74 75 junger, verwachsener Handschuhmacher, namens Rudolf Mrva, der sich in der schwärmerisch- romantischen Weise der „Verschworenen" den Namen „Rudolf Rigoletto von Toskana" beigelegt hatte. Gegen diesen unglücklichen Phantasten erstand der Verdacht, daß er entweder die ganze- „Omladina" verrathen, oder doch dem Untersuchungsrichter nähere Angaben über die Ziele des Geheimbundes und einzelne Mitglieder gemacht habe. Bestärkt wurde dieser Verdacht dadurch, daß „Rigoletto" auf freiem Fuße belassen wurde, und daß ein jung- czechischer Abgeordneter im Reichsrathe diesen Mrva offen als einen im Dienste der Polizei stehenden Spion bezeichnete. Mrva hatte deshalb Naimund-Hheater. manche Anfeindung von Seite der in Freiheit befindlichen Omladinisten zu erfahren. Am Vorabende des Christfestes ereignete sich aber das Schreckliche: Rudolf Mrva wurde ermordet. Zwei Omladinisten, der Schlosserlehrling Ottokar Dolezal und der Fabriksarbeiter Franz Dragoun, wurden als die Thäter entdeckt und verhaftet. Sie hatten sich mit freundlichen Worten bei Mrva eingeschlichen, hatten ihm noch in seiner Wohnung geholfen, den Weihnachtsbaunr zu putzen, und unter diesem Symbol des Friedens hatten sie ihn durch Dolchstiche und Erdrosseln ermordet. Außer ihnen verhaftete man nachträglich noch den Handschuhmacher Josef Kriz und dessen Gattin, einen gewissen Heinrich Voitech und den cand. jur. Anton Czizek als Mitschuldige. Am 15. Jänner des Jahres 1894 begann der nächste Act dieses großen Trauerspiels; der Proceß gegen die Omladinisten vor dem Präger Aus- nahmsgerichte. Selten hat ein Proceß einen aufregenderen Verlauf genommen als dieser. Sowohl die Angeklagten, als auch die Vertheidiger wetteiferten darin, durch brüskes Wesen und lärmende Auftritte den Richtern ihr Amt so schwer als möglich zu machen; zuletzt legten sogar sämmtliche Vertheidiger ihr Amt nieder, und es mußte ein Gerichtsadjunct als 6x offo- Vertheidiger für die Angeklagten bestellt werden. Der Proceß endete, wie nicht anders zu erwarten war, mit der Verurtheilnng der meisten Angeklagten zu mehrjähriger oder mindestens mehrmonatlicher Kerkerstrafe. Nur einige Wenige wurden freigesprochen. Auf den 6. Februar fielen zwei Ereignisse; eines, das innerhalb eines Theiles der Monarchie lebhafte Freude erregte, und ein zweites, das unendliche Trauer in .der ganzen civilisirten Welt erweckte. Das erstere ist die Ernennung des Directors des St. Pöltener Seminars, Dr. Johannes Rösler, zum Bischof der St. Pöltener Diöcese, die in ihm einen hochgebildeten und mit allen geistlichen Tugenden geschmückten Oberhirten erhielt. Das andere Ereigniß ist der plötzliche Tod des berühmten Chirurgen der Wiener Universität, Professor Dr. Theodor Billroth. Schon seit mehreren Jahren hatte der große Gelehrte an einer Herzverfettung gelitten und in einem Anfälle von Kränklichkeit Abbazia aufgesucht, um auch der Kaiser und die Mitglieder des weniaftens vorübergehende Linderung seines kaiserlichen Hauses gaben ihrem ^Mitgefühle schweren Leidens zu finden. Plötzlich hat ihn ehrenden Ausdruck. dort der Tod entrafft. In ihm starb der größte Wien bestattet wurde, wallte em endloser Zug ^hirurge der Gegenwart, der unzähligen Leidenden Hilfe gebracht, ein kühner Pfadfinder der Wissenschaft, ein edler, harmonisch angelegter Mensch, ein warmer Verehrer und Kenner des Schönen, namentlich der Musik. . Groß war die Bestürzung und Trauer, die sein Tod hervor- rief, unzählbar waren die Beileidsbezeugungen, die der Familie des großen Mannes zukamen, von Vertretern aller Bevölkerungselassen an dem Krankenhause und der Universität, den Stätten seiner unerreichten, unermüdlichen Thätigkeit, trauernd vorüber. Wer . weiß, wann N^of. Ar. Theodor MilkroLH.
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