Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1895

60 V 61 i 'n derwürg'n... na, na, destweg'n müaßt's ös Zwa An' net glei' ausheanzen*); i waß ganz guat, daß man in manche Haushaltungen das Halsabschneid'n bei die Fischvorziagt, oder 'sGnackumdrahn.**)" „Aber Schani! Da sieht man wieder einmal, was die Mannsbilder ohne uns anfangerten. D' Fisch werden doch er- schlag'n." „Das is aber gar roh. Und um so was kümmert sie der Thierschutzverein net im G'ringsten! Anstatt daß man so a Viecherl in a Chloraformlösung legcrt, damit 's das Bewußtsein verliert und sanft hinüberschlummert..." „Geh', du Wurstel. Wennst D' di aber nöt traust." „Oho, wer sagt'denn das? Meinetwegen soll er derstochen, derschossen oder aufg'hängt werd'n, wann mir nur a fein's Paperl kriag'n; 's is weg'n dein Renommee als tüchtige Hausfrau, und daß uns nöt epper der Steindl ausricht't. Glaubst, is 's a jung's Viecherl?" Die gnädige Frau besah sich das Flossenthier eingehend und erklärte dann, sie denke, daß er noch nicht tm Geringsten wildle. Die Lisi äußerte sich reservirter. Bei einem Hasen sei es ein Kinderspiel, jugendliche Zartheit zu constatiren; die Löffel müssen sich leicht einreißen lassen. Auch eine Gans könne aus hohem Alter kein Geheimniß machen, von wegen der auffälligen Veränderungen an Schnabel und Füßen. Aber freilich, bei einem Karpfen! Und sie erging sich in wohlberechtigten Ausfällen gegen die raffinirte Schlauheit der Fischhändler-Genossenschaft, die sich speciell ein von der Natur in Bezug auf Ohren und Füße so stiefmütterlich bedachtes Thier als Handelsartikel ausgesucht hat. Aber die Zeit verrann und Frau Anna drängte: „Alsdann geh'n wir's an, Schani. Bring' mir den Karpfen um; ich richt' dann die Bröseln zum Einpanir'n her, während ihm die Lisi das Fell abzieht." Die Lisi wendete bescheiden ein, sie habe vernommen, daß man bloß die Schuppen rupfe. „Na, jetzt werd's vielleicht wieder über.das zum Disputir'n anfangen. Thut's mir den Burschen heraus, ich schau derweil in „Brehm's Thierleben" nach, was nach seinem Hinscheiden Mit ihm z' g'scheg'n hat.", Herr Schoderböck wurde indessen vom Bücherkasten alsbald durch mörderisches Hilfegeschrei in die Küche zurückbernfen. „Er will nöt heraus. Er beißt!" „Er schlagt aus!" „Geht's, macht's nöt so aRemasuri!"*) Na also, da schaut's her, ma braucht nur a Bissel an' Vurth'l" **). Und er hob den Fisch aus der Wanne auf die hölzerne Platte heraus/ auf der er unter Schoder- böck's Mörderhänden seinen Geist aushauchen sollte. „So, jetzt bringt's mir die Hacken. Aber glaubt's nöt, Kinder, daß ma ihm ehnder***) d'Augen verbinden soll?" Die Hacke war nicht aufzufinden und so brächte die Gnädige als Ersatz den metallenen Briefbeschwerer vom Schreibtische herbei. Dann hielt sie sich beide Ohren zu, mit der ihrem Herzen alle Ehre machenden Begründung, haß sie den Todesschrei des Karpfen nicht mit anhören wolle. Der Hausherr hob den Schwerstein... UnserHeld, derKarpf, hatte bis zu diesem kritischen Augenblicke eine durchaus zuwartende Haltung beobachtet und nur hie und da ein wenig freundlich mit dem Schwanz gewedelt wie ein Hund, der heiteren Gemüthes und mit seiner Lebenslage recht zufrieden ist. Die bisher mit ihm vorgenommenen Proceduren, die sichtlich sein Interesse erregten, hatte er offenbar lediglich als neckische Scherze betrachtet.. Als aber sein Verkehr mit dieser Familie eine unerwünschte Wendung zu nehmen drohte und Herr Schoderböck in nicht länger zu verkennender feindseliger Absicht die Hand erhob, da dachte sich der Karpf: „Das is ka Kaffeehaus for mir!" und schnellte sich mit einem kräftigen Ruck auf den Boden. Herr Schoderböck klopfte sich in seiner Verblüffung mit dem Schwerstein auf die Finger; die beiden Damen kreischten auf und hielten sich die Kleider bei den Knöcheln zusammen, worauf die Lisi ein Salto- mortale auf das „Spciskastel", die junge Frau auf das „Wasserbankel" machte. „Er ist kitzlich," sagte Liese, nachdem sie sich von dem ersten Schrecken erholt, „und du wirst 'n unter die Flossen angegriffen haben!" „Mir werd'n ihn glei hab'n, gib mir nur an' Regenwurm. Was, net amal an' Regenwurm habt's z'Haus? Dös is mir a saubere Wirthschaft! Muaß i 's halt unt an' Kipfel probir'n". Er näherte sich, das Kipfel weit vor sich hinhaltend, dem Frich, der ihn mit allerdings gerechtfertigtem Mißtrauen über die Achsel ansah, lind lockte ihn mit so einschmeichelnden, lieb- reichen Tönen, die man gewöhnlich nur entflohenen Kanarienvögeln gegenüber an- wendet: „Pf! Pf! Komm' Schackerl" (weiß der Himmel, woher er den Taufnamen des Nsches wußte!), komm' schön herein, da hast a guat's Brockerl" . . . Ein höhnisches Lächeln entstellte die lonst so sympathischen Züge des Karpfen, und als ihm der Herr Schoderböck bis auf einen Schritt nahegekommen war, da sagte meses menschenscheu gewordene Thier zu Ilch: „Geh'n ma wieder um a Häuser! weiter!" und segelte eiligst in das parkettirte Boxzimmer hinaus, wo er hinter dem Kleiderkasten landete. „Wart' Burscherl, dir werd' ich den Kumo^iftifches. Auf dem Jahrmarkt. Zuschauer: Das soll ein Zwerg sein? Der ist ja über fünf Fuß hoch. Budenbesitzer: Das ist gerade die Seltenheit. Dieser Zwerg ist der größte Zwerg der Welt. Weg abschneiden," rief Schoderböck in- grimmig, indem er sich nach jener Seite des Schrankes schlich, wo nach seiner Meinung der heftig „plädernde" Fisch wieder zum Vorschein kommen mußte. Doch dieser war ein gewiegter Stratege; er ließ den gnädigen Herrn lauern und ruderte in das anstoßende Zimmer, unter ein Bett. „Der Kerl versteht ja, was ma red't," sagte Schoderböck verwundert. „Dej' Mama wird uns do net eppa*) gar an abg'richten Karpfen g'schickt hab'n, der si' auf amal in.d'Conversation mi'cht, wie a Papagei?" Wir wollen uns damit begnügen, zu bemerken, daß die Karpfenjagd, in deren Verlauf das Schuppenthier nahezu die ganze Schoderböck'sche Wohnung kennen lernte, noch , eine reiche Quelle der Unterhaltung und Zerstreuung bildete. Und als sie ihn endlich erwischt hatten, rief die junge Frau bei seinem Anblick schmerzbewegt aus: „Lisi, hol' mir den Abstauber, denn anders bring' ich 'hn net mehr auf gleich!"------------------------------------------------------ Der Herr Steindl äußerte sich bei der nächsten Stammtischsitzung anerkennend über die Schoderböck'sche Küche und beklagte es nur, daß der Karpfen einen entschiedenen Petroleumgeschmack gehabt, den er, persönlich, bei Fischen nicht goutire. „Gar ka Wunder," platzte da Schoderböck unvorsichtig heraus, er hat uns ja a d'Lampen umg'worfen, da wird er halt a Schlüpferl g'macht hab'n I" *) vielleicht. Kin Oemüthsmensch. Köchin (erregt): „Herr Doctor, Herr Doctor, der Hund hat das Rebhun aufgefressen. " Der Herr Doctor: „Nun, nun — davon wird er ja nicht gleich-sterben." *) auslachen. **) Genickumdrehen. *) Spectakel. **) Vortheil. ***) vorher.

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