32 fahren wir somit, welcher Zahlmittel sich der österreichische Verkehr in der nächsten Zeit bedienen wird. Es sind dies: Neue Go'dmnnzen, Silbergulden und Silberkronen, Scheidemünzen, bestehend aus Silber, Nickel, Bronze und Kupfer, Staats- und Banknoten. Alle Fragen, welche die Zusammensetzung des Geldumlaufes unmittelbar vor Aufnahme der Barzahlungen betreffen, werden in dem Münzgesetze noch nicht gelöst, sondern sind weiteren legislativen Acten Vorbehalten. Ans diesen künftigen Vorlagen werden wir erst erfahren, ob die Negierung die Absicht hat, auch nach Herstellung der Barzahlungen die vorhandenen Silbergulden Oester- reichischer Währung als Zahlmittel mit unbeschränkter Zahlkrast in Circulation zu lassen und in welchem Betrage. Vorläufig wissen wir nur, daß die Silberprägungen bis auf eine kleine Ausnahme gesetzlich auch vom Staate eingestellt werden, und daß aus dem vorhandenen Vor- rathe von Silbergulden 734 Millionen Silbergulden in 200 Millionen Silberkronen umgeprägt werden sollen. Dadurch wird sich der vorhandene Bestand an Silbercourantgeld, der mit den Vereinsthalern auf etwa-220 Millionen geschätzt wird, um 734 Millionen verringern, aber die Bestimmung des Restes werden wir erst aus einer späteren Vorlage erfahren. Ebenso wird die Regierung erst später die Modalitäten für die Einlösung der Staatsnoten und für die Aufnahme der Barzahlungen in einem Gesetzentwürfe fordern. Eine solche Trennung der Action ist unvermeidlich, weil vorerst die Mittel beschafft werden müssen. Die. Regierung verspricht ausdrücklich, im geeigneten Zeitpunkte Vorlagen wegen Einlösung der Staatsnolen zu machen. Die Quote bei dieser Einlösung ist schon jetzt festgestellt, daß Oesterreich 70 und Ungarn 30 Percent zu übernehmen hat. Ein Münzvertrag soll bis zum Jahre 1910 geschlossen werden, und jede der beiden Regierungen hat das Recht, die Fortsetzung der Verhandlungen über die Aufnahme der Barzahlungen und über die obligatorische Einführung der Kronenrechnung zu verlangen. Das Münz gesetz enthält daher nur die unbedingt nothwendigen Bestandtheile unserer künftigen Münzverfassung, welche schon in der Periode des Ueberganges und der Vorbereitung nicht zu entbehren sind. Eine lange, mühselige Arbeit der wissenschaftlichen Forschung und praktischen Vorbereitung hat ihren Ausdruck in diesen Entwürfen gefunden, welche dazu' bestimmt sind, das Unheil entwertheten Geldes allmälig zu beseitigen, eine Periode wirthschaftlichen Fortschritts und ökonomischer Erstarkung einzuleiten, Oesterreich auch in monetärer Beziehung auf das Niveau der Culturvölker zu heben. Älle Freunde des Vaterlandes und selbst die Gegner der Goldwährung müssen von einem Gefühl des freudigen Stolzes ergriffen werden angesichts der Thatsache, daß die Monarchie durch die- fleißige, nüchterne und zähe Arbeit der Bevölkerung mächtig erstarkt ist und sich die Kraft zutrauen darf, an ein Werk zu schrecke', welches das politische Ansehen der Monarchie steigern, das berechtigte Selbstbewußtsein der Bürger festigen, die Würde des Reiches erhöhet! wird. Vor Allein drängt sich aber die Frage auf, welcher monetäre Zustand wird durch die vorliegenden Gesetzentwürfe geschaffen weiden? Das Problem der Valuta-Reform in Oesterreich best ht ans zwei fundameutalen Theilen. Es handelt sich darum, von der gesetzlichen Silberwährung zur Goldwährung überzugehen, das Verhältniß zwischen dem alten und dem neuen Gelde zu bestimmen, die Währung zu wechseln. Man bezeichnet dies kurz als Regelung der Valuta. Es handelt sich aber auch darum, an die Stelle eines uneinlöslichenPapiergeldes, bestehend aus Staats- noten undBauknoten, metallisches Geld u. metallisch eiulöslicheNoten zu setzen. Dieses Problem betrifft die Aufnahme de^ Barzahlungen oder, wie cs auch genannt wird, die Herstellung der Valuta. Die Gesetzentwürfe, welche heute dem Reichsrathe vorgelegt wurden, können die Valuta nicht unmittelbar und nicht sofort Herstellen; sie können die Ausnahme der Barzahlungen nicht unmittelbar und sofort verfügen. Dazu fehlen der Monarchie vorläufig die Mittel, nämlich jene Quantitäten an Gold und ausgeprägten Münzen, welche nothwendig sind, um sowohl den Staat bezüglich der Staatsuoten, als auch die Bank bezüglich der Banknoten zur Einlösung des Papiergeldes zu befähigen. Die Gesetzentwürfe haben somit den Zweck, durch die Regelung der Valuta und durch die Ermächtigung des Finanz- ministers zu einer Anleihe die Herstellung der Valuta und die Aufnahme der Barzahlungen vorzubereiten. Daß die Ausnahme der Barzahlungen das Ziel dieser Gesetze ist, geht aus den nachdrücklichen und wiederholten Versicherungen des Motiveuberichtes hervor. Eine noch kräftigere Bürgschaft für dieses Streben liegt aber in der Thatsache, daß der Finanzminister schon jetzt die Ermächtigung fordert, die ganze Anleihe, welche zur Einlösung der auf Oesterreich entfallenden Quote der Staatsnoteu — es sind dies 218'4 Millionen Gulden oder 183,456.010 alte österreichische Goldgulden — entfällt, aufzunehmen. Damit ist vor dem Jn- lande und vor dem Auslande documentirt, daß es der Monarchie ernstlich darum zu thun ist,, jenen Goldbetrag aufzubringen, der zur Herstellung der Valuta-nothwendig ist. Denn vernünftige Menschen können den beiden Finanz- ministern nicht die Absicht znmutheu, jährlich so viele Millionen Zinsen für eine Anleihe zu zahlen, wenn das Gold die Bestimmung haben sollte, müßig in den Kassen zu bleiben. Kurze KHroniK von Steyr und deffen Jndnstriebezirk. Von Anfang Ztpttmber 189! bis Ende AuguK 1892. Auch dieser Zeitabschnitt in der Chronik unserer Stadt war der Fortentwicklung und Weiterbildung aller jener Unternehmungen gewidmet, welche in den Vorjahren ins Leben gerufen worden waren. So hatte auch die Waffenfabrik, das Herz des Handels und Gewerbes der Stadt Steyr, noch aus dem Vorjahre namhafte Bestellungen zu effectuiren, zu welchen überdies neue Aufträge kamen. Die anderen Eisenindustrien, besonders die der Messerer, hatten zwar in dem bezeichneten Zeitraume noch mit der Ungunst der Handelslage zu kämpfen, die erdrückende Concurrenz der auswärtigen Weltfirmen, welche mittelst Maschinen im Großen die bei uns heimischen Eisenwaaren erzeugen, zu ertragen, doch ist diesbezüglich eher eine Wendung zum Besseren als eine Verschlechterung der Lage zu verzeichnen. Eine reiche Getreideernte und eine noch reichere Obsternte erhöhten die Kaufkraft der Landbevölkerung und übten dadurch einen wohlthätigen Einfluß auf den Handel der Stadt, der überdies durch den Ausbau der Steyrihalbahn wesentlich gefördert wurde. Sowie die Bürger Steyrs mit emsiger Hand bestrebt waren, die industrielle und gewerbliche Entwicklung der Stadt zu fördern, so arbeiteten sie auch unverdrossen an der geistigen Fortbildung der Heranwachsenden Generation. Die nunmehr wieder um einen Jahrgang erweiterte k. k. Oberrealschule, Bürger- und Volksschulen, Fortbildungs-Cnrse, wissenschaftliche Vereine und solche, welche auch der ärmeren Jugend durch humanitäre Unterstützung das Gebiet des Unterrichtes erweitern, sind die Grundlagen derjelben. — Nach diesen allgemeinen Betrachtungen gehen wir nunmehr an die Berichterstattung über die einzelnen erwäh- nenswerthen Vorkommnisse im obigen Zeitraume und greifen dabei vorher auf einige solcher zurück, welche noch in die letzten Tage des August 1891 fallen. m t Der vom Verein der Schulfreunde gegründete Knabenhort erweist sich immer mehr als eine große Wohlthat für die Bevölkerung Steyns. Dem hochverdienten Vorstande dieses Vereines, dem Herrn Franz Tomitz, gelang es, demselben die hohe Auszeichnung zuzuwenden, daß das Institut den Namen des Kaisers führen dürfe. Infolge dessen gestaltete sich das allerhöchste Geburtsfest Sr. Majestät am 18. August 1891 zu einer hervorragenden patriotischen Feier. Vormittags versammelten sich nach Besuch eines Festgottesdienstes in der Stadtpfarrkirche die Zöglinge des Knabenhortes in ihrem festlich decorirten Heim, woselbst sich auch Herr Viceb ürgermei ster^R^l/ der Herr k. k. Bezirksschulinspector Anton Rolle- d er, mehrere Professoren, Lehrer und andere Festgäste einfanden. Ersterer und der Vereins- Vorstand Herr Franz Tomitz hielten patriotische Ansprachen an die Anwesenden, auch wurde ein vom Herrn Lehrer Riener verfaßtes und vorgelesenes Erinnerungsblatt vertheilt. Nachmittags fuhr der Knabenhort mittelst Steyrthalbahn zur Hauno ld mühle, woselbst die allbeliebte Familie Putz den jungen Güsten einen äußerst freundlichen Empfang bereitete. Bei frohem Spiel und Gesang verfloß gar schnell die Zeit und um 8 Uhr abends wurde der Heimweg angetreten. Am 27. August stürzte der Taglöhner Anton Wieser in Dietachdorf vom Heuboden in den Hofraum und blieb sofort todt. Ebenso plötzlich starb die hiesige Wirtin Frau Marie Jaro sch in s ky, welche auf dem Turner-Tanzkränzchen am Sonntag den 30. August, auf welchem sie noch fröhlich getanzt hatte, mfolge eines Gehirnschlages ihren Geist aufIn Neuhofen erhängte sich am 2. September in einem Anfall von Geistesstörung der Landwirth Josef Neumayer. In Sierning veruntreute der dortige Gein e: n d e s e c r e t ä r F r a n z R e i t n e r aus den lhm anvertrauten Geldern im Verlaufe der ^zahre fast 10.000 fl. Der neugewählte Bürgermeister dieses Ortes, Herr W e g s ch e i d e r, dem die verschiedenen Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsgebarung Reitners auffielen, suspendirte denselben, wodurch es dann dem Defraudanten unmöglich war, seine That noch 2
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