Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1893

48 schaut dort gebannt ein Denker auf das seltsame Gewirr der Feuer und sich in die Bedeutung derselben in Gedanken verlierend, seufzt er wohl in die Nacht hinaus: Sonnenwende, Sonnenwende, wann erscheinst du auch uns in aller Pracht und Wonne? Die Feuerpunkte werden immer weniger, der Reisighaufen beim Thurm ist niedergebrannt, nur die Gluth noch da und manchmal ein im Verlöschen schwach emporzuckendes Flämmchen, die Plattform wird langsam leer. Dunkel ist wieder über die Rnnde gebreitet und an Stelle des Stimmgewirrs legt sich die hehre Ruhe der Nacht auf Wald und Anger. Die weitaus größte Zahl hat sich mit Fackeln auf den Heimweg gemacht, wem's noch zu früh' war, der zog sich ins Innere des Thurmes zurück. Dort geht's um so lauter her. Eiu Theil erzählt sich beim Biertisch in überfröhlicher Kumoristifches. Werschnappt. Reisender: Was, Sie beziehen diese Waare bei Maier? Na, da kann ich Ihnen ernstlich abrathen, bei ihm weiter zu beziehen und machen Sie lieber bei uns eine Probebestellung. Bei Maier sind Sie aus zwei Gründen angeschmiert: Erstens, ist die Waare keinen halben Kreuzer werth und zweitens haben Sie dort nichts aus directcr Quelle, denn er bezieht die Waare von — uns. Theilnahme. — Du weißt bereits, daß vorgestern meine Frau gestorben ist. — Leider! Du kennst meine innige Freundschaft für dich, Alfred. Ich nehme an deinem Unglücke so viel Antheil, daß ich wünschte (mit einem Seitenblick auf seine Frau), es hätte mich getroffen. Laune seine Beobachtungen, oder wie viel Feuer er gezählt, in welcher Richtung das größte und hellste gebrannt. Die Jüngern sind aber bald den Verlockungen der Tanzmusik gefolgt und wirbeln und drehen sich im ersten Stockwerke sichtlich vergnügt im Tacte. Das dauert gewöhnlich bis Mitternacht. Die Einen übernachten dann in den Holzhütten um den Thurm, die Andern entzünden Späne und Fackeln und treten eine übermüthig lustige Heimfahrt au. Noch lange Zeit klingt ihr Singen herauf, bis auch dieses, immer leiser werdend, in den tiefern Waldgründen sich verliert und erhabene Ruhe rings um den Thurm ist und tiefes Dunkel, nur durchbrochen von den Lichtiäden, die des Himmels Sterne niedergleiten lassen auf die Stätte, die früher so fröhliche Menschen trug. Aas neueste Aeitsch. Ein sächsischer Lehrer: Kiuder- chens, Ihr mißt wer scheene ufbassen, daß Ihr nich so viel Pfehler macht in der deitschen Sprache, besondersch aber bei das Mir und Mich. Ich werd' Eich den Unterschied ganz genau erklären, also baßt uff: Mich is immer der Singular, z V. Heeße.r Kaffee schmeckt mich scheene. Mir ist aberscht allemal dagegen der Plural: z. B. Mir Sachsen sprechen das reinste Deitsch. Wach dem Theater. Frau: Dieses Stück ist wirklich zu reizend; wenn ich es nochmals sehe, dann sterbe ich vor Lachen! Mann: Dann will ich sofort für die morgige Wiederholung des Stückes Karten besorgen. Die Freiheit unter dem Galgen. Aus dem Leben eines Csikos, erzählt von tzduarb I^arit. (Nachdruck untersagt.) n der Csarda der „Mutter Wrantoszyi", wie die Besitzerin des Gasthauses „zum Kossuthhut" allgemein genannt wurde, herrschte wieder einmal lustiges Leben. In Nagy-Folmar war Viehmarkt, aus allen Richtungen zogen Käufer und Verkäufer nach der Stadt und diejenigen, die an der Csarda der Mutter Wrautoszyi vorüber mußten, unterließen es gewiß nicht, bei der immer heiteren und liebenswürdigen Wirthin vorzusprechen. Mutter Wrantoszyi trat für einen Augenblick vor das Haus, um zu sehen, ob aus der Richtung des Marktortes noch immer Fuhrwerk aukomme. Nachdem Frau Wrantoszyi ein Weilchen m der Richtung von Nagy-Folmar ausgeschaut, stieß sie plötzlich einen Ausruf der Freude aus und eilte in die große Gaststube zurück. „Ihr dort," rief sie einigen au einem Ecktische sitzenden Pferdehirteu zu, „rückt zusammen, schafft Platz! Ferencz Nyulassy wird gleich da sein. Wie ein abgeschossener Pfeil kommt er ans seinem Rößlein dahergeflogen." Diese Worte waren kaum ausgesprochen, als im Flure ein etwa vierundzwanzigjähriger, hoch und schlank ge» bauter Mann im schönsten Sonntagsgewand erschien, der von fast allen in der Gaststube Anwesenden mit Jubel begrüßt wurde. Der Eintretende war Ferencz Nyulaffy, ein Csikos, ein armer Pferdehirt, allein er war der flotteste Tänzer, der verwegenste Reiter und wenn er auf seiner Geige spielte, da jubelte das Herz auf oder cs erzitterte in bangen, Weh, durch die Brust zog Liebessehnsucht oder die Thräne des Schmerzes trat ins Ange. Und er war nicht nur ein Künstler auf der Geige, nicht nur ein flotter Tänzer und ein kühner Reiter, er war auch ein hübscher, prächtiger Junge mit schwarzen blitzenden Angen, dem seines liebenswürdigen Wesens und seiner Bescheidenheit wegen 'Jedermann von Herzen ge-

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