30 allen Burgen weheten lange, schwarze Fahnen, die Landleute zogen entblößten Hauptes einher: alles das Zeichen tiefgefühlten Leides im Lande und Wahrzeichen des Todes. So verstrich ein Halbjahr. Vergebens hatten sich, um der geliebten Herrin Leben zu retten, zu verschiedenen Malen Mädchen niederer und auch hoher Geburt todesmuthig erbötig gemacht, als Opfersich dem Drachen anzubieten. Alle, die da hiuzogen zum See, kamen unversehrt wieder, der Unhold mochte keine, als Mandica, denn er war nirgend zu erblicken. Aber als Zeichen seines Unwillens begann er mehrmals an verschiedenen Stellen Flammen aus dem Boden zu schlage», welche die Häuser ein- äschertcn und auch Menschenleben gefährdeten. Da entschloß sich Mandica, um größeres Unglück, wohl auch die Pest und unsägliches Elend vom Lande und vielen Tausenden von Menschen abzuwehren, den Gang zum See zu machen. Sie selbst bestimmte den Tag, an welchem dies geschehen Zollte. Da kam der mit Bangen erwartetete heran. Mit dem Grauen des Tages läutete man allenthalben die Glocken, weinend und laut weheklagend strömte die Bevölkerung herbei. Mandica verabschiedete sich vom geliebten Vater, der theueren Mutter. Schwer wie ein Stein lag es ihr im Herzen, der Fuß, wie gefesselt, zögerte, als sie unter ihre Gefährtinnen trat, die sie begleiten wollten. Hundert schöne Mädchen und ebenso viele junge Ritter stellte sich in zwei Reihen, In schwarze, silbergestickte Gewänder gehüllt, hielten die Mädchen je einen Strauß Lilie«, die Ritter je einen von Basilicum. *) So schritten sie je zu zweien langsam den Berg hinab.. Der Weg war mit Blumen bestreut, doch die Blümchen am Raine des Weges senkten die Köpfchen, auf jeder erglänzte, Strickenöo WäbcH en *) Basilienkraut, eine duftende Psianze, die das crvalisrhe Volk besonders liebt. als ob sie weine, eine Thauperle, und die Grillen des Feldes hüpften herbei, als ob sie den Zug sehen wollten. Vorau schritt ein Kind, das ein Lämmchen an goldener Schnur führte, und den Zug schloß Mandica, schön wie ein Frühlingsmorgen. Ihr Haupt bekränzten gelbe Blumen, oberhalb der Stirne schimmerte ein goldener Stern, die linke Hand hält eine Lilie, in dec rechten Hand ruht eine Perlenschnur. Mit Perlen beschenkte sie die weinenden Kinder, die mit den Eltern hergekommen waren, um den Saum des Kleides der Königstochter zu küssen und sie nochmals zu sehens Greise im Silberhaar knieten im Stande und murmelten Gebete. So näherte sich der Zug stille einherschreitend dem See. Da erschien plötzlich hoch zu Roß ein unbekannter junger Ritter schlanken Leibes, schönen Antlitzes und glänzenden Auges. Vom Helme wehete eine lange, weiße Feder herab auf seine Schulter, von der ein weißer Mantel herunter wallte bis zum Sattel. Am Mautel war ein goldenes Kreuz eingestickt. Sein Schwert war mit Edelsteinen geschmückt, von der Lanze wehte ein rothes Fähnchen. Mit goldenen Sporen spornte er sein hohes, schneeweißes Roß, dem eine glänzende Mähne bis zur Fessel hernieder- flvß. Sein Huf war mit Silber beschlagen, stolz seine Haltung, und laut wieherte es dreimal. Der Jüngling befahl dem Zuge zu halten und versprach den Drachen zn besiegen, wenn sie auf Gott vertrauten. Dort auf einem Fels lag der Unhold; sein grün und gelb gefleckter Leib tvar in sich znsammengekrümmt. Längs / des Rückens nnd des langen Schwanzes erhob sich gleich den Zähnen einer Säge ein stacheliger Kamm. Mit blutunterlaufenen Äugen starrte er die Ankommenden an nnd als er den Ritter ersah, brüllte er laut und tvutherfüllt auf. Heftig um sich schlagend, hieb er mit dem Schwänze große Blöcke vom Fels herab und sich auf die kurzen Füße er- .
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