Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1895

114 115 Abends versammelten sich im großen Mann- schafts-Schanklocale der Kantine-das-Officiers- Corps, sowie die präsent dienende Mannschaft, worauf Hauptmann Schnaidtinger in Verhinderung des dienstlich abwesenden Commandanten eine begeisternde Ansprache hielt, die er mit Hochs auf Se. Majestät den Kaiser, ferner auf den Gründer des Bataillons und den dermaligen letzten Commandanten, Major Edlen von Hennevogel, schloß. Hierauf gedachte dankbar der Oberjäger Meßmer der Sympathien, welche das Officierscorps der Mannschaft jederzeit entgegenbrachte, und schloß ebenfalls mit einem Hoch auf Se. Majestät. Nach iSt. Ulrich. dieser officiellen Feier versammelte sich das Officierscorps im Hotel Eiselmeyr. Die Mannschaft blieb in den Kantinlocalitäten, um im engsten Kreise auf fröhliche Weise den Uebergang vom alten zum neuen Bataillon zu feiern. Das Officierscorps spendete überdies eine Photographie, welche das Bataillon darstellt, der Gemeinde Steyr. Das Bild wurde über Beschluß des Gemeinderathes im Rathssaale aufgehängt. Beim Gaswerk in Steyr fand am 1. Oc- tober ein Dircctionswechsel statt. Der bisherige Director Otto v. Pettenkofer ging in Pension und an seine Stelle trat der Ingenieur der Oesterreichischen Gasbeleuchtungs-Gesellschaft am Wienerberge bei Wien Theodor Kirchhofs als Director. — Der scheidende Director Otto Pettenkofer hatte dieses Amt durch volle 27 Jahre beim hiesigen Gaswerke bekleidet, das er selbst im Jahre 1866 eingerichtet, und sich während dieser langjährigen Wirksamkeit durch sein conciliantes und freundliches Benehmen mit den Parteien die Liebe und Achtung Aller und durch sein angenehmes geselliges Wesen einen großen Kreis aufrichtiger Freunde erworben, die seinen Entschluß, in Steyr bleibenden Wohnsitz zu behalten, mit Freuden begrüßten. Am 1. Oetober beging die Freiwilli ge Feuerwehr von RnterhimmelChristkindl ihr 10. Gründungsfest in feierlicher Weise. Vormittags war Fest- gottesdienst in der Pfarrkirche zu Christ- kindl. Nachmittags begab sich die Feuerwehr in die Restauration zu Pergern, woselbst schon Gäste aus den umliegenden Orten versammelt waren.' Commandant Stander begrüßte mit herzlichen Worten die Anwesenden und nach ihm wurde noch mancher ernste und Launige Toast ausgebracht. Es herrschte allseits die heiterste Stimmung und nur ungern verließen die Festgäste die gastliche Stätte. Die Pfarre St. Ulrich feierte am selben Tage das vierhundertjäh- rige Jubiläum der ersten Einweihung ihrer Pfarrkirche durch einen solennen Festgottesdienst und.nachmittägigen feierlichen Segen unter zahlreichster Betheiligung der Bevölkerung. In Neichraming stürzte am 3. Oetober der 71 Jahre alte, ehe- inalige Arbeiter der Alpinen Montau- gesellschaft Karl Solizites beim Obstpflücken circa 6 Meter hoch von einem Baum herab und brach sich das Genick, demzufolge er in kurzer Zeit darauf starb. Zu Leonstein starb am 4. Oetober Fleischhauer Georg N a b u s e. Derselbe bekleidete in der Gemeinde wiederholt öffentliche Ehrenstellen und errang sich durch sein bescheidenes, grundehrliches Auftreten die Sympathien der Bevölkerung im reichen Maße. Diese fanden in der ungewöhnlich großen Theilnahme am Begräbniß des Biedermannes beredten Ausdruck. An demselben Tage stürzte zu Micheldorf der 33jährige Maurer Franz Radinger von einem Obstbaume und zog sich hiedurch eine Gehirnerschütterung zu, der er in der folgenden Nacht erlag. Am 7. Oetober functionirte in der Al- meroth'schen Messerfabrik zu Neuzeng zum erstenmal elektrisches Licht. Eine Bogenlampe und 24 Glühlichter wurden in Betrieb gesetzt. Der in der Station Steyr der Staats- bahn bediensteteWagenverschieberMörkinger gerieth am 9. Oetober beim Verschieben durch einen Sturz vom Trittbrett der Locomotive mit der rechten Hand unter die Räder der Maschine, welche ihm den halben Unterarm buchstäblich zerschnitten. Dem Unglücklichen mußte demzufolge der Unterarm amputirt werden. Am 10. Oetober brannte in Pesendorf das den Eheleuten Bamberger gehörige Häusel Nr. 28 nahezu gänzlich nieder. Der Brand ist jedenfalls gelegt worden. Am 11. Oetober wurde zu Lausa Gastwirth Ludwig Niesenberg er zum Gemeindevorsteher gewählt, nachdemGastwirth und Ehrenbürger Franz Mucken hub er freiwillig auf diese Ehren stelle, welche er über 30 Jahre auss segensreichste ausgefüllt, resignirt hatte. Der aus diesem Anlässe erschienene k. k. Bezirks- hauptmann R. von Heben streit hob in anerkennender Rede die Verdienste des Abtretenden hervor, sprach ihm den Dank der Behörden aus und verlas ein sehr ehrendes Schreiben des k. k. Statthalters, in welchem dem ab- tretenden Bürgermeister die Anerkennung im Namen der Staatsverwaltung ausgedrückt wird. Der Kirch enrestaurirungsverein in Steyr hielt am 13. Oetober seine alljährliche Generalversammlung ab, bei welcher der Cassebericht verlesen wurde. Nach diesem beziffert sich das Vereinsvermögen auf 1030 fl. DieAllgemeineArbeiter-Kranken- und Unterstützungs-Casse feierte am 15. Oetober im Casino zu Steyr ihr 20. Grün- , dungsfest. Im festlich decorirten Saale versammelte sich ein zahlreiches Publicum und lauschte den Vorträgen der Bürgercorpscapelle und des Arbeiter-Sängerbundes „Stahlklang". Vereins-Obmann Jakob So cha hielt eine schwungvolle Festrede, in welcher er einen kurzen Rückblick auf das zwanzigjährige Wirken dev Beremes warf. Nach dieser beifälligst aufgenommenen Rede nahm das Concert seinen Fortgang, dem sich sodann ein animirtes Tanz- krauzchen anschloß. * w 3u eicrninn starb am 17. Oetober ^W^mmer, Besitzer des allgemein be- kannten Forsthofes und ehemaliger Bürgermeister von Sierning. ” " . DemNevier-Oberjäger Johann M e t l i tz k y in Kronstorf wurde am 21. Oetober in Aner- kenniing seiner 40jährigen Dienstzeit vom oberosterreichischen Schutzverein für Jagd und Fischerei, ein Anerkennungs-Diplom und eine Prämie von 50 Kronen zuerkannt, welche Ehrengaben durch den Vereins -Delegirten Oberförster Th. W. Großmann in Gleink überreicht wurden. Am 22. Oetober fand in Steyr die con- Mtmrende General-Versammlung des Svar- casse-Ausschusses statt. In derselben wurden gewählt: Bürgermeister Joh. Berg er Mm Präsidenten der Sparcasse, Dr. Johann H o ch h a u s e r zu dessen Stellvertreter, Johann Amort, Carl Auböck, Johann Berger, Emil G ö p p l, Johann R e d l, Johann S ch o l z und Augyst Schrader zu Directoren, welche aus ihrer'Mitte Johann Amort zum Direc- tions-Vorstande und JohannScholz zu dessen Stellvertreter wählten. Bei der am 24. October stattgehabten Wahl eines Abgeordneten des Lanotags- Wahlbezirkes Kirchdorf - Micheldorf - Windisch- garsten- Grünburg -Steinbach an Stelle des verstorbenen Dr. Max Edlbacher wurde der Candidat der liberalen Partei, Michael Pieß- linger, Sensenwerksbesitzer in Steyrling, mit 221 Stimmen gewählt. Sein Gegen- candidat, Kaufmann FranzHönig in Steinbach, erhielt 133 Stimmen. Von den Wählern in K i r ch d o r f erhielt Pießlinger 77, Hönig 10, in Micheldorf Pießlinger 63, Hönig 9, in W indisch garsten Pießlinger 38, Hönig 17, in Grünburg Pießlinger 41, Hönig 45, in S t e i n b a ch Pießlinger 2, Hönig 52 Stimmen. In Garsten starb am 26. October nach langer Krankheit, 61 Jahre alt, Emerich Ecker. Derselbe war durch 32 Jahre Lotto-Collectant in Steyr gewesen und dortselbst wie auch in der Umgebung allgemein bekannt und geachtet. Am 28. October wurde Hochwürden Franz Ortner, zuletzt Pfarr-Provisor in Geinberg, als Pfarrer in Weichstetten unter Anwesenheit zahlreicher Geistlicher und Pfarr- angehöriger in feierlicher Weise installirt. Aus dem Strashause zu Garsten entflohen am 29. October Morgens die Sträflinge Vincenz Schneck, Ludwig Grünböck, Ferdinand Schöpf und Alois Strunz, indem fie aus dem Keller durch das Gemäuer und Erdreich ein Loch gruben und mittelst einer Leiter über die Umfassungsmauer kletterten. Strunz blieb infolge eines Fußleidens zurück. Die übrigen drei flohen in jenen Waldtheil, der im Volksmunde „Hölle^ genannt wird. Noch im Verlaufe desselben Vormittags wurde Schöpf von einer der aus'gesandten Patrouillen gefangen und bald darauf auch Schneck, der in einem Laubhaufen versteckt von dem Aufseher Mayer aufgefunden wurde. Grünböck gelang es, die Fußeisen, womit jeder der Drei wegen ihrer Gefährlichkeit gefesselt waren, ab- zustreifen und seine Flucht sortzusetzen. Er kam bis Teruberg und versteckte sich dort in einem mit Steinen beladenen Eisenbahuwaggon, der aber wider sein Erwarten in der Richtung nach Garsten zurückfuhr. Der Flüchtling sprang deshalb ab, wurde aber bemerkt und von der Marktgeherin Maria Wetzelbacher angehalten. Durch, diesen Fluchtversuch gerieth ein Theil der Sträflinge in Aufregung, stellte die Arbeit ein und lärmie tagelang. Endlich ging man mit den. schärfsten Maßregeln gegen die Störrischen vor, wodurch sodann die Ruhe hergestellt wurde. Anläßlich der Vollendung der Einsetzung des VotivfensterS der Bürgerschaft Steyr's wurde am 30. October in der Stadt-

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