62 63 Rauschen der nahenden Wässer und rettet sich, alle übrigen finden in der Tiefe der Schächte ihren Tod. Als typische Sage der Auffindung eines Silberbergwerkes sei jene von der Entdeckung des Silberbergwerkes am Hochreichart bei Knittelfeld näher ausgeführt. Vor langer Zeit erschien ein „Wällischer" auf einer Alpe am Fuße des Hochreichart und übernachtete in einer Almhütte, es war in der Sonnenwendnacht. Da bemerkte die Sennerin, wie der Fremde oft in einen kleinen Spiegel blickte, wenn er sich unbemerkt glaubte. Die Sennerin achtete wenig auf das Treiben des Fremden und schlief alsbald ein. Als sie aber um Mitternacht aufwachte, sah sie durch das Fenster, wie der Wällische mit einem schweren Sacke am Rücken den Berghang herabkam. Morgens verabschiedete sich der Fremde von der Schwägerin, indem er ihr einige Silberstücke mit dem Auftrag gab, ja Niemandem davon ein Sterbenswörtlein zu erzählen. Er wollte das nächste Jahr wieder kommen. Die Sennerin aber eilte zn ihrem Bauer und erzählte ihm- das ganz sonderbare Gebühren des Wällischen. Als nun wieder der Tag der Sonnenwende herannahte, befahl der Bauer der Schwägerin, ihm durch Anzüuden eines Feuers auf einem Bergvorsprunge einZei- cheu zu geben, ob sich der Fremde wieder auf der Alpe eingefunden habe. In der That sah der Bauer in der Sonnenwendnacht den Feuerbrand an der vereinbarten Stelle bald auflodern und es begann nun derselbe, mit einem wuchtigen Stocke bewaffnet, gegen seine Alm anzusteigen. Daselbst angekommen, wies ihm die Schwägerin den Weg, den der Fremde, welcher eben die Sennhütte verlassen hatte, einschlug. Bald hatte auch der Bauer die Spur des Wällischen gefunden und kurze Zeit darauf erblickte er denselben in einem Gebüsche stehend. Der fremde Mann wandte sein Antlitz gegen Sonnenaufgang, machte drei Kreuze und murmelte einige Worte in einer dem Bauer unverständlicheu Sprache. Hierauf theilte sich das Gebüsch und es zeigte sich eine Spalte in einer Felsenwand, in welcher der Fremde verschwand. Nach geraumer Zeit kam derselbe mit einem schweren Sacke am Rücken wieder aus dem Felsen heraus. Da sprang Plötzlich der Bauer hervor und forderte von dem Wällischen Rechenschaft, was er hier auf seinem Grund und Boden zu suchen habe, wobei er seinen derben Knotenstock gar bedrohlich gegen das zitternde Männlein schwang. Das zu Tode erschrockene Männchen versprach nun dem Bauer Alles zu entdecken, wenn er ihm nichts zu Leide thun würde. Der Bauer versprach dieses und nun erzählte er, wie er mit Hilfe eines Bergspiegels ein Silberlager entdeckt hätte und verrieth nun dem Bauer das Geheimniß des Einganges zur Felsspalte. Der Bauer schenkte den Sack mit den Silbererzen dem Fremden, welcher sich mit demselben eiligst davon machte, und begann sodann den bergmännischen Abbau des Silberlagers. Diese Sage kommt in mehreren Varianten in einigen Orten Obersteiers vor. Daß derselben ein historischer Sinn zu Gründe liegt, beweist der Umstand, daßnoch vor wenigen Decennien bei Ober-Zeyring ein Italiener im Gebirge in einer Steinhütte lebte, welcher aus gesammelten Erzen Silber schmolz und dasselbe im t k. Münzamte in Graz verwerthete. Charakteristisch ist es eben, daß immer ein „Wällischer" mit der Entdeckung von Gold- und Silbererzen in Verbindung gebracht wird und weist Alles darauf hin, daß thatsächlich die Italiener früher wie andere Völker eine genaue Kenntniß der Edelmetallerze gewonnen hatten und nur die Sage die wällischen Erzsucher mit dem Zauber geheimnißvoller magischer Künste umwoben hat. Was den Untergang der Bergwerke betrifft, so sei hier vorerst der interessantestender steierischenBergmannssagen, der Schladminger Bergmannssage gedacht. Circa 5 Stunden südlich von dem uralten Bergmannsstädtlein Schladming im Ennsthale, welches in der Geschichte des salzburgisch-steierischen Bauernkrieges vom Jahre 1525 eine so tragische Rolle spielte, liegen in bedeutender Seehöhe die zwei Giglachseen. Inmitten des großen Giglachsees erhebt sich eine kleine Insel, auf welcher einst ein Häuschen stand. Daselbst wohnte zeitweise eine Frau, in deren Besitze die umliegenden, damals in großer Blüthe gestandenen Silberbergbaue waren. Mit ihrem großen Reich- thume verband sie aber ein gar seltsames Wesen. Wenn sie nämlich den Bergknappen die Löhne auszahlte, so traf sie immer mit einem Griff in den Beutel den richtigen Betrag, ohne ihn zu sehen oder zn zählen. Da geschah es eines Tages, als sie über die Quelle ihres Reichthumes Betrachtungen anstellte, daß sie den vermessenen Ausspruch that, ihr Reichthum wäre so groß, daß sie nie verarmen könnte. Hierauf trat sie an das Ufer des Sees, zog einen kostbaren Ring vom Finger und schleuderte ihn weit hinaus in den dunklen See mit den Worten: „So wenig mir der See meinen Ring wieder sendet, ebenso wenig wird je mein Reichthum versiegen!" Lange Zeit nachher, als man sie eben wieder erwartete, wurde im See ein großer Fisch gefangen und siehe da, im Bauche desselben fand sich der Ring, welcher nun auf einem Teller der Bergwerksbesitzerin bei ihrer Ankunft gebracht wurde. Beim Anblicke ihres Ringes erblaßte sie, denn nun wußte sie, daß das Maß ihres Reichthumes voll sei und sie frevelhafter Weise ihr eigenes Unglück heraufbeschworen hatte. Es bestätigte sich bald. Einst, als die immer übermüthiger und gottloser gewordenen Knappen wieder in der nahen Hopfiese ein wüstes Zechgelage abhielten, kamen sie auf den unseligen Gedanken, einem Stier bei lebendigem Leibe die Haut abzuziehen und ihn dann seinem Besitzer im Dorfe Oberhaus zuzulreiben. Ohne der warnenden Stimme eines Blödsinnigen Gehör zu schenken, vielmehr durch dieselbe noch mehr angeregt, wurde das tolle Vorhaben ausgeführt, und mit abgezogener Haut trieben sie nun das arme Thier singend und johlend dahin. Doch schon nach
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