Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1893

14 findmig. Ich glaube, die gute Frau, die wir leider schon vor mehreren Jahren zu Grabe getragen, hat ihre edle That nie zu bereuen gehabt, denn Angela hat ihr bis zu ihrem seligen Ende nur Freude gemacht und ist überhaupt ein Muster von Tugend, Arbeitsamkeit und Sittsamkeit. Deshalb hat sie auch der reiche Müller trotz ihrer zweifelhaften Herklinft allen Anderen vorgezogen." „Dazu soll er sich nur die Lust vergehen lassen," brauste der Oberst auf, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug. „Indes, Herr Podesta, wir sind Euch zu großem Dank für Eure Erzählung verpflichtet. Ihr werdet mir dieselbe schriftlich und amtlich bestätigen, und diese hundert Scudi übergebe ich Euch zur beliebigen Verfügung, macht damit, was Euch gut dünkt. Ich werde Eurer Beihilfe noch bedürfen, denn aus der Hochzeit Angela's mit dem alten Müller wird ein für allemal nichts Ich, der Freiherr Hans von Fürnberg, Herr ans Weiteneck und Loibeu, kaiserlicher Oberst, thue Einspruch und werde meine Rechte auf das Mädchen nachweisen. Das könnt Ihr nur gleich Eurem Reverendo anzeigen und, wenn Ihr wollt, auch unter Einem ein erstes, zweites und letztes Aufgebot bestellen für das hochgeborne und edle Freifränlein Margaretha von Fürnberg mit dem Freiherrn Erwin von Wartenegg. Der Herr Pfarrer soll nur für morgen Alles zil einer Hochzeit, wie sie Feliciano noch niemals gesehen hat, vorrichten." Der Bürgermeister erstarb beinahe in tiefster Ehrfurcht, als er hörte, welch' vornehme Fremdlinge plötzlich nach Feliciano gekommen waren. Er hatte gar nicht den Muth, um deren Ausweise zu fragen, denn die hundert Scndi führten für ihn die beredteste Sprache. Er empfahl sich in devotester Weise und versicherte, daß die Befehle Seiner Excellenz ans das Prompteste vollführt werden würden. Nun waren aber auch Onkel und Neffe nicht mehr zn halten. Sie ließen zwei Rosse satteln und sprengten mit verhängten Zügeln nach dem Gehöfte, das sie noch vor Einbruch der Dämmerung erreichten. Schon von Weitem gewahrte das scharfe Ange Erwin's die zierliche Gestalt Angela's, die ans der Landstraße langsam daher schritt. Als sie den Hufschlag der Rosse- vernahm, stieß sie einen Freudenschrei ans und eilte mit beflügelten Schritten den Reitern entgegen. Erwin stürzte vom Roß und in die ansgebreiteten Arme der Geliebten. Der Oberst aber stieß einen Freudenschrei ans und schrie jubelnd: „Kein Zweifel mehr — das leibhaftige Ebenbild der Mutter. Kind, meine kleine Formichetta, komme an die Brust deines Vaters!" Angela oder wie wir sie jetzt bei ihrem wirklichen Namen Margherita nennen wollen, entwand sich der Umar- mung Erwin's und sah fragend bald zn ihm, bald zu dem alten Herrn empor. Dieser nahm sich gar nicht die Zeit zn langen Erörterungen, er erstickte das Mädchen beinahe mit seinen Liebkosungen. Erst allmälig gelangten die drei glücklichen Menschen in ihrem Freudenrausch zur Besinnung und zu gegenseitigen Aufklärungen. In Margherita waren nur wenige Erinnerungen aus ihrer frühesten Jugendzeit zurückgeblieben und das, was sich erhalten, waren nur schreckliche Bilder. Am tiefsten hatte sich allein die Reminiscenz an die todte Mutter eingeprägt, alles Andere verschwamm in unbestimmten Erinnerungen. Der glückliche Vater hatte überhaupt weder Lust uoch Neigung, in den Schmerzen der Vergangenheit zu wühlen. Sein humoristisches. Kin Kraftmensch. Mit der menschlichen Kraft wird jetzt Sport getrieben und ein solcher Riese ward angeklagt, bei einer Schlägerei lebensgefährliche Hiebe ausgetheilt zu haben. Bei der GerichtsveiHandlung erschien er ohne Vertheidiger. „Warnm haben Sie Niemanden mit Ihrer Ver- theidignugbeauftragt?" fragte derRichter. „Ich brauche keinen Vertheidiger und bin mir selbst genug," entgegnete der moderne Herkules. „Kommt einmal heran, Herr Richter, mit allen Wachleuten, wenn Ihr Lust habt, ich schlage Euch Alle in Franzen." Guter Grund. Ein Arzt ging mit seinem Freunde auf der Straße, als dieser plötzlich sagte: „Lassen Sie uns dem hübschen jungen Weibchen dort aus dem Wege gehen, sie 15 Gottvertrauen hatte ihn nicht verlassen; sein geliebtes Kind war ihm wiedergegeben und die Gegenwart war eine so glückliche, daß er über deren Wunder alle erduldeten Seelenleiden vergaß. Er verzieh sogar um der vergötterten Tochter willen der Mutter und ehrte deren Grab, das Margherita alljährlich geschmückt hatte, durch Errichtung eines Denkmals, das er in Mailand ausführen ließ. Wir können nun füglich unsere Erzählung schließen, denn was jetzt noch zn berichten wäre, werden sich unsere Leser, ohne ihre Phantasie anzustrengen, leicht selbst ergänzen. UnsererChronistenpflicht gemäß haben wir nur noch zu berichten, daß Erwin und Margherita wenige Tage nachher in der Kirche von Feliciano getraut wurden, daß das glückliche Paar mit dem geliebten Vater und Onkel feierlichen Einzug auf Schloß Weiteneck hielt und daß das Ameiserl in keiner Weise der leichtfertigen Mutter nachschlug. kennt mich und ist nicht ganz wohl zu sprechen auf mich. Ich behandelte ihren Mann „Ah, ich verstehe, Sie hatten das Unglück, ihn dorthin zu schicken, von wo mau uicht wiederkehrt." „JmGegentheil," erwiderte derDoctor, „ich habe deu alten Herrn gesund gemacht." Ein Gourmand erzählte im Kreise von Freunden: Gestern ging es bei uns hoch her, wir ver- schmausten zwei Spanferkel. — Wie viel waren Sie denn dazu? fragte man. — Wir waren unser Drei. — Wer denn Alles? — Nun, ich und die zwei Spanferkel. Derselbe bezeichnete auch die Gans für einen dummen Vogel, für Einen ist's zu wenig und Zwei sind zu viel.

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