70 gemeinsamer Staatsangehörigkeit fester geknüpft, eine Reihe von Ehebündnissen in den Familien der Herrscher die Theilnahme der Bevölkerung an den Geschicken ihrer Fürsten im schönsten Lichte gezeigt. Es sind nur Lichtpunkte, aber sie bieten die Gewähr, daß die Mächte der Finsterniß noch nicht zu allgewaltigen Siegern geworden sind, und lassen die Hoffnung auf eine helle frohe Zukunft zu. Und nun wenden wir uns zur Betrachtung der hervorragendsten Thatsachen in den einzelnen Staaten Europas. Hellerreich-Ilngarn. Den ganzen So-mmer 1892 hindurch stand Wien unter dem Zeichen jenes glanzvollen Werkes, F'avilron der Stadt ZSien. das, dem genialen Geiste der Fürstin Pauline Metternich entsprungen, von einer Anzahl energischer und sachkundiger Männer in bewunderungswürdiger Weise in Scene gesetzt wurde — wir meinen die Internationale Musik- und Theater-Ausstellung im Prater. In besonders hervorragender Weise haben sich um das Gelingen dieser von echt künstlerischen Geiste getragenen Ausstellung zwei Männer verdient gemacht: der Präsident Markgraf v. Palla- vicini und der. Generaldirector kaiserlicher Rath Dr. Emil Anspitzer. Wer einen Einblick- gewinnen konnte in die übermenschliche Summe von mühevoller Arbeit, welche auf den Schultern dieser beiden Männer lastete, wird ihnen den Zoll der Anerkennung nicht versagen können. Hatte die Ausstellung auch nicht materiell den Erfolg, den man von ihr erhofft hatte, — sie schloß nämlich mit einem nicht sehr großen Deficit ab — so ist doch der wirthschaftliche und moralische Erfolg der denkbar größte gewesen,. denn der. Fremdenzuzug nacO Wien war in diesem Sommer ein überraschend großer, Handel und Gewerbe erfuhren eine nicht zu unterschäyende Befruchtung durch die Ausstellung Was also nicht der Ausstellung selbst unmittelbar zu gute kam, nützte doch der Allgemeinheit, ganz abgesehen davon, daß Wien auch dem Auslande gegenüber neuerdings seinen alten Ruf als Metropole der Musik und darstellenden Kunst zu bewähren Gelegenheit hatte. Autoritäten auf dem Gebiete der tönenden Künste, wie Tommaso Salvini, der bekannte Pariser Kritiker Sarcey und eine große Anzahl von Musikern und Schauspielern fremder Nationen haben rückhaltslos ihrer Bewunderung Masca^ni. über diese großartige Veranstaltung Ausdruck gegeben. Roch, lange werden in der Erinnerung der Besucher jene glänzenden Feste fortleben, die bei Tage die Räume der Ausstellung mit einer bunten drängenden Menge erfüllten und Nachts den Abglanz ihrer märchenhaften Lichterpracht an das Firmament warfen, daß man ihn auf meilenweite Entfernung hin noch wahrnehmen konnte. Blumenfeste, Jahrmärkte, Corsi mit unmuthigen Coufetti-Coriandoli-Schlachten wechselten in farbiger Fülle mit einanber ab; den Höhepunkt der festlichen Veranstaltungen aber erreichte die Kaiserfeier am 4 8. August. Wien hat vielleicht noch nie ein Fest von so eigenartiger Pracht gefeiert. Aber in künstlerischer Beziehung von noch höherem Werthe waren die Theater und Musikaufführungen, die von einheimischen und fremden Kunstgrößen verunstaltet wurden. Die Ausstellung selbst hatte ein vortreffliches Symphonie-Orchester, das unter Professor Grädeners Leitung wahre Heldenthaten verrichtete, und unsere ausgezeichneten Militärcapellen, sowie die erste Wiener Schützencapelle besorgte die Promenade- nm|iL Aber das Hauptinteresse concentrirte sich auf die fremden Gäste. Von denen des Ausstellungstheaters nennen wir nur: Das Berliner Deutsche Theater, die Oomeckie Fran^aise Die italienische Goldoni-Truppe, die HamKanswurlttheater. Bürger®^ des Directors Pollini, die Gesellschaft des böhmischen Landestheaters !^^S^^ das Gastspiel der Sonzogno'schcn « ^ Operngesellschaft, die uns die künst- sikalisckien"^. persönliche Bekanntschaft des mu- ber & "'it Mascagni an ÄÄ^ Die Zahl der in der es wird ae?i?i im°"^^" Gesangvereine war Legion; Pott r deS ^ Leistungen des New^ S^f^ „Arion", an den Amktprdn \ap norgesangverein, an den Amsterdamer ^-Ou^peUü-Chor an d^n Hamburger Gesangverein „Flora" zu erinnern. Bon den Componlsten und Gastdirigenten mögen 71 die Amerikaner F. X. Arens und Frank van der Stucken, sowie der spanisch-italienische Tondichter Mancinelli erwähnt sein. Unter, den übrigen Veranstaltungen war eine der eigenartigsten und meistbesuchten die Hanswurstbühne auf dem Hohen Markte. Die reizende alterthümliche Nachbildung des alten Platzes, erfüllt von modernem frisch pulsirendem , okn, war an und für sich ein Bild von eigenthümlicher Schönheit. Und inmitten dieses Platzes erhob sich ein veritables b rattern es Hanswursttheater, das mit seinen tollen Schwänken nicht nur die naive Schaulust ergötzte, sondern auch ein anschauliches Bild von den Anfängen der alten Hanswurstbühne und ihrer Entwicklung bis zum modernen Lustspiel und der modernen Posse gab. — Alles in Allem genommen, war die Musik- und Theaterausstellung eines der gelungensten Schaustücke, das wir in Wien je gesehen. Eines der traurigsten Ereignisse vom Vorjahre warf seinen Schatten auch noch in dieses Jahr. Am 4. Juli 1891 wurde das Ehepaar Emeder nächtlicherweile ermordert. Unter dem Verdacht des Verbrechens wurden am 9. Juli zwei junge Männer, Carl Bauingartner und Leopold Baumgarten-Schier verhaftet, aber im August desselben Jahres wieder freigelassen. Nun
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