16 17 der Führung des Herrn v. Vollmar in München gebildet. Dieser hatte den Dreibund Zur einstweiligen Erhaltung des Friedens für geeignet erklärt; dann nahm er die Eocial- demokratie gegen die Verleumdung in Schutz, als könne sie ini Fall eines Krieges mit Deutschland der nationalen Sache untreu werden und endlich verlangte er, daß der Kampf um die socialdemokratischen Forderungen auf parlamentarischem Boden ausgefochten werden solle. So vernünftig uns und Anderen diese Erklärungen auch scheinen mögen, so erregten sie doch im Lager der Rothen große Entrüstung und Herr v Vollmar wurde in Acht und Bann ob seiner Mäßigung gethan. Schließlich wird aber auch die Partei der Extremen zur Erkenntniß kommen, daß die heutige Socialdemokratie die Gesellschaft und das Bürgerthum nicht aus den Angeln heben wird, trotzdem Herr Singer abermals 100.000 Mark für socialdemokratische Zwecke hergegeben hat. Einen angenehmen Gegensatz zu diesen Zeichen der Zeit bildete die am 19. Juli statt gefundene Eröffnung der Bayreuther Opernfestspiele, welche allmülig einen ganz internationalen Charakter annehmen. Die deutschen Wagnervereine klagten zwar über Beeinträchtigung ihrer Rechte, aber Frau Cosima wies teilen ihr Unrecht und ihre Pflicht nach, der ganzen musikalischen Welt die unsterblichen Schöpfungen des großen Meisters in seinem Sinn zugänglich zu machen. Die Ansprache, welche Fürst Bismarck a'.n 40. August an eine Deputation der deutschen Studentenschaft hielt, verrieth keine gereizte Stimmung. Der große Staatsniann betonte im Gegentheil, daß er der Vergangenheit, d. h. der kämpfenden und erbauenden Generation, während sie der erhaltenden Zukunst angehörten. Vor Allem sollen sie an der Verfassung festhalten und über deren Rechte und über der Einigkeit Deutschlands wachen, dann können wir den Teufel aus der Hölle schlagen. Nach 47jähriger Ruhe hielt es der Bischof von Trier an der Zeit, wieder eine Ausstellung des heiligen Rockes zu veranstalten, welche am- 19. August auf einer Estrade am Hochaltar des Trierer Domes inaugurirt wurde und über eine Million gläubiger Katholiken in die alte Römer- stadt süh"te. Die Trierer Bürger konnten mit diesem Ergebniß ganz zufrieden ein, umsomehr als dieser fromme Act keine Stürme wie im Jahr 1844 unter Bischof Arnoldi hervorrief. Das am' 21. August erschienene Werk Moltke's über den deutsch-französischen Krieg im Jahre 1870/71 erregte in der ganzen Welt gerechtfertigte Sensation. Der große Stratege hatte die Publication bis nach seinem Tode verschoben, um in der Aufklärung über manche frühere unrichtige Darstellungen freier Vorgehen zu können'. Die Frankfurter elektrische Ausstellung, welche im Juni eröffnet worden war, lieferte den Nachweis von den großartigen Fortschritten, welche auf dem Gesammtgebiet' der elektrischen Technik zu verzeichnen sind. Die kolossalste Leistung ist wohl die Kraftübertragung des elektrischen Stromes von den Wasserfällen bei Laufen am Neckar bis Frankfurt, eine Entfernung von 330 Kilometern, wobei noch ein Nutzeffect von 76 Proceut erreicht wurde. Der Kaiser begab sich am 3. September zu deu großen Kaisermanövern bei Schwarzenau in Oesterreich und von dort gut Jnspicirung der bayerischen Armee nach München, die ebenfalls die vollgültigsten Beweise ihrer Schlagfertigkeit abgelegt hat. Am 10. September wurde in -Köln der deutsche Juristentag eröffnet, der über wichtige juridische Fragen Beschlüsse faßte. Am 28. September 1791 wurde.einer der volksthümlichsten Dichter seiner Zeit — Theodor- Körner — geboren und auch dieser Gedenktag wurde nach hundert Jahren in allen deutschen Gauen mit Begeisterung gefeiert. Auch in Oesterreich ging dieser Tag nicht spurlos vorüber, denn in Wien wurden dem gefeierten 22jährigen Dichter seine ersten Lorbeeren zu Theil. Zum Hostheaterdichter ernannt, fand er in der hochbegabten Schauspielerin Toni Adamberger sein Ideal, das ihn zu seinen unsterblichen Dichtungen begeisterte. Der Heldenjüugling fiel im Kampf gegen den Unterdrücker Deutschlands am 26. August 1813. Drei Jahre später reichte Toni dem Director des Münz- und Antikencabinets, ' Arneth, ihre Hand und dieser Ehe entstammte unser berühmter Historiker Alfred Arneth. Das am 6. October erfolgte Ableben des Königs Karl von Württemberg fand nicht allein in Schwaben, sondern in ganz Deutschland aufrichtiges Beileid. Unter seiner Regierung prosperirte das Land, so daß die Steuern herAic ctcütrische KnNntt in Kaufen. abgesetzt werden konnten, auch politisch war das Volk zufriedeugestellt, da die Verwaltung im liberalen Sinn geführt wurde. Da die Ehe mit der Tochter des Czareu Nicolaus, der GroßChcodor Körner. fürstin Olga, kinderlos blieb, so gelangte Prinz Wilhelm, der einzige vorhandene männliche Sprosse der königlichen Linie zur Regierung. Da auch seine zweite Ehe mit einer Prinzessin von Schaumburg seit 1886 kinderlos geblieben ist, so richtet sich das Augenmerk auf Herzog Philipp von Württemberg, k. k. Oberst, geboren 1838, vermält mit der Erzherzogin Maria Theresia, einer Tochter des Erzherzog Albrecht. Kaiser Wilhelm 11. kam selbst, um seinen- Antheil an der Trauer Württembergs zu bethätigen und König Wilhelm II. versicherte dagegen, als deutscher Regent fest und treu zu Kaiser und Reich halten zu wollen. Körn er's Araut. Der IO October 1891 war der 100jährige Todestag des deutschen Dichters Chr. Fr. Dan. Schubart,der in jener traurigen Zeit schöngeistiger Verkommenheit durch seine markante Freiheitsliebe das Schicksal Schiller's theilte, aber unvorB
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