66 Bauern „mit Hand und Zug" uicht aus- rcichten, mußten Kriegsgefangene herhalten, wenn sie vorhanden waren; wenn uicht, so wußte mau sich solche durch einen, befreundeten Feldoberst um ein gut Stück Geld,doch immer billig genug,zuverschaffen. Der ehrenfeste Herr v. Trautmansdvrf überließ dem Freiherrn v. Galler anf Riegersburg laut Kaufvertrag vvm 1. März 1645 um 3000 Reichsthaler Kriegsgefangene; werden nicht lauter Mohammedaner gewesen sein, und weder Sr. kaiserlichen Majestät Regierung noch auch die hochwürdige römisch-katholische Kirche nahm an solchem Handel irgend welchen Anstoß. Der Gefangenen werden nicht viel weniger gewesen sein als der Reichsthaler, welche der baulustige Freiherr dafür verausgabte. Es bedurfte eben ' einer erklecklichen Anzahl Hände schon zur Unterhaltung des Schlosses allein, dessen Flächenraum mit Inbegriff der Wirthschaftsgebände und Vertheidigungswerke über'25 Joch oder 139 Hektaren beträgt und einen ansehnlichen Wein-, Obst- und Küchen- garten sowie eine ausgedehnte Viehweide in sich faßte. Die obere Burg, Kronegg geheißen, auf der äußersten nordöstlichen Spitze des Felskegels, wird erst durch sieben Thore erreicht; sie hat manche Aehnlichkeit mit dem Hochschlosse der Festung Cattaro. Die Ausschau, welche man von den Gemächern aus genießt, ist eine entzückende, es verdienen aber auch diese selbst eine eingehendere Würdigung, obgleich die meisten ihrer früheren Schätze von den gegenwärtigen Besitzern nach ihren anderweitigenWohnortenentführtwurden. Der bis auf das Getäfel fast kahle Rittersaal hat drei mit Holzmosaik verkleidete Eingänge, ist etwa 20 Meter lang, 8 Meter breit und empfängt sein Licht durch sechs Doppelfenster. In eine der kleinen Scheiben ist die Erinnerung eingeritzt: „Anno 1635 den 6. April hat ßich daß ßauffn angehbt Vnd Ale Tag ein Ravsch geben biß Aufs den 26. detto." Man sieht, daß auch uoch in späteren Zeiteu und im fernen Osten die Gattung des wackeren Rodeusteiner fortblühte. Von den fünfzig Gemächern seien noch genannt: das Türkenzimmer, das Römerzimmer mit Deckengemälden ans der Römersage und deutschen Versen im Morithatenstyl;derunterMutiusScävola lautet z. B.: „Mutius des Königsselen tudt Er sticht den Canzler wohlgemut Seiu Hand zur Straf hclt er gar bald Jn's Feyer, verbrents mit Gwalt." Dann das Bilder-, Fürsten- und endlich das Sibyllen- oder Hexenzimmer mit zwölf weiblichen Brustbildern in abenteuerlicher Gewandung. Im Erkerfenster hängt das Bildniß eines unglücklichen Mädchens, das, weil es Blumen in jeder Jahreszeit zur Blüthe bringen konnte, als Hexe mit dem Tode bestraft wurde. Unter den Besitzern des Schlosses ist jedenfalls der merkwürdigste die dreifach verwitibte Elisabeth Galler, vom Landvolk der Umgegend die schlimme Liesel genannt. Sie war eine gar unternehmende Dame, lebte mit Jedermann in Zank und Proceß, sogar mit der hochwürdigen Geistlichkeit, und mußte deshalb oft empfindliche Kosten tragen. Auch mit ihren Ehegemahlen sprang sie curivs um und brächte sie bald glücklich unter die Erde. Ihr erster, der k. k. Hvf-Kriegspräsident und Festungs-Commandant Hans Wilhelm Freiherr v. Galler, stack oft in Geldnöthen, wagte es aber nicht, seine schönere Hälfte um Hilfe ynzugehen. In seiner Bedrängniß verkümmelte er dann unter der Hand mancherlei Kostbarkeiten des Schlosses an die Kopreinitzer Juden; als Frau Liesel davon erfuhr — denn man konnte ihr nicht leicht ein X für ein U machen"— entwand sie ihm durch Vergleich vom 1. Mai 1649 den Mitbesitz am Schlosse gegen ein Entgelt von 15.000 fl., mit welcher Summe der Herr Commandant auch bald fertig geworden wäre, hätte ihn nicht der Tod wenige Monate nach dem Vergleiche ereilt. 4 67 Der kaiserlichen Regierung in Wien I war es uicht ganz einerlei, wer in Riegers- ^" bürg Befehle ertheile; sie legte darum der Gallerin nach dem Ableben ihres ersten Gemahls einen kaiserlichen Hauptmann ins Schloß und trug ihr bei Vermeidung von 2000 Ducaten Strafe auf, diesem die Schlüssel der Beste auszu- händigen „zur besseren Helchaltnng der Disciplin unter der Besatzung". Diesem Ungemach zu entgehen, heiratete die Witwe in Eile den kaiserb. Obersten Freiherrn Detloff v. Kapell, der 1664 in der Schlacht von St. Gotthart gegen die Türken fiel. Schon zehn Monate daraus ging, die bereits betagte Frau mit dem Freiherrn Hans Rudolf v. Stadel eine dritte Ehe ein. . Der neue Gemahl war aber ungeschickt genug, .es seiner Gesponsin alsbald vermerken zu lassen, warum er sie geheiratet hatte, worauf sich diese kurz entschlossen scheiden ließ, das Testament änderte und ihre Tochter und deren Lrebeswerber zu Besitzesuachfolgern be- stlnimte. Von der gräflichen Familie Gallern war noch im letzten Jahrzehnt ein Sprosse Thierhüter im Grazer Laudhause, ein anderer Hausknecht in einer Herberae für Fuhrleute. Dadurch kam die Riegersburg 1672 ul deu Besitz der Grafen Purgstall. Seit der Gallerin scheint das Pro- cesslreu ein unzertrennliches Anhängsel der Riegersburg geworden zu sein; denn es entstanden nun neuerdings Jahrzehnte dauernde Rechtsstreite unter den Verwandten. Das Schloß kam dann ans einer Hand in die andere,bis es October 1822 durch öffentliche Versteigerung um den Preis von 150.000 fl. an den Fürsten Johann v. Liechtenstein fiel, der daraus wieder ein Fideicommiß machte. Roch im Augenblick bildet es eine» Theil des rerchen Besitzes dieser Familie, ist aber wie erwähnt, von ihr dem Verfalle preisgegeben. -m^r^och .haust auf Riegersburg eiu Ver- t seinem Gesinde, welcher den Auch die beiden Tragthiere Loisl und Hansl, eiu Brüderpaar von Eseln wie es frommer nicht gedacht werden kann, mußten in die fürstliche Tretmühle im Stamzerhof zu Graz wandern. Die einst reich ausgestattete, iu zwei ziemlich geräumigen Gewölben untergebrachte Rüstkammer ist im Laufe der Jahre fast gänzlich geleert worden, ihre werthvollsten Bestünde sind unter dem gegenwärtigen Besitzer theils nach Seeben- stein bei Wiener-Neustadt, theils nach Hollenegg bei Deutsch-Landsberg gewan- • • ?M wird auf Riegersburg ein eigenthümliches Marterwerkzeug gezeigt' ein hölzerner Strafhandschuh, in welchem die rechte Hand des vermeintlichen oder wirklichen Uebelthüters gezwängt und dieser alsdann an einem öffentlichen Platze der Verhöhnung und Beschimpfung anheimgegeben wurde. Dieser Handschuh fuhrt die bezeichnende Aufschrift: „Laß stehn waß nicht dein ist, Sonst stirbst, eh du krank bist!" Die Riegersburg kann sich mit Fug und Recht eine Jungfrau nennen, bezwungen ist sie niemals worden, aber sie nützte auch nicht viel. Wenn der „Erbfeind" (die Türken, zuweilen auch Ungarn und Serben, Kuruzzen geheißen — das steierische und niederösterreichische Landvolk schwört heute uoch bei „Krutzi-Türken") seine räuberischen Einfälle ins Land machte so zog sich die schwache kaiserliche Be- satzung m den befestigten Landstädten gemach auf Riegersburg zurück und das am meisten bedrohte Landvolk fand da insofern Unterkunft, als es die nöthigen Lebensmittel mitbrachte. Die Türken waren aber schon damals recht schlaue Taktiker: sie ließen das ungeschlachte Riegersburg links oder rechts liegen und machten ungehindert Beute auf dem I flachen Lande. 5*
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