60 Als dies die Leute erfuhren, waren sie kaum mehr zu bändigen. Sie durchbrachen den Militärcordon, stürmten dem Galgen zu und es hätte nicht viel gefehlt, so würden sie den Henker und seine Knechte gelyncht und den halbtodten Ferencz Nyulassy wie einen Triumphator auf ihren Schultern nach der Stadt getragen haben. Hier herrschte Jubel uud Freude, im Schlosse des Grafen Achmilin hingegen sah man nihts als bestürzte Gesichter. Fast zur selben Stunde, zu welcher sich der traurige Zug nach der Richtstätte bewegte, erschien bei dem Grafen Achmilin, der von etwa hundert fremden Männern in seinem eigenen Hause gefaugen gehalten und gut bewacht wurde, eine Gerichtscommission und erklärte ihn fiir verhaftet. Auf seine Frage nach dem Grunde der Verhaftung, ließ sich plötzlich die Stimme der im Hintergründe des Zimmers auftauchenden Cingalya vernehmen: „Weil du den Geza Achvala erschossen hast." Graf Achmilin erbleichte und machte eine Bewegung, als wollte er sich auf das hübsche Zigeunermädchen stürzen. „Nur hübsch ruhig und gelassen," sagte Cingalya. „Du wirst nicht mehr die Hunde auf mich hetzen lassen, überhaupt Niemandem mehr schaden. Ich selbst habe gesehen, wie du deinen Revolver auf den Geza Achvala abgefeuert hast. Und dasselbe sahen auch zwei von deinen Waldhütern, die hinter dir standen. Diese beiden Männer haben gleich mir ihre Wahrnehmung bei Gericht bereits zu Protokoll gegeben und beeidet. Wie ich dir schon einmal gesagt habe: Du hast dadurch mit einem Schlage zwei Fliegen getroffen. Geza Achvala wie auch der hübsche Ferencz Nyulassy waren dir bei der schönen Arauka hinderlich. Den Einen hast du erschossen und den Anderen hast du als den Mörder bezeichnet und auf diese Art glaubtest du dir Beide aus dem Wege geräumt zu haben. Wie du aber siehst, ist dir dein Plan kläglich gescheitert." Graf Achmilin schleuderte dem Zigeunermädchen einen zornflammenden Blick zu und gab keine Antwort. „Nun, ich will es dir auch sagen, daß der Untersuchungsrichter den Schädel des erschossenen Achvala untersuchen ließ und darauf gekommen ist, daß die beiden Schußlöcher im Schädel des Achvala viel zu klein sind, als daß sie aus der alten Reiterpistole des Ferencz herrühren könnten und daß in diese beiden Schußlöcher gerade nur die Kugel deines Taschenrevolvers, den dn immer bei dir trägst und den du auch an jenem Abend, an welchem der Mord an Geza Achvala geschah, bei dir hattest, hineinpassen sollten. Nun, Arpad, was sagst du dazu? Willst du noch immer behaupten, daß Ferencz Nyulassy auf den Geza Achvala geschossen hat?" Graf Achmilin gab keine Antwort. Stieren Blickes schaute er zur Seite, plötzlich griff er in die Seitentasche seines Rockes hinein, langte einen Revolver hervor uud noch bevor es die Umstehenden verhindern konnten, hatte er sich eine Kugel in die Schläfe gejagt. Als Leiche brach er zusammen. Am nächsten Tage erschien in der Csarda der Mutter Wrantoszyi der zum Tode verurtheilte Ferencz Nyulassy uud drei Monate später waren er und die schöne Aranka ein glückliches Ehepaar. Und just an ihren: Hochzeitstage fand man in der Nähe des Grabes des Grafen Arpad Achmilin die Leiche eines in Sanunt und grelle Seide gekleideten Zigeunermädchens. Es war die Leiche der schönen unglücklichen Cingalya. Brrgmannssagen aus drm steierischen Oberlande. Von Aerdinand Krauß. Wor undenklichen Zeiten singen die Bergbewohner nächst dem heutigen Orte Eisenerz einen Wassermann und führten denselben thaleinwärts zu ihren Hütten. Das Männchen sträubte ) sich zwar nach Kräften, aber es half ihm nichts. Da bot der kleine Wassermann gar seltsame Geschenke dem armen Bergvolke für seineFreilassung: Einen goldenenFuß, ein silbernes Herz oder einen eisernen Hut. „Nun wählt, aber merkt: Gold währt nur kurze Zeit, Silber nicht lange, Eisen jedoch immerdar!" Da riefen die Aelpler kurz entschlossen: „Den eisernen Hut, den möchten wir haben! Eisen auf immerdar!" Da wies der Wassermanu auf den Erzberg mit den Worten: „Sehet, dort steht er, dort ist jener Berg, der Euch in Ewigkeit das Eisen geben wird!" Uud seltsam, der Spruch des sagcn- haften Wassermannes ist in Erfüllung gegangen; das lockende gleißende Gold ist längst verschollen und klingt nur mehr in längst vergilbten Lcheusbriefen fort ein. "Nur der einzige Gerechte hört das und auch der Schatz an blinkendem Silber ist in der oberen Steiermark längst erschöpft oder es wurden, wie zu Ober-Zeyring und Schladming, die uralten Gruben von eingebrochenen Wässern ersäuft. Aber der Erzschatz an klirrendem Eisen, welches die Märker seit Jahrhunderten recken und strecken, ist unerschöpft geblieben und bildete bis ^ /Min die jüngste Zeit die Quelle des Wohlstandes des Oberlandes. Aber in der Sage lebt das Schicksal des emsigen Völkleins der Bergleute, welches da in tiefen Schächten pocht und hämmert und das blinkende Silber zu Gute brachte, bis ihr Uebermuth ein furchtbares Strafgericht über sie heraufbeschwor, fort. Der Schatz an Bergmannssagen der oberen Steiermark zerfällt in zwei charakteristische Gruppen, wovon die eine die Auffindung der Bergwerke und die andere den Untergang derselben behandelt. Durch jede dieser Sagengruppen spinnen sich typische Grundzüge. So spielt bei der Auffindung der Gold- und Silberadern immer der „wällische Goldsucher" oder das VenedigerMännchen mit dem zaubervollen Bergspiegel, welcher dem Besitzer die tief in der Erde verborgenen Erzschätze zeigt, die Hauptrolle, während der Untergang der Bergwerke, welcher den Tod aller'Bergknappen im Gefolge hat, immer, durch den Ueber- muth und die Gottlosigkeit der Knappen herbeigesührt wird. Zuletzt begehen sie eine grause Unthat, vergebens warnt der einzige Gerechte unter ihnen jeden von der Einfahrt in die Grube; die Einfahrt erfolgt, aber alsbald brechen die Wässer
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