Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1893

44 wurde er aber ungeduldig und er fragte, ob der Herr vielleicht ein paar fette Hühner kaufen wolle; das verneinte nun der sonderbare Patron, dieweilen ihm ein Stück Rindfleisch lieber sei, aber aus dem, was die Hühner hinter sich fallen ließen, da wisse er eine gar heilsame Wundsalbe zu bereiten, die weit und breit, sogar bis nach der Türkei versendet würde. Wenn ihn: der Bauer einen Korb voll aber hübsch sauberen und reinen Hühnerdr... liefern wolle, so zahle er ihm bare 10 Mark dafür. Er lasse.ihm auch 14 Tage Zeit zum Einsammeln und dann solle er nur den Korb zum Bader im Ort bringen, dort würde er sein Geld bei Heller nnd Pfennig bekommen. Der Bader war aber auch ein Schalksknecht und stak mit dem unserigen unter einer Decke.' Das Bäuerlein kam ganz außer Rand und Band: 10 Mark für einen Korb Kehricht — das war ihm noch nicht vorgekommen. Er schlug seine Hühner unterm Preis los und machte über Hals und Kopf, daß er auf sein Dorf kam. Einen Metzenkorb Hühnerdr.. zusammen zu bringen, war wohl keine Kleinigkeit, denn die dummen Bicher stiegen eben im.ganzen Hof und Feld herum und er konnte sammt seiner Alten doch nicht den ganzen Tag hinter ihnen drein laufen und absammeln geh'n. Rach 8 Tagen war der Korb noch nicht halb voll und es blieb nichts übrig, als die Nachbarn in Contribution zu setzen. Der Bauer ist aber immer eiu Schlauer. Die plötzliche Nachfrage setzte iu Erstaunen, es mußte da was dahinter stecken und die Preise in Hühnerdr.. gingen an der Bauernbörse sprunghaft in die Höhe. Endlich aber war doch der Korb voll und sauber auf weiße Tücher gebettet präsentirte sich das gemeinsame Product zahlloser Hühner. Die Frau Bäuerin hatte sich's nicht nehmen lassen, mit in die Stadt zu fahren. Einestheils war sie noch immer in Zweifeln befangen und anderntheils tränte sie ihrem Alten nicht betreffs der 10 Mark. So kamen sie Beide im Sonntagsstaat vor die Thür des Baders gefahren und der fremde Herr Doctor mit der großen Hornbrille auf der Nase war auch schon da. Und er hob fein säuberlich das blüthenweiße Linnentuch vom Korb und erfreute sich, baß ob des Segens, den so viele hundert Hühner für ihn gespendet hatten. Dann lud er Bauer und Bäuerin auf einen Imbiß beim Bader eiu, aber der Frau Bäuerin quoll der Bissen im Mund und sie konnte es nicht erwarten, bis die 10 Mark aufgezählt am Tisch lägen. Der fremde Doctor mit der Hornbrille langte auch bereits nach seinem Beutel und fing an die Markstücke aufzuzählen, der Bader meinte aber, man müsse doch vorher eine Probe nehmen und ging flugs hinaus zum Karren und brachte ein Häuflein des Hühnerproductes herein, das er dem Doctor unter die Nase hielt. Dieser roch daran, schaute erst den Bauer, dann die Bäuerin an und rief entrüstet aus: „Da sehe man nur das Bauerngesindel an, das mich beschummeln will, habe ich Euch nicht aufgetragen, mir eitel Hüh- uermist zu bringen und nun ist unter dem Haufen Hühnerdr... darunter, der mir meine schöne, wunderthätige Salbe verderben würde. Schaut, daß Ihr weiter kommt und laßt Euch nicht mehr seh'n." Das gefoppte Bauernpaar zog mit langer Nase ab und hatte zum Schaden zu Hause noch den Spott. Das war eines der Stücklein vom rothen Heiner. Sonnenwende auf dem Schöninger. . Von K. Meininger. enn man von der bedeutendsten Stadt Südböhmens, von der Kreisstadt Bud weis, südwärts gegen die altehrwürdige Bergstadt Krummau wandert, sieht mau in nicht zu großer Entfernung die sanfte Wölbung eines mächtigen Waldrückens hinziehen, den Plansker- wald, dunkel aufstrebend aus der flachen Gegend und sich wieder zu ihr hinab- senkend. Wie eiu Grenzwall strebt er empor nnd steht mit der umliegenden Gegend so sehr im Gegensatz, daß sich unwillkürlich der Gedanke aufringt, hinter ihm liege ein anderes Gebiet, wohnten and're Leute. Mit dem Planster, wie ihn die Leute auch kurz nennen, beginnt die Fülle und eigenartige Pracht der Grenzwälder, welche zwischen Böhmen und Bayern sich ausbreiten. Er ist der letzte Ausläufer, den der Böhmerwald gegen das innere Land im Nordosten vorschiebt. Wenn man das Schloß Krummau, diese „graue Witwe der Rosenberger", wie der Hochwalddichter es nennt, erschaut, zeigt sich der Planskerwald von der südlichen Seite und auf seinem Gipfel schwebt über den Baumwipfeln nun ein grauer Cylinder, der Josefsthurm am Schöninger, dec besseren Fernsicht halber erbaut. Nicht allein weit ins' Land hinein lugt er, sondern neugierig auch bis zur Bergkette des Böhmerwaldes, die Höhen, welche ihn von diesem trennen, um Vieles überragend. Ob des weiten Stück Landes, das man vom Thurme aus überblickt, wird er gerne bestiegen. Sobald es Witterung und Jahreszeit erlauben, hat er Besucher und selbst an klaren Wintertagen, an denen Reinheit und Durchsichtigkeit der Luft das Auge besonders weit in die Ferne dringen lassen, beherbergt er Gäste. Die meisten Menschen aber füllen den Thurm, wenn der Vorabend des 24. Juni da ist, des Tages, an dem bedeutsame Sonnenwende gefeiert wird. Da wallen denn Nachmittags schon von allen umliegenden Ortschaften Schaulustige den Planskerwald hinan. Zumeist sind es die fröhlichen Bewohner Krummaus, die es an diesem Tage nicht unterlassen können, hoch oben beim Thurm lustige Sonnenwende zu begehen, ist er ja bequem iu zwei Stunde» zu erreichen, und das farbenprächtige, wechselvolle Bild, das sie erwartet, lohnt überreich die kleine Mühe. So zieht denn bald einzeln, bald in größerer Gesellschaft Jung und Alt in munterer Unterhaltung oder singend den Wald hinauf. Wem der Weg zu Fuß zu mühsam ist, den bringt ein leichtes Gefährte zum Feste, denn bis knapp vor den Thurm führt eine breite Fahrstraße. Prächtige Waldbestände, erst zumeist die behäbige Föhre, dann schlanke Tannen und Fichten, durch die hie und da ein scheues Reh huscht, oder an nassen Stellen Erlen und andere Bänme, die das Wasser suchen, Holzschläge, besetzt von Baumstrunken, der niederen Erdbeere und der strauchartig emporragenden Himbeere,

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