126 Ohrfeige in der Streuhütte des Brandlmayr- gutes ZU Unterdambach Feuer gelegt hatte, wodurch das ganze Anwesen ein Raub der Flammen wurde, zu fünfjähriger schwerer Kerkerhaft verurtheilt. Der Winter dieses Jahres war be- merkenswerth wegen der großen, lange anhaltenden Kälte, die während desselben herrschte. Schon mit Ende November wurde es ziemlich kalt, und auch der Anfang des Decembers war kalt, aber der Schnee wurde immer wieder durch dazwischenkommenden Negen fortgetrieben. Mit 18. December setzte die Kälte entschieden ein und hielt nun durch den ganzen Jänner an. Die Weihnachtsfeiertage waren schön, es Stehr im Jänner 1893. Nach einer photo^raphischcn Aufnahme von Julius Haller. herrschte aber heftiger Wind, welcher in der Stadt große Staubwolken auswirbelte. Gegen Ende des Monats und Anfangs Jänner warf es bei großer Kälte durch längere Zeit feinen Schnee, ohne die Temperatur zu mildern. Man verzeichnete an mehreren Tagen 16», und am 16» Jänner gar 20 o Kälte. In diesen Tagen hatten aber auch bedeutende Schneefälle Stadt und Land mit hoher Schneedecke eingehüllt, so daß nun dieselben ein prächtiges Winterbild boten. Die anhaltende grimmige Kälte vermochte auch den Ennsfluß zu Eis zu erstarren. Zuerst bedeckte sich der Fluß bei der Einmündung der Steyr gänzlich mit Eis und von dort baute sich in den folgenden Tagen der Eisstoß bis nahe bei Garsten auf und zwar in solcher ✓ Festigkeit, dass einzelne Passanten über diese Brücke hinwegschritten. Wie alte Leute berichten, soll die Enns das letztemal in den Vierziger Jahren gänzlich zugesroren gewesen sein. Erst Ende Jänner brach sich die Kälte, es trat Thauwetter ein und am 29. Jänner ging der Eisstoß, ohne Schaden zu thun, ab. Am 3. December waren es 25 Jahre, daß Josef Tobisch, der Chormeister der „Steyrer Liedertafel" — früher Chormeister von Gesaugsvereinen in Wien — überhaupt den Dirigentenstab führte, und zehn Jahre, daß er der „Steyrer Liedertafel" seine künstlerische Kraft als Dirigent widmete. Anläßlich dieses Gedenktages veranstaltete dieser Gesangsverein im Casino eine interne herzliche Jubelfeier, an der auch Deputationen des Männergesangs-Vereines „Kränzchen", des „Liederkranzes" von Bad Hall und der Sierninger Liedertafel theil- nahmen. In der Festrede beglückwünschte der Vorstand Dr. Angermann den Jubilar, hob dessen große Verdienste um den deutschen Männergesaug und insbesondere um die Steyrer Liedertafel hervor und übergab ihm schließlich Namens derselben einen goldenen Ring. Nachdem Chormeister Tobisch tief ergriffen gedankt hatte, übergab kais. Rath Georg Pointner, das älteste Mitglied und Gründer der Liedertafel, dem Jubilar Namens der musikalischen Bierfreunde in Steyr einen prachtvollen BierHumpen, und Bürgermeister Berg er hob in beredten Worten die Verdienste des Jubilars um die Liedertafel und das musikalische Leben Steyr's im allgemeinen hervor. Lieder- und Musikvorträge förderten die weitere feuchtfröhliche Unterhaltung, welche die Erschienenen noch lange beisammen hielt. Am 7. December constituirte sich 311 Weyer der Communalrath. Es wurden gewählt: Albert Dunkl zum Vorsitzenden, August Fichtl zum Kämmerer, Benedict Hirn- schrott zum Waldmeister, Franz Krönst einer zum Spitalsverwalter, Julius Dietrich zum Badeverwalter, Josef Bach bau er, Franz B a ch b a u e r, Franz D a l l n e r, Johann Heuberg er, Eduard Hofer, Peter Mer- kingßr sen. und Karl S ch w e i g l zu Communal- räthen und JohannP0sch, Josef Schickl und Franz Wagner zu Ersatzmännern. Der Vermögensstand der Commune betrug am Beginne des Nechnungsjahres 145.054 fl. 29 kr., der Grundbesitz 1217 Joch 47 □ Klafter. Zu Haidcrshofen kam am 11. December Abends im Franz Winkler'schen Berner- gute ein Schadenfeuer zum Ausbruche, welches das solid gebaute Anwesen bis auf die Mauern in Asche legte. Die Fechsung und mannigfache Hausgeräthe gingen mit zu Grunde, während das Vieh gerettet werden konnte. Der Schaden von circa 10.000 fl. war durch eine Versicherungssumme von 8000 fl. größtentheils gedeckt. , - Im 12. December stürzte im Lumplgraben bel Großraming der 45jährige Schuhmacher- Gehilfe August Brand in den tyeilweise zu- gefroreuen Lumplbach und ertrank. Da der Verunglückte an Epilepsie litt, so ist es wohl zweifellos, daß er zufolge eines Anfalles dieser Krankheit in den Bach stürzte. Gleichwie in anderen industriereichen Orten Oesterreichs und des Auslandes griff infolge allgemeiner Geschäftsstockung auch in den Ar- beltertrelsen der Waffenfabrik, die ebenfalls zu Arbeiterentlassungen sich gezwungen sah, im abgelaufenen Jahre der Gedanke an eine Aus- wanderung um sich, der, durch Agenten einer brasilianischen Gesellschaft eifrig genährt, immer weitere Kreise erregte und schließlich zahlreiche h esige Arbeiterfamilien bewog, sich in Brasilien als Colomsten ein neues Heim zu gründen. Diese hielten mehrere Versammlungen ab und sandten ihren Führer Samrsla zum brasilianischen Consul nach Wien, welcher ^hnen die thatkräftige Unterstützung seiner Regierung, unentgeltliche Ueberfahrt und Beförderung an Ort und Stelle, Zuweisung von Grund'und ^oden und Geldunterstützung versprach. Auf dieses hin beschlossen über 90 Familien definitiv nach Brasilien auszuwandern. Am Sonntag December erschien der hochwürdigste Bischof aus Linz und spendete in der Michaeler- Vorstadtpfarrkirche 31 Kindern von Auswanderern unter großartiger Theilnahme der Bevölkerung das Sacrament der Firmung und 127 | hielt Hiebei eine ergreifende Ansprache. Nach dieser kirchlichen Feier versammelten sich die Auswanderer und viele Freunde derselben im Casino zu einer Abschiedsfeier, im Verlaufe derer einzelne Redner Abschiedsgrüße an die Gesammtheit entboten. Am nächsten Donnerstag, 15. December, verließen hierauf mittelst Separatzuges über 360 Auswanderer unsere Stadt. Eine nach Tausenden zählende Menschenmenge hatte sich am Bahnhöfe eingefunden, um den Scheidenden ein Lebewohl zu sagen. Der Extrazug beförderte die Europamüden nack Genua, woselbst sie ein Answanderer- schiff bestiegen und zunächst nach Rio Janeiro und von dort nach Porto Alegro in der Provinz Rio Grande du Sol fuhren. Diese See- fahrt war sehr strapazenreich und für die meisten Kinder unter vier Jahren tödtlich. In Brasilien theilten sich die Auswanderer in zwei Partien, die eine zog nach Jjuhy, die andere nach Jagnari, einzelne Auswanderer blieben in den größeren Städten als Arbeiter und fanden da guten Verdienst. Die Colonisten bekamen zwar den versprochenen Grund und die Geld- Unterstützung, aber nicht die Haussiere, welche ihnen ebenfalls zugesagt worden waren. Die Nachrichten, die später von ihnen aus Brasilien kamen, waren sehr verschiedener Natur; während einige nur Trauriges erlebten und entschieden vor der Auswanderung warnten, scheint andere ein freundlicheres Geschick getroffen zu haben. Im Laufe des Jänner wanderte abermals eine größere Anzahl Arbeiter nach Brasilien aus, deren Los sich ähnlich dem der Ersteren gestaltete. Am 16. December Vormittags brach im Grünlingerhaus in Schwödiau bei Wol- fern, welches zum Eglmairgut gehört, ein Feuer aus, welches der eben herrschende starke Wind so rasch anfackte, daß mehrere Bewohner dieses Hauses nur durch das muthvolle Eingreifen des Gemeinderathes Johann K a m p e n h u b e r, des Hausbesitzers Georg Mayrleb und des Inwohners M i t t e r h u b e r vor dem Feuertod e gerettet wurden. Der angerichtete Gesammt- schaden wurde auf circa 1500 fl. geschätzt. In der Gemeinderathssttzung am 16.December wurde das von dem hiezu gewählten Comite gevrüfte Präliminare für Steyr genehmigt. Diesem war zu entnehmen, dass sich infolge der Brückenbauten im städtischen Haushalte mit Ende 1892 ein Abgang von 78.000 fl. ergab, welcher im Präliminare für 1893 voll eingestellt wurde und mit Ende dieses Jahres bis auf 45.500 fl. bedeckt erscheint, indem den außerordentlichen Einnahmen von 257.043 fl. Auslagen in der Höhe von 302.566 fl. geqen- überstanden. Dieser Abgang von 45.500 fl. soll m den Pralrminarien für 1894 und 1895 seine ordentliche Deckung finden. In der Sitzung des Steyrer Gemenrde- rathes am 16. December widmete Bnrger- melster Johann B e r g e r den: verstorbenen Gememderathsmitgliede Anton M a y r einen
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