Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1894

Kurze KHronik von Steyr und dessen Jndustriehezivk. Von Anfang September 1892 bis Ende Augnst 1893. Prinz besinnungslos aufgefunden und ins Hotel „Zur Post" nach Kirchdorf gebracht. Lange Zeit fürchtete man für das Leben des Prinzen, der aber schließlich wieder genas. In der Nacht des 12. September brannte das Anwesen des Klingschmiedes Johann N a g e n k e g e l zu Nuterwald nieder. Sämmtliche Fährnisse, die ganze Fechsung des Jahres nebst 5 Schweinen gingen mit zu Grunde. Dem hiedurch entstandenen Schaden per 9000 fl. stand nur eine Versicherungssumme von 4000 fl. gegenüber. Zu Neuzeug stürzte am 14. September ein ungefähr 100 Kubikmeter betragendes Felsstück von der Conglomerat-Wand oberhalb 121 Carl Peter und Kanzleileiter Worring, der Lehrkörper und die Schuljugend bei. Nach Beendigung der kirchlichen Functionen ergriff Vice-Bürgermeister Redl das Wort, forderte Lehrkörper und Schuljugend zu segensreicher Arbeit auf und dankte dem hochwürdigen Ca- nonicus für die Vollziehung der Weihe. Hierauf sprach Director Wen hart Namens des k. k. Stadtschulrathes der Gemeindevertretung für die Herstellung des schönen Schulgebäudes seinen Dank aus. — Dasselbe ist eine Zierde der Stadt und im Innern sehr praktisch eingetheilt. In St. Marien erschoß sich am 18. September der allgemein geachtete und in besten Verhältnissen lebende Besitzer desPlatzerAnknüpfend an die Ereignisse, welche wir in der vorigen Jahreschronik unseres Industrie- Bezirkes erzählten, können wir mit Befriedigung constatiren, daß in dem Zeitabschnitte, über welchen wir diesmal zu berichten haben, Steyr und dessen Jndustriebezirk in rüstiger Arbeit auf dem Wege gedeihlicher Entwicklung nicht still- gestanden sind; dabei blieb unsere Bevölkerung heuer verschont von den Katastrophen, welche im Vorjahre die entfesselten Naturgewalten herbeisührten und theilweise großen Schaden anrichteten, denn trotz des außerordentlich strengen, eis- und schneereichen Winters gab es im Frühjahre keine großen Ueberschwem- mungen, dagegen brächte der Herbst eine reiche und gute Ernte an Kornfrüchten und Obst. Bei der innigen Wechselbeziehung zwischen Industrie und Landwirthschaft konnten diese Verhältnisse nur fördernd aus das Gesammt- wohl der Bevölkerung unseres Bezirkes em- wirken. Wir können unsere Chronik gleich mit einem für die Stadt Steyr interessanten und erfreulichen Ereignisse beginnen. Am 8. September kamen nämlich 26 Mitglieder des Kärntner Industrie- und Ge- werdevereineS in unsere Stadt. Dieselben wurden auf dem Bahnhöfe von den Ausschußmitgliedern des hiesigen Gewerbe - Vereines empfangen, ins Hotel Eiselmeyr geleitet, woselbst sie vom Gewerbevereins-Vorstand und Gemeinderath Franz Lang aufs herzlichste begrüßt wurden. Im Namen der Stadt that dies auck Bürgermeister Johann Berg er. Der Industrielle W a l n ö f e r aus Ferlach dankte für den liebenswürdigen Empfang. Des andern Tags fand unter Führung von Mitgliedern des hiesigen Gewerbevereines die Besichtigung der Permanenten Gewerbeausstellung, des Knabenhortes, der Fachschule und Versuchsanstalt, der Petermandl'schen Messersammlung und der Waffenfabrik statt. Mittags fanden sich die Gäste mit vielen Steyrern im Casino zum Mittagessen zusammen, welches einen animirten Verlauf nahm und wobei viele Toaste ausgebracht wurden. Abends war in Focht- manns Restauration gesellige Zusammenkunft. Am nächsten Tage fuhren die Gäste zur Besichtigung der Waffenfabrik nach Letten, welche Werke sie unter Führung des Oberwerkmeisters W. Nimmerfroh besichtigten. Die Waffen- fabriks - Gesellschaft ließ den werthen Gästen im „Herrenhause" ein opulentes Frühstück ser- viren, bei welchem es an Reden nicht mangelte. Nachmittags wurde die Excursion bis nach Leonstein fortgesetzt, woselbst in Wecht's Gast- locale das Mittagsessen eingenommen wurde. Abends erfolgte die Rückfahrt nach Steyr. — Eine gesellige Zusammenkunft im Casino, der viele Bürger und angesehene Persönlichkeiten Steyr's beiwohnten und die durch Vorträge der Liedertafel und der Bürgercorps-Musikkapelle verschönt wurde, gab dem Tage einen erhebenden, gemüthlichen Abschluß. Am folgenden Morgen fuhr der größte Theil der Gäste nach Klagenfurt zurück. In der 3. Schwurgerichts - Periode, welche schon am 28. August begonnen hatte, wurden am 1. September die 16 Jahre alte Dienstmagd Rosina Tittelbacher und der 19 jährige Bauernknecht Josef R e t s ch i tz e g g e r wegen Brandlegung verurtheilt. Erstere, welche wiederholt im Hause ihrerDienstgeberin Theresia Huber in Schiedlberg Feuer gelegt hatte, bekam 6 Jahre, Letzterer, welcher am 12. August das Gemschabengut in Hinterstoder angezündet hatte, bekam 10 Jahre Kerker. Am 11. September erhängte sich zu Kroiß- bach bei Wolfern der nach Goldenstem in Mähren zuständige Schuhmacher Josef K r ä g e r. Am 12. September fiel in Weyer der Knecht Jgnaz Schnabler, welcher auf einem Wagen stehend eine Kette straffer anziehen wollte, wobei diese aber riß, so unglücklich vom Gefährte, daß er sich tödtlich verletzte. Bei Kirchdorf stürzte am selben Tage Mittags der Prinz Hermann Schaumburg- Lippe, Besitzer der Jagdreviere in der Steyr- ling und des Jagdschlosses in Brunnenwinkel, auf einem Ritte vom Pferde und blieb unglücklicherweise mit einem Fuße im Steigbügel hängen. Das Pferd schleifte ihn noch eine kurze Strecke und gab ihm hiebei auf den Kopf einen Schlag, der einen Schädelknochenbruch zur Folge hatte. Vom nachkommenden Gefolge wurde der Villa Arveshuber in der Marie Valerie-Straße. des Obermann'schen Stadels ab und verlegte die Straße. Weiterer Schaden wurde keiner angerichtet. Der Taglöhner Philipp Schachreiter aus Steyr wurde am 15. September am Ho llerlflut z u Mitteregg beim Durchsägen eines Holzstammes von diesem erdrückt. ««.«r^.neuerbaute Volksschule am WehrSteyr wurde am 17. September nach £SÄ Heiligengeistamte in der Vor- 1 Ä' ‘ durch den hochwürdigen Canoni- ^ Dürrnberger unter Assistenz der £ÄÄ.^ einge- Ä 7&® ^estacte wohnten Vicebürgermeister cktedl, Director Wen hart, städt. Ingenieur gutes. Der Unglückliche litt in letzter Zeit an Trübsinn. Am 17., 18. und 19. September feierte der Markt Weyer das Jubelfest seines 500jährigen Bestandes als privilegirtes Gemeinwesen durch eine landwirthschaftliche und gewerbliche Ausstellung, einen Festzug und Illumination und Höhenbeleuchtung. Das Comitä, welches die Vorbereitungen zum Feste ausführte, bildeten k. k. Notar Friedrich S ch m e r d e l, der Vorstand der Markt-Commune Joftf Bach bauer, Dr. Gustav Maix, Albert D u n k l, Carl G r a m m e r, Bürgermeister Peter Merkinger und Josef Rusegger. Dank der unermüdlichen Thätigkeit dieses rührigen

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