Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1894

18 stillen Gebet auf ihren Knien nnd flehte die bebenden Lippen. Jetzt stöhnte er zu Gott, daß er endlich das. verstockte mit herzzerreißendem Ton: Herz des Sünders erweichen möchte: „Verloren — verloren! . . Da drangen dumpfe Rufe aus dem dich verloren, für die ich so viel geopfert, Schlafgemach ihres Mannes. f................ .......................................... die ich 30WÄÖ Mit wankenden Schritten betrat sie dasselbe, da lag. er. in kalten Schweiß gebadet, auf dem Rücken, die Hände unter den Kopf geborgen; einzelne Worte, unzusammenhängende Sätze drangen über H ii in o r i st is ch e s. Aus der Spilakpraris. Arzt (der dem Kranken einigeSchlaf- pnlver verordnet hat): „Nun, Hnber, schlafen Sie jetzt besser?" Patient: „Mei'Gott, Herr Doctor, ich könnt' schon schlafen, aber g'rad allemal, wenn i’ einnick', weckt mi' der Wärter auf, damit i' 's Schlaspulver nehm'!" ' ‘ . Verloren — Ich habe so namenlos geliebt! Gib mir sie wieder, du Todter — strecke deine Hand nicht aus dem Grabe heraus — bleib unten — weg mit der Hand!" Plötzlich riß er seine Hände unter dem Kopf hervor — sie waren durch die Lage blutleer und erstarrt; dann schlug er die Augen auf. starrte wie ein Wahnwitziger ins Leere und tastete mit der rechtenHand nachderlinken.— In seiner irren Phantasie mochte er die durch die gepreßte Lage erstarrte Hand für eine Todtenhand halten. — Mit einem gräßlichen Schrei schleuderte er dieselbe von seiner Brust weg: „Die Todtenhand!" — die Hand des Todten — ächzte er dann in erlöschenden Tönen und sank vom Bett herab. Marie bemühte sich vergebens, den schweren Körper anf- zurichten; sie sühlte, daß derselbe mehr und mehr erkaltete, das Herz schlug nicht mehr. Die Pulse standen still — er war todt. Marie erhob sich, faltete die Hände und sprach mit erlöschender Stimme: „Gott hat gerichtet!" Wange Ahnung. Der kleine Hans muß stets mit den alten Kleidern und dem abgelegten Spielzeug seines älteren Bruder Fritz vor- lieb nehmen. Eines Tages fragt er nach längerem Sinnen: „Muddi?" — „Was, mein Junge?" — „Muß ich später auch mal Fritz seine Witwe heiraten, wenn I er stirbt?" Lustige Soldakengeschichten. Von Htiolrar Tann-ZZergker. a) Der Rekrut mit den Ein Typus vom gibt erschrecklich viele Jüng- ^nge, welche weder gehen, noch stehen können, wie sich's gehört. Ein beweisendes Beispiel für die Richtigkeit di.ses, von allen Jnstructions Officiereu längst schon als unumstößlich angenommenen Axioms bildet der Held dieser Schilderung, der es in wenigen Tagen seiner militärischen Laufbahn bereits im ganzen Regimente zu dem ebenso ehrenvollen, als wohlverdienten Ruf gebracht hatte, er sei einer der ungeschicktesten Recruten aller Zeiten und Völker. Und doch hatte er im Civil — er war Comptoirist — als gewandter Tänzer gegolten, er war sogar einmal an einem Sonntagnachmittag auf einem wirklichen lebendigen Pferde in den Prater geritten, ohne daß er am darauffolgenden Tage durch besonders besorgnißerre- gende Hautabschürfungen ausgefallen wäre, und in dem Bieycle- Club, dem er angehörte, wurde er selbst von seinen Neidern für Hnen tüchtigen „Radreiter" gehalten, der mit großer Eleganz von der „Maschine" zu fallen verstünde. Nichtsdestoweniger wird er vom Corporal, dem er zur Detailausbildung anvertraut wurde, als die muthmaß- liche Ursache eines hartnäckigen Gallenlei- deus verflucht und von seinem Zugseom- mandanten, dem Herrn Lieutenant Zwirn, bei jeder Gelegenheit den übrigen Re- cruten als verabscheucnswürdiges Ideal aller geistigen und körperlichen Verkom- menhelt hiuge-stellt. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: die dem Recruten mit den zwei linken putzen allserts entgegengebrachte FeindZwei linken Außen. Exercirplatze. seligkeit erscheint durch die Art und Weise seines Exereirens vollauf begründet, iin^ bei genauer Würdigung der näheren Umstände kann man es nur begreiflich finden, daß er mit stgunenswerther Schnelligkeit sich den Ehrentitel eines .Compagnie-Latschen" errang und bald darnach zur analogen Honvrarcharge des Bataillons und Regiments empor- stieg. Alan muß es nur einmal mit eigenen Augen gesehen haben, wie er es beispielsweise versteht, den Defilirmarsch der imponirenden Wirkung, welche derselbe auf eivilistische Zuschauer auszu- üben pflegt, vollständig zu entkleiden, wie er herumtorkelt, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, und wie er die Zehen, anstatt sie zu strecken, krampfhaft und unnatürlich, als ob er mit den

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