Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1895

128 ist, an. Von heftigem Winde angefacht, verbreiteten sich die Flammen mit großer Schnelligkeit auf die Nachbargüter, so daß auch das Haus Nr. 103 des Söldners Alois Kohl, sowie das F r i tz e n g u t Nr. 104 und das dazugehörige Ueberländ des Bauers Josef Außer- maier bis auf das Mauerwerk in Asche gelegt wurden. Da schnell Hilfe eintraf, konnte sämmtliches Vieh gerettet werden. Trotzdem betrug der Schaden bei 15.000 fl., dem eine Versicherungssumme von circa 11.000 fl. gegen- überstand. Der Brandstifter Brüllmayr, welchen man man im Verdachte hatte, daß er auch manche andere der vielen Schadenfeuer, welche in diesem Frühjahre ausbrachen, auf dem Gewissen hat, wurde in der Schwurgerichtsverhandlung am 24. August zu 15 Jahren schweren Kerkers verurtheilt. In St. Ulrich wurden in der Nacht vom 20. April mehrere Einbruchsdiebstähle ausgeführt. Die Diebsgesellschaft — eine Zigeunerbande, deren Mitglieder im Verlaufe des Sommers verhaftet wurden — brach dortselbst beim Gastwirthe Garb und im Psarrhofe ein und stahl die verschiedensten Effecten. Auch das Mauthhäuschen an der Eisenbahnbrücke plünderte sie. Im Schulhause, im Mayr'schen Gasthause und im Postgebäude zu Garsten, woselbst die Diebe ebenfalls einzubrechen versuchten, wurden sie verscheucht. Ihre Beute versteckten sie unter den Dielen eines Stadels am Damberg, woselbst sie später durch Zufall entdeckt und den Eigenthümern rückgestellt wurden. Am unteren Theile des Gaisberges bei Molln brach am 20. April Vormittags ein Waldbrand aus, der sich über einige Joch aus- dehnte, jedoch keinen besonders großen Schaden anrichtete. Am Waldessäume war unvorsichtiger Weise ein Neisighaufen angezündet worden, von dem aus dann das Feuer weiter griff. Durch einen abstürzenden Stein wurde während der Dämpfungsarbeiten ein Arbeiter am Fuße schwer verletzt. Am 21. April trat nach mehrwöchentlicher Trockenheit, die schon den Feldfrüchten gefährlich zu werden drohte, endlich Negenwetter ein. Zu Hintstein bei Großraming kam am 22. April im Hause des Ferdinand H o ch r i e s e r wahrscheinlich durch Unvorsichtigkeit ein Feuer zum Ausbruche, das nicht nur den Dachstuhl dieses Hauses, sondern auch die angebaute Mahlmühle zerstörte. Die Hausthiere wurden zwar gerettet, doch verbrannte an Einrichtungsstücken so viel, daß der Schaden sich auf 2800 fl. bezifferte. Ihm stand eine Versicherungssumme von nur 1200 fl. gegenüber. Schmiedmeister Franz Hirtenlehner bekämpfte durch seine Handspritze mit großem Erfolge das entfesselte Element. Zu Steyr starb am 22. April August Davanzo, Beamter der österr.Staatsbahnen i. P., im 41. Lebensjahre. Am 22. April Nachts wurde das Eckl- | bauerngut zu Freiling bei Neuhofen ein Raub der Flammen. Der angerichtete Schaden war groß, aber durch Versicherung ganz gedeckt. Als angeblicher Brandstifter wurde der 19 Jahre alte Knecht Leopold Dinstlinger eingezogen und angeklagt. In der Schwurgerichts-Verhandlung am 28. August wurde jedoch derselbe einstimmig freigesprochen. Der Knabe Johann L i e b fiel am 24. April unweit der Dominikaner-Kirche zu Sreyr in die Enns und wäre ertrunken, wofern ihn nicht Sicherheitswachmann Beham gerettet hätte. Am 24. April starb in Molln Bäckerei- und Gasthausbesitzer Carl Zach hu der, erst 33 Jahre alt. Der frühe Tod dieses geachteten Mannes wurde allgemein bedauert. Auf dem Wege zur Kirche wurde in Steyr am 25. April die Kaufmannswitwe Frau Rosa Schwingenschus, Hausbesitzerin in der Sierningerstraße Nr. 33, fast am Fuße der Treppe in ihrem Hause vom Schlage gerührt und stürzte über einige Stufen herab. Die allseits geachtete Bürgersfrau, welche 84 Jahre alt war, starb noch am selben Tage. Durch 46 Jabre war der Nealitätenbesitzer Joachim W i n t e r n i tz Vorstand des israelitischen Cultusvereines zu Steyr und erwarb sich in dieser Stelle große Verdienste um den Verein. Als nun dieser sich zur Cultusgemeinde activirt hatte, ernannte diese Winternitz zu ihrem Ehren- mitgliede und ließ dem Geehrten am 25. April durch eine Deputation das geschmackvoll ausgeführte Ehrendiplom überreichen. In der Sitzung des Gemeinderathes von Steyr am 27. April wurde Med.-Dr. Alois Spängler anläßlich seines bevorstehenden 70. Geburtstages einstimmig das Ehren- bürge,rrecht der Stadt Steyr verliehen. — In derselben Sitzung wurde das Stadttheater an Albert Jenny, Theaterdirector in St. Pölten, verliehen. Am 27. April wurde der am Sepplmayr- gute zu Mitteregg bedienstete Knecht Michael Kubicek von einem rollenden Baumstamme zu Boden geworfen und erdrückt. In Grüuburg starb am 28. April der gewesene Kaufmann Josef H ö n i g im 82. Lebensjahre. Eine wie große Achtung der Verblichene allseits genoß, zeigte dessen Leichenbegängniß. Der Veteranenverein, die Feuerwehr, der Gesangsverein und eine große Zahl Leidtragender betheiligte sich an demselben. Am 30. April um halb 7 Uhr Abends verschied in Steyr nach längerem Leiden in seinem Hause, Blumauergasse Nr. 19, der k. k. Steuer- amts-Controlor i. P. Karl Aubö ck, Gemeinderath der Stadt Steyr,- Mitglied des Stadt- schulrathes Steyr und der Direction der Spar- casse in Steyr rc. Der Verewigte, welcher am 11. Mai 1834 zu Vöcklamarkt geboren wurde, widmete sich nach absolvirten Studien dem Steueramtsdienste, war kurze Zeit beim k. k. Steueramte Braunan am Jnn bestellt, worauf er an das k. k. Steueramt Steyr übersetzt wurde und daselbst bis zu seiner, über sein Ansuchen am 1. Juli 1888 wegen Kränklichkeit erfolgten Pensionirung durch 35 Jahre in ausgezeichneter Weise in Wirksamkeit stand. Infolge seines ruhigen, liebenswürdigen, entgegenkommenden Wesens, wie durch seine stete Bereitwilligkeit zeichnete er sich insbesonders im Verkehre mit den Parteien aus und errang sich hiedurch die allgemeinste Hochachtung und Werthschätzung. Getragen von dieser und seiner eifrigen Antheilnahme an den öffentlichen Interessen der Stadt, welche er durch seine gesunden, praktischen Lebensanschauungen mit Rath und That zu förden bestrebt war, wurde er im März 1888 vom II. Wahlkörper in den Gemeinderath der Stadt Steyr entsendet, in welchem er als charakterfester und Überzeugungstreuer Anhänger des Fortschrittes auch fortan verblieb. Seine gediegenen Sach- und Fachkenntnisse hatten selbstverständlich zur Folge, dass ihm auch anderweitige öffentliche Würden übertragen wurden; so wurde er seitens des Gemeinderathes in den Sparcasse- Ausschuß, sowie in den Stadtschulrath Stcyr gewählt, welche Stellen er auch voll und ganz ausfüllte. Mit Carl Auböck schied. ein vortrefflicher Mann und Charakter aus dem Leben, welcher nicht nur eine Zierde seines Standes gewesen, sondern auch in allen Vertretungskörpern, denen er jahrelang angehörte, eine fühlbare Lücke zurückläßt. Die Dankbarkeit seiner Mitbürger bleibt ihm immerdar gewahrt und ein ehrenvolles Gedächtnis hat er sich durch sein selbstloses, ausgezeichnetes Wirken gesichert. Entsprechend dieser allgemeinen Werthschätzung gestaltete sich das Leichenbegängnis des Verstorbenen, an dem Personen aus allen Schichten der Bevölkerung theilnahmen, darunter der gesammte Gemeinderath mit Bürgermeister Redl an der Spitze, der Beamtenkörper der Stadtgemeinde, der k. k. Stadtschulrath, der Sparcasse- Ausschuß, das k. k. Steueramt und die sonstigen Spitzen der Behörden mit den Vertretern der Beamtenschaft, die k. k. Finanzwache, eine Deputation der städt. Freiwilligen Feuerwehr, des Turnvereines mit umflorter Fahne, der Veteranen- und verschiedene andere Körperschaften, die Waisenkinder, sowie eine ungewöhnlich große Anzahl anderer Leidtragender. J In Kirchdorf verschied am 31. April der allgemein geachtete Privatier Friedrich Luwv, Vater des dortigen Buchdruckereibesitzers, im 82. Lebensjahre. Die Postbotenfahrt Leonstein-Michel- dorf - Kirchdorf wurde wegen Geringfügigkeit des Verkehrs mit Ende April eingestellt. ..Der L. Mai wurde in den verschiedenen größeren Orten des Bezirkes durch Promenade- Concerte gefeiert. Die Arbeiter socialistischer Nlchtung besuchten Vormittags eine Volks- Versammlung im Hotel Schiff in Steyr und ^cachnnttags zogen sie, da der geplante Ausflug „Zum Kaiser in der Saß" durch Regen 129 vereitelt worden war, in geschlossenen Reihen unter klingendem Spiele vom Wieserfeldplatz durch die Stadt in dasselbe Hotel, woselbst sodann eine gemüthliche Unterhaltung stattfand. An diesem Tage starb zu Steyr Wenzl S e d l m a y e r, Schwager des Vice-Präsidenten der Waffenfabrik, Dr. Hochhäuser. Die Leichen- feierlichkeit gestaltete sich in Folge großer Theilnahme zu einer ehrenden Trauerkundgebung. Durch einen Waldbrand wurden am 4. Mai im „Bahnholze" bei Kroustorf über 1^2 Joch Jungwald vernichtet. Am 5. Mai trat auch in Steyr Schneefall ein, nachdem es schon einige Tage vorher im Gebirge geschneit hatte. In der Scheune des Wiesergutes an der Erla bei HaiderShofen brach am 7. Mai Morgens Feuer aus, das zwar im Entstehen bemerkt wurde, aber nicht mehr unterdrückt werden konnte, so daß es das ganze Anwesen in Asche legte. Das Vieh und ein großer Theil der Fährnisse konnte gerettet werden. Der Besitzer war gegen Brandschaden versichert. Am 8. Mai fand in der Pfarrkirche zu Klauö die Vermählung des Fräuleins Julie Schasching, Tochter des k. k. Forstmeisters Wilhelm Schasching i. P., mit Josef Brand- litzky von Waidhofen an der Ubbs statt. Nachdem schon am 22. April Se. Majestät die Wahl des Hausbesitzers Johann Redl zum Bürgermeister der Stadt Steyr bestätigt hatte, fand am 9. Mai die feierliche Beeidigung des Letzteren statt. Am Vorabende wurde aus diesem Anlässe dem neugewählten Bürgermeister von Seite der Bürger- corps-Musikcapelle und der beiden Gesangsvereine „Liedertafel" und „Kränzchen" ein Ständchen gebracht, dem sich eine kleine Feier im Casino anschloß. Am Festtage selbst prangte die Stadt in reichem Flaggenschmucke. Vor 9 Uhr versammelten sich im Rathhaussaale der gesammte Gemeinderath, sowie die geladenen Spitzen und Vertreter der sämmtlichen k. k. militärischen und kirchlichen Behörden, Institute und Anstalten. Nachdem diese den k. k. Statthalter Freiherrn von Puthon im Hotel „Steyrerhof" abgeholt hatten, wurde in der Stadtpfarrkirche einem feierlichen Hochamte beigewohnt. Zu diesem Gottesdienste war auch das Bürgercorps in Parade ausgerückt. Nach beendetem Festgottesdienste erfolgte die Rückkehr in den großen Rathhaussaal, woselbst nach einer feierlichen Ansprache des Statthalters Freiherrn v. Puthon Bürgermeister Redl den Eid ablegte, hienach in bewegten Worten auf die Ansprache des Statthalters erwiderte, den Dank ausdrückte für dessen persönliche Vornahme der Beeidigung und schließlich ein Hoch auf den Kaiser ausbrachte, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten. Sodann ließ sich Se. Excellenz der Statthalter die Festgäste vorstellen und derselbe beehrte die meisten mit freundlichen Ansprachen. 9

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