6 Aürtk-B'rsmas Maszary. Am 17. October wurde durch deu Kaiser das kunsthistorische Museum iu Wien eröffnet, diese Kunstschöpfung des Oberbaurathes Baron Hasenauer bildet im Verein mit den anderen dabei beteiligten Künstlern die Krone der Monumentalbauten unserer Kaiserstadt. Am 22. October fand die feierliche Inauguration des für 1891/9'-' gewählten Rectors der Wiener Universität des Professors Dr. Adolf Hraf KalnoNyExner statt. Seine Antrittsrede: „Ueber politische Bildung" erregte auch in weiteren Kreisen Aufsehen, Zur selben Zeit wurde auch der Erzabt des Klosters. Martinsberg, Claudius Vas- zary, zum Erzbischof von Gran und Primas von Ungarn gewählt. Er ist einer der hervorragendsten ungarischen pädagogischen Schriftsteller und gelehrter Theologe, 1832 geboren. Anfangs November kam der Präsident des obersten Gerichtshofes, der 86 jährige Anton v. Schmerling um die Enthebung von seinem Amte ein. Die Ehrenbezeugungen, die dem Schöpfer der österreichischen Constitution bei dieser Gelegenheit wieder zu Theil wurden, lieferten nur den Beweis eines dankbaren Oesterreichs. Sein Name wird aus dem Buch der einheimischen Geschichte niemals verschwinden. Am 11. November wurde die Dele- gatioussession in Wien durch Se. Majestät selbst eröffnet. In der Ansprache wurden die freundlichen Beziehungen zu allen Mächten, die Erhaltung des Friedens, sowie die tnöglichste Reducirnng des Heeresetats betont. Graf Kalnoky ergänzte in seiner Antrittsrede diese Darlegungen, die in ganz Europa mit Befriedigung ausgenommen wurden, Die gesammtePresse beglückwünschte bei dieser Gelegenheit den Leiter der auswärtigen Politik zu seinem 10jährigen Ministerjnbiläum. Außer Kaunitz und Metternich hat sich Keiner so lange auf diesem kritischen Posten behauptet. Ein vorübergehender' Mißton trat in dieser Programmrede durch die Erörterungen des clericalen Abgeordneten Zal- l nger über die römische Frage zu Tage. Kalnoly war derselben klug ausgewichen, indem er einfach negirte. Das italienische Parlament beruhigte sich dann auch mit dieser Erklärung. Im Abgeordnetenhause traten überhaupt um diese Zeit ganz eigenthümliche Conflicte in Scene. Die Männer, welche stets für die Interessen des kleinen Mannes schwärmten, wurden ihrer Tendenz untreu, indem sie den Antrag Plener's, welcher eine Entlastung der Fünf, guldenmänner vorgeschlagen, mit 311 Fall brachten, die Episode Schneider, welcher Stimmzettel fälschte, hatte diesen Parteiführer zur Genüge charakterisirt, Fürst Liechtenstein abjentirte sich bei der Abstimmung über den Plener'schen Antrag, hielt dann aber eine fulminante Rede gegen das Großcapital, in welcher er hauptsächlich gegen die Staatssubbentionen für den Lloyd und die Donaudampfschisffahrt donnerte, die aber trotz Lueger's Darlegungen doch bewilligt wurden. Friedrich Schlögl, der bekannte und beliebte Wiener Volksschriftsteller, beging am 7. December die Feier seines 70. Geburtstages, die seinen zahlreichen Freunden und Verehrern Gelegenheit gab, ihm ihre Anhänglichkeit zu beweisen. Am 9. December wurde der niederösterreichische Landtag einberufen, während die Delegationen ihre Session am 3. December beendigten, in welcher sie die Forderungen der Regierung in loyalster Weise bewilligt hatten. Trotzdem trübte ein arger Mißton diese friedlichen Verhandlungen, die das Kriegsgespenst in unmittelbarer Nähe zeigten, statt es zu beschwören. Jener schwarze Novembertag, der unsägliches Unheil an der Wiener und den europäischen Börsen anrichtete, war eine Folge dieser Allarmgerüchte, welche das Szeps'sche Tagblatt in Scene setzte und die bis zur Stunde noch nicht aufgeklärt sind. Thatsache ist nur, daß die strafgerichtliche Untersuchung wegen Verbreitung allarmirender Gerüchte aus Mangel an Beweisen von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde. Diese betrübenden Vorgänge wurden aber am 7. December durch das große Ereigniß des Kl'. Schsögf. Tages: Die Einbringung des Handelsvertrages im Abgeordnetenhaus in den Hintergrund gedrängt. Die Verhandlungen darüber waren geheim gehalten worden und alle verbündeten Regierungen waren mit großer Behutsamkeit vorgegangen. Daß Handels- und Zollberträge alle Parteien befriedigen können, liegt wohl außer dem Bereich der Möglichkeit, aber der mit einiger Ueberhastung durchgebrachte Vertrag kann stch wenigstens der Zustimmung unserer Land- wirthe erfreuen, du die Ausfuhrzölle auf Getreide, Vieh und andere Lebensmittel herab- gesetzt und auch für viele Jndustrieartikel günstigere Positionen geschaffen wurden. Ani 1 Fe- bruar traten diese Verträge auf eine Geltung für 12 ^abre in Kraft, wodurch eine Stabilität geschaffen wurde, die das erste Symptom einer ökonomischen Wendung ist. Am 7. Decenlber begannen die Berathungen über die neuen Handelsverträge. Ein freudiges Ereigniß fand in der kaiserlichen Familie am !8. November statt. An diesem Tage traf Prinz Friedrich August von Sachsen, der präsumtive Thronfolger von Sachsen, zur Vermählung mit der Erzherzogin Louise Antonia, der ältesten Tochter des Erzherzogs Ferdinand Salvator, Großherzog von Toscana, ein. Der Bräutigam ist 26, die Braut 22 Jahre alt. Die Vermählung selbst fand am 21. November- in der Hofburgcapelle statt. Zn diesen Feierlichkeiten hatte sich auch Erzherzog Heinrich mit seiner Gemahlin nnb Tochter begeben und in wahrhaft tragischer, jedes Herz erschütternder Weise ist dieser 21jähZ»rinz Heora v. Sachsen. rige glückliche Ehebund durch den Tod zerrissen worden. Der Erzherzog hatte alle Feierlichkeiten mitgemacht und sich wahrscheinlich eine Erkäl- tung zugezogen, der er nach wenigen Tagen am 30. November erlag, beinahe zu gleicher Zeit folgte ihm die Gattin im Tode, während die einzige Tochter diesen furchtbaren Schicksals" schlag erdulden mußte. Diese Katastrophe in der kaiserlichen Familie hatte dadurch leider noch nicht ihren Abschluß gefunden. Nur wenige Tage nach dem Dahinscheiden des Erzherzogs Heinrich erkrankte dessen Bruder Erzherzog Sigismund und am 16.. December wurde auch er von derselben tückischen Krankheit dehingerafft. Dieser aber-
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