28 29 Will der reiche Rudi das arme Bärbl jetzt mit einem Male nicht zum Weibe, nun, dann hat sie an ihm auch nicht viel verloren. Dvch weiß ich, daß der junge Mann ehrlicher handeln wird. Er gerathet nicht seinem Vater, sondern seiner rechtschaffenen Mutter nach. So, und da nehm' Er noch das Beutelchen mit Gold als Lohn dafür, daß Er den Schatz fo treu bewacht hat und mach' Er sich in Gottes Namen wieder auf deu Weg nach Seiner Heimat. Und von heute au ist Haus, Feld und Garten, das Er bisher von dem Grafen Lemonnier bloß gepachtet hatte, für immer Sein Eigenthum." — Au einemhübschenSonntag nachmittag — etwa drei Jahre nach dem vorstehend Erzählten — konnte man Kaiser Josef und den Geheimrath v. Borke wieder als „Tuchmacher aus Brünn" gekleidet die Straße entlang gehen sehen, die zu dem Gasthause des Wawra führte. „Was glaubt Er, Borke," sprach der Kaiser unter Andern: zu dem Geheim- rath, „hat die Aufhebung der Leibeigenschaft schon sichtbare segensreiche Früchte getragen?" „Vorläufig, Majestät," versetzte der Vertraute des Kaisers, „weiß das Volk noch nicht recht, was es mit seiner Freiheit anfangen soll. Die Leute waren jahrhundertelang zusehr geknechtet. Gleichwohl aber macht sich schon jetzt eine bessere Lebensweise und ein gewisses Selbstbewußtsein bei den Landleuten bemerkbar. Nur allmälig und anch dann nur bei fortschreitender geistiger Ausbildung wird das Landvolk die ihm geschenkte Unabhängigkeit zu würdigen und zu seinem Nutzen zu verwerthe» wissen." Die beiden Herren waren mittlerweile vor dem Gasthause des Wawra augelangt. Wie stattlich sich das Gebäude jetzt präsentirte! Ein Stock war neu aufgesetzt und von beiden Seiten des Hauses lief uach rückwärts eine niedere Maner, die einen geräumigen Hof und den rückwärts liegenden ziemlich vergrößerten Garten umfriedete. Die beiden Herren betraten die Gaststube. Der BodeN derselben war wieder bestreut mit frische» Fichtenspitzen, mit Lavendel und Thymian, was einen ange-' nehmen Duft verbreitete. Und die Wände waren ebenso blüthenweiß getüncht wie vor drei Jahren. Als Wawra, der Wirth, die beiden Gäste eintreten sah, blieb er mit den Zinnkrügen, die er just in Händen hielt, wie Plötzlich zu Stein verwandelt stehen, dann schoß er nach vorwärts, wie wenn er die beiden Herren mit seinem Kopfe niederrennen wollte. „Um Gotteswillen!" schrie er außer sich auf. „Majestät, kaiserlicher Herr, diese Ehre! Diese Gnade!" „Pst! Mach' Er kein Aufsehen! Wir sind hier für Jedermann zwei Tuchmacher aus Brünn, das laß' Er sich gesagt sein. Wie ich sehe, hebt sich Sein Geschäft in erfreulicher Weise," sagte Kaiser Josef, eine» Blick auf die anwesenden Gäste werfend. „Gottlob, Robotten sind keine mehr zu leisten, die Leute haben jetzt doch ein paar Groschen in der Tasche und komme» zu mir ab mid zu, sich zu zerstreuen." „Dort auf den Tisch an: Fenster ant der Anssicht in deu Garten stell' Er uns zwei Krüge Wein." Wawra eilte davon. Er konnte sich vor Freude kauni fassen. Flink wie ei» Eichhörnchen hüpfte er die Stufe» hi»ab, die iu den Keller führten und wieder hinauf mit seinem besten Wein. Jw Vorübergehen an der Küche rief er seinei» Weibe zu: „Mutter, rasch! Das Beste, was Deiue Küche hat! Die beiden Tuch- macher aus Brünn sind wieder da. Du weißt ja, wer sie sind." Kaiser Josef hatte einen Blick in den Garten hinausgeworfen. Zwischen Blumenbeeten stand im Hellen Sonnen- glanz das Bärbl blühend wie eine Rose. An ihrer Hand hielt sie ein etwa zweijähriges pausbackiges Mädchen, ihr Töchterchen. Unweit von ihr staub der Rudi, ein Bild männlicher Kraft und Schönheit. In seinen Armen hielt er sein kleines Söhnchen und mit diesem lief er den: Bärbl nach und suchte es zu erhäschen) was bei dem flinken Weibchen nicht leicht möglich war. „Da braucht mau nicht erst zu frage», ob diese Beiden glücklich sind," sagte Kaiser Josef zu dem mit deu Weinkrügeu herantretenden Wirthe. „So treiben sie's jeden Tag," bemerkte Wawra. „Sie jagen sich Hern»: wie zwei kleine Kinder. Einer möcht' den Andern vor Liebe rein ausessen. Und zu denken, daß ich in meinem Hause anstatt Segen und Glück gewiß jetzt Jammer und Elend hätte, wenn die Herren nicht vor drei Jahren bei mir eingekehrt wären und den Plan des jungen Grafen zu nichte gemacht hätten!" „So hat der reiche Rudi doch das arme Bärbl mögen?" fragte Kaiser Josef „Ach, wie der Rudi von dem Gelde hörte, rief er: ,Bärbl, jetzt will ich Dich Kumovistisches. Der musicirende Winter- rock. Den: reichen Bäckermeister Gottlieb Fürchtegott wurden während eines einzigen Winkers zwei kostbare Winterröcke gestohlen, und zwar geschahe» diese Diebstühle i» Fürchte- gott's Stammkaffceha»s, wo der biedere kugelrunde Bäcker täglich einige .Tarockpartien wit gleichgesinnten Freunden obsolvirte. Fürchtegott war in das Spiel stets so sehr vertieft, daß er kaum gewahr wurde, was um ihn her vor- ging, erklärlich daher, daß es einem findigen Ganner ein Leichtes war, die- kostbaren Röcke des stohleuen Röcken und vom Rockmarder Hackers dnvonzutrageu, ohne von diesem war niemals eine Spur zu entdecken, bemerkt zu werden. Und von den ge- r ~ wie eine Königin schmücken! Du sollst die schönsten Kleider haben, die schönsten Bänder, die niedlichsten Schuhe, den kostbarsten Schmuck/ Der Junge war vor Freude ganz verrückt, aber nur, weil, wie er sagte, er das Bärbl jetzt werde recht glücklich machen können. Bald sind's drei Jahre, daß sie verheiratet sind und weiß Gott, sie wollen aus den Kinder- schnhen gar nicht heraus." Im Kreise dieser braven bescheidenen glücklichen Leute verbrachte Kaiser Josef eine seiner glücklichsten Stunden. Mit den Worten: „Bleibt immer fo ehrlich, zufrieden und anspruchslos und das Glück wird Euch treu bleiben," verließ er das Gasthaus „an der Straße", an dessen Vorderfront noch jetzt eine verwitterte Marmortafel zu sehen ist mit der Inschrift: „Dieses Gasthaus beehrte Seine Majestät. Kaiser- Josef II. iui Sommer des Jahres 1781 und im Sommer des Jahres 1784 niit Seinem hohen Besuche." Das wurmte den Bäcker sehr und er
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