Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1893

18 ich den Forstrath, diesen arroganten, unwissenden jungen Menschen sprechen höre," unterbrach der Förster schroff seine Frau. „Seine Stiniine und sein falscher Blick find Gift für mein Blut. Nun, heute soll er den Förster Braun kennen lernen.,— Und du," rief der Förster seiner, achtzehnjährigen Tochter- Clara zu, unterstehe dich nicht, während meiner Abwesenheit vom Hanse mit dein Forstadjnnclen Werner ein Wort zu wechseln. Ich warne dich!" „Aber lieber Vater, wie wäre so etwas möglich?" bemerkteClära erröthend. „Ich werde Herrn Werner doch nicht in, Walde aufsuchen." „Schweig! ich weiß recht gut, daß Ihr Beide Euch an geheimen Orten trefft Das dulde ich nicht Du hast mit Herrn Werner überhaupt nichts zu sprechen. Dieser Mensch ist ganz unwissend in seinem Fache, er ist boruirt —" „Ich bitte dich, sei doch nur gerecht," sagte seine Frau lächelnd. „Du selbst hast Herrn Werner das beste Zeugniß ausgestellt, du nanntest ihn deinen Freund und Eure Freundschaft währte bis zu dem Tage,, an welchem du die Eutdeckuug machtest, daß Herr Werner sich für unsere Clara lebhaft interessirt. Seit jener Zeit beurtheilst du ihn ganz falsch, was hast du an ihm auszusetzen?" „Alles!" rief der Förster zornig ans. „Er ist auch so ein Protectionskinderl, wie der Forstrath. Den Frauenzimmern den Kopf verdreh'», das versteht er; als Forstmann ist er blitzdumm." „Aber sei doch nur gerecht. Herr Werner ist tüchtig in seinem Berufe, er ist arbeitsam, strebsam —" „Er ist ein fleißiger Wirthshausbesucher, ein passionirter Spieler —" höhnte der Förster. „Das ist er nicht." „So? Wo. bringt er denn den größten Theil der Nacht zu, he?" „Im Walde. Er geht den Wilddieben scharf aufs Korn." „Hat aber noch keinen erwischt. Der und den Wilddieben scharf aufs Korn gehen! Da ist mein Dachsl gescheidter und couragirter als dieses Milchgesicht von einem Forstadjunct." „Du kauust ihn eben nicht leiden, weil er sich um unsere Clara bewirbt. Was mich betrifft, ich würd' ihm getrost unsere Tochter anvertrauen." „Aber ich nicht. Clara wird die Fran des Baron Zdeneks und damit basta." c „Fragst aber nicht darnach, ob unser Kind mit dem Baron auch glücklich wird. Er ist ein Vierziger — " „Aber gesund und rüstig, ein Hüne an Gestalt —" „Und nicht im mindesten liebenswürdig Dazu ist er ungebildet, roh, rücksichtslos, herzlos —" „Ist mir lieber, als wenn er zu viel Herz hätte. Mich neune« die Leute auch roh und herzlos. Bin cs auch. Was gehen mich die Leute au?" „So hör' doch auf! Du und herzlos! Ja, vielleicht für den, der dich nicht kennt. Ein goldener Kern in einer rauhen ' Schale." „Aha, jetzt kommt Ihr mir mit Schmeicheleien. Wird wenig nützen. Es bleibt bei dem, was ich beschlossen habe." „Ich begreife nur nicht," rief Frau Braun aus, „was eigentlich dir an dem Varon so sehr gefällt, daß du ihn durchaus zum Schwiegersohn haben willst! Früher war ihm unsere Clara gleich- giltig; erst als er erfahren, daß sie nach ihrer Taute eine Erbschaft von 25.0 0 Guldeu gemacht hat, begann er sich für sie zu interessiren." „Er braucht ihr Geld nicht —" „Nun, nun, sein Gütchen tragt ihm just uicht so viel ein, als daß , 25.000 Gulden für ihn eine Bagatelle sein sollten." - „Jetzt aber habe ich die Sache endlich satt," rief der Förster aus, indem er nach seinem Hnt laugte. „Hier Aerger und in der Stadt erwartet mich jedenfalls auch nichts als Aerger. Schöne Feiertage! Dn," rief, er mit Strenge seiner 'leise in sich hineinschluchzeuden Tochter zu, „daß du heute Abends endlich dem Baron dein Jawort gibst. Ich verlange es von dir. Ich bestehe darauf. Keine Widerrede! Ihr werdet das thun, was ich befehle." Nach diesen Worten verließ er das Haus, setzte sich auf sein Wägelchen ans und fuhr nach der Stadt, in welcher sich die fürstlich X..............'sche Wirth- schaftscentralkanzlei befand. Der Forstrath von Blankenberg ließ den Förster Braun eine ganze Stunde im Vorgemache warten, bevor er ihn ein treten ließ. Diese Rücksichtslosigkeit fachte nur noch mehr den Zorn des Försters an. Mit finsterer Miene betrat er die Kanzlei, die bezüglich der Ausstattung weit mehr einem elegant aus- gestatteten Salon einer Weltdame glich, denn einem Arbeitszimmer. Und den Herrn Forstrath selbst, der etwa dreißig Jahre zählte, hätte man immerhin für einen Dandy nehmen können. „Förster Braun," hub der Forstrath mit näselnder Stimme an, „ich muß Ihnen sagen, daß ich mit der Wirthschaft in Ihrem Revier sehr unzufrieden bin. Der Wildfrevel, dort will ja gar kein Ende nehmen." „Und wird wohl auch schwerlich je- inals ein Ende nehmen. Wildiebe gibt's in jedein Forst und auf jedem Gut, wv's was zu jagen gibt," bemerkte der Förster, zitternd vor Erregung. „Aber in Ihrem Revier wird es bald mehr Wilddiebe als Wild geben." „Das ist nicht wahr. Ich biu mit dem Wildstand in meinem Revier ganz zufrieden und ich hoffe, Seine Durchlaucht ist cs ebenfalls. Wenigstens hat Se Durchlaucht bezüglich des Wildstaudes in meinem Revier wiederholt seine vollste Zufriedenheit ausgedrückt. Erst in letzterer Zeit kaum ich nichts mehr recht machen, jetzt kommt eine Rüge nach der anderen." „Förster Braun, die Rügen sind wohlverdient —" „Das ist nicht wahr." „Wollen Sie mich Lügen strafen?" 19 „Was Sie mir da vorwersen, Herr Forstrath, ist eine Unwahrheit und eine Ungerechtigkeit. In meinem Revier geht's wahrlich uicht schlimmer zu als iu jedem anderen Revier." „Das muß ich besser wissen —" „Nein, Herr Forstrath, das muß ich besser wissen." „Mäßigen Sie sich!" „Sogar Sr. Durchlaucht würde ich die Wahrheit iu die Augen sagen." „Ich werde vou Ihrer Aeußerung Sr. Durchlaucht Meldung machen." „Meinetwegen." „Den Nath würde ich Ihnen ertheilen, daß Sie so bald als möglich um Ihre Pensionirung ausuchen." „Was?" rief der Förster brandroth im Gesichte aus. „Ich soll mich pensioniren lassen? Weshalb? Ich bin süufundfünfzig Jahre alt, gesund und rüstig und erfülle meine Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen." Der Forstrath zuckte geringschätzend die Achseln. „Hm," sagte er, „ist man mit Ihnen unzufrieden, so wird man Sie einfach peusioniren, ob Sie nun wollen oder nicht." „Haben Herr Forstrath noch etwas zu befehlen?" fragte Braun mit mühsam unterdrückter Wuth. „Nein. Sie können sich entfernen." Mit einem Fluche auf den Lippen stürzte der Förster zur Thüre hinaus, fetzte sich auf sein Wägelchen und fuhr im schnellsten Tempo zum Städtchen hinaus. Auf dem Marktplatze hörte er sich Plötzlich bei seinem Namen rufen. „HerrFörsterBraun,"rief einFranen- zimmer, das einen Brief in der Hand hielt, „dieses Schreiben ist für Sie. Eben hat es mir mein Herr, der Ober- förster Hannemann, mit dein Auftrag übergeben, auf die Post zu tragen. Nun Sie aber just iu der Stadt sind und der Zufall Sie mir in den Weg führt, können Sie sich den Bries mitnehmen." „Was enthält ec?"

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