64 etwa zweistündigem Gange stürzte das so furchtbar gequälte Thier todt zusammen. Diese fluchwürdige That sollte nicht ungerächt bleiben. Anderen Tages, als die unmenschlichen Knappen wieder mit dem alten Bergmannsrufe: „Glück auf!" in die Tiefe der Schächte einsuhren und unter rohen Scherzen ihre grause That belachten, stürzte plötzlich schreckensbleich der Blödsinnige aus der Grube mit dem Rufe: „Der Giglach kommt! Der Giglack kommt!" Da sah er am Berg-j rücken ober dem Stollen ein Bergmännchen stehen, welches die furchtbaren Worte sprach: „Giglach, Giglach, mach' die Gruben zu, die Knappen treiben Uebermuth!" Bald sahen die Knappen, die auch diese Warnung des Blödsinnigen verspotteten, zu ihrem Schrecken, daß sich dessen Worte zu erfüllen beginnen. Von allen Seiten ergossen sich die Wässer des Giglachsees in die Schächte nnd alle Knappen fanden darin ihren Tod. Nur der Blöde hatte sich gerettet. So waren die reichen Silbergrnben der seltsamen Frau für immer ersäuft und konnte nie mehr hier ein Bergbau erhoben werden. Auch der Name der Frau ging mit der Zeit verloren. Noch sieht man die Insel im Giglachsee, doch das Häuschen ist verfallen und die wilden Orkane, die da oben Hausen, fegten die letzten Spuren in den stillen Alpsee. In dem nun dem Verfalle preisgegebenen Schlößchen Hainfelden nächst Unter-Zeyring an der von Judenburg über Hohen Tauern in das Ennsthal führenden Straße zeigt sich an einer Wand der sogenannten Königsstube nachstehende Inschrift: „Als nach Christi Geburt die Zall — Ain Tausend mann schrieb überall — Fünfbhundert und Sechs daneben — Wardt diesem Sitz der Nam gegeben — Aanfelden von Maxmilian — Roemischen König Lobesan — Dem erstn dis nam aus Österreich — Den Purkfridt gab er auch zugleich — Und thett in der Stuben residiren — Wie er in grüeben wollt aussüeren — Das wasser von Perkwech Zeyring — Welches ertrenkhet hat gächling — Vil hundert Knappen auf ainmal — Die Gottes Zorn hat bracht Zufall .— Wegen irs großen über- muett — Dec laider Ja nie thuet! kam guett. — Bald wurden Vier- sechnhundert Frauen — Zu Wittiben, mit grossen trauren — Vor Dreihundert Achtvierzig Jarn — Hat man solchen Jammer erfarn — Das Perkhwerch bis auf diese Stundt — Niemand wider erhöben kunt." Diese Inschrift bezieht sich auf die Anwesenheit König Maximilian's in dieser Stube, welcher 1506 hier längere Zeit residirte, um die im Jahre 1158 durch eingebrochene Wässer ersäuften reichen Silbergruben im nahen Ober- Zeyring wieder in Betrieb zu setzen. Es gelang ihm dies ebensowenig wie der Kaiserin Maria Theresia, welche vom Jahre 1751 an durch sieben Jahre mit aller Energie an dec Wiedererschließung des Silberbergwerkes arbeiten ließ. Ueber den Untergang dieses Bergwerkes, bei welchem an einem Tage 1400 Frauen zu Witwen gemacht wurden, meldet die Sage: Um das Jahr 1158 herrschte über die Gegend vonZcyring ein mächtiger Graf Zähring, welchem auch die Silbergruben zu Ober-Zeyring, die reichsten des Landes, gehörten. Der Graf zog einst gegen die Wällischen ins Feld und fand dabei seinen Tod. Die Witwe des Grafen verließ die Gegend und setzte einen Pfleger über die Bergwerke. Dieser erfüllte jedoch bald seine Pflicht gar schlecht, ergab sich dem Trünke und dem Spiele. Bald ergaben sich auch die Bergknappen allen_ schlechten Leidenschaften, kleideten sich in die kostbarsten Stoffe, tranken theuren Wein und verübten allerlei Frevel. Vergebens sandte die Gräsin Boten an die Bergleute; diese wurde« verhöhnt und es rief zuletzt ein Hutmann: „Der Berg von Zeyring ist unser, die Gräsin soll ihr Silber anderswo holen." Die Menge der Knappen 65 brüllte die Worte nach und es begann ein wüstes Zechgelage, welches bis tief in die Nacht fortgesetzt wurde. Einst zog ein armer Krüppel durch die Gassen an den Schänken dahin, in welchen spielend und johlend die Knappen saßen. Hier hoffte der Arme gewiß ein Almosen zu erhalten und daher trat er in die Schünke mit der Bitte um eine Gabe. Der böse Hutmann sagte hierauf: „Guter Alter, es soll dir eine Gabe werden, welche dich lebenslang an die Knappen zu Zeyring erinnern soll!" Damit zeigte er dem Krüppel einen Silberklumpen. Aber so war es nicht gemeint. Der Hutmann zerschmolz vorerst das Silber in einem Gefäße in der Küche und trat damit hin zu dem Armen, um ihm unter rohem Scherze das glühende Silber über die zum Empfang der Gabe bereiten Hände zu gießen, "so daß der Unglückliche vor Schmerz laut aufschrie und die Rache des Himmels über die Schuldigen herabbeschwor. Aber damit war es noch nicht genug, es sollte bald eine noch grausigere That das Maß der Unthaten der entmenschten Knappen voll machen. Die Knappen begannen zu kegeln und verlachten die Ermahnung des Wirthes, den' Festtag, es war noch dazu der Pfingstsonntag, nicht durch das Spiel zu entheiligen. Die Knappen spielten während des Gottesdienstes und ließen silberne Kugeln gegen silberne Kegeln rollen. Da schlich ein altes Weib mit seinem Enkel, ein frischesKnäblein, an der Kegelbahn vorbei zur Kirche. Der Knabe konnte sich kaum satt sehen an den glänzenden Kugeln und Kegeln und wandte kein Auge davon ab. Da erfaßte den bösen Hutmann, welcher den Knaben eine Weile betrachtet hatte, ein wahrhaft teuflischer Gedanke, er schlich sich zu dem arglosen Kindlein, zog aus der Tasche ein großes scharf geschliffenes Messer und — trennte mit einem Schnitt das blonde Lockenköpfchen vom Rumpfe, um cs mitten unter die Kegeln zu schleudern. Mit Entsetzen sahen die Knappen die blutige Schreckeusthat
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