i flieh, verschlimmere i a mei Sach', setz i mi dem Verdacht aus, doaß i an Mord b'gangen hab' — und 's ist doch nur an Todtschlag. — Am Ende kommt er gar no wieder zu sich," — dabei beugt er sich noch einmal fassungslos zu dem Bauern herab, aber mit einem schweren Seufzer richtete er sich wieder auf und starrt dem Lenerl trostlos in das verweinte Gesicht. „Faß di, Franzl", bat sie tröstend, die selber so sehr des Trostes bedurfte, und sah ihn mit verglasten Augen an, während ihre Zähne in krampfhafter Erschütterung hörbar aufeinander schlugen. „In mein'

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