100 und kamst uns in dem Trubel der Welt ganz aus dem Gesicht! Werden jetzt die Schuld bezahlen, wenn's geht!" Und er streckte dein ehrlichen alten Jobst die Hand entgegen, in die der Alte feuchten Auges seine schwielige Rechte ’ legte. „Wir sind alt geworden und hinfällig, was, du gute, alte Haut?" fuhr der Ritter- fort imb sah Jobst in die feuchten Augen, „geht aber nicht anders, meine Jungen werden's auch einmal — richtig! Komm her, Dirne, bist ein schnruckes Ding, mußt auch brav sein, denn Dein Vater ist's immer gewesen — die Geschichte mit dein Engelbert ist also so, wie Dein Vater sie erzählt hat? He?" „Gewiß, edler Herr", sagte das Mädchen und sah dem Ritter treuherzig in die Augen, „der Engelbert ist ein fleißiger, ruhiger Mensch —" „Schon gut", unterbrach sie der Ritter lachend und strich den schon stark weißen Bart, „wollen's glauben, kennen den Burschen auch als Solchen, aber Strafe muß sein —" Ritter Pruno v. Glunick hielt inne und betrachtete das Mädchen, das verlegen an der Schürze herumglättete und wie hilfesuchend zu ihrem Vater auffah. *) Heute Guling, schon in der Steyermark drüben. **) Markgraf Ottokar VI. schenkte Gulch laut Stiftungsurkunde dein Kloster Gleink. „St. Georg, keine Angst", polterte der Ritter gutmüthig heraus, „gepeitscht wird der Engelbert nicht, aber aus Strafe wird er verbannt vom Hofe — soll Förster sein in Gulch*), ist dort der Alte vor et- lich Wochen gestorben! Werde das schon durchsetzen, im Kloster zu Glunick**), hab dort einen Stein mehr im Brett als Andere, der Jobst, Dein Vater, weiß das ivohl — St. Georg, jetzt wird's wohl recht sein? He?" Statt einer Antwort ergriff das Mädchen des Ritters Hand und küßte sie, während der alte Jobst so gerührt war, daß er nur nickte und mit der Hand sich über die Augen fuhr. — Ritter Pruuo v. Glunick hielt Wort. Bald darauf hielten Jrmgard und Engelbert zu Glunick Hochzeit, das hatte Ritter Pruno, der ihr Beistand war, so gelvollt, und zogen dann fröhlich nach Gulch, wo Engelbert als Förster des Klosters bestallt worden war. Dem Jobst aber blieb Ritter Pruno auch lveiters dankbar zugeneigt, denn die von Glunick vergaßen keine Wohlthat; nicht, wenn sie ihnen Gott erwies, und nicht, wenn sie von sterblichen Menschen kam — das Kloster Gleink bezeugt das heute noch! Kurze KHroniK von Steyr und Umgebung. von Ällfaug Ztptcmber 1880 big Ende Äugust 1891. Die Zeitperiode, über welche dieser kurze Rückblick auf die wichtigsten Vorkommnisse berichtet, war nicht von außerordentlichen Ereignissen begleitet, und doch wurde in emsigem, ausdauerndem Schaffen ruhig weiter gearbeitet, um im vernünftigen Fortschritte die Stellung zu behaupten, die der Stadt und dem Industrie- bezirke Steyr gebührt. Wie in allen indnstrie- reichen Gegenden, gehen die Geschicke der Industrie und der Landwirthschaft miteinander Hand in Hand, und da mit freudiger Genugthuung berichtet werden kann, daß die Stahl- und Eisenindustrie sich im Allgemeinen reger Geschäftsthätigkeit und günstiger Geschäftsverhältnisse erfreute, so war das abgelaufene Jahr auch für die ackerbautreibende Bevölkerung des Steyrer Bezirkes ein zufriedenstellendes. Der Herbst des Jahres 1890 erfüllte den Landwirth mit Befriedigung, da das Ernteergebniß ein gutes war und trotzdem die Getreidepreise ein Erträgniß ermöglichten, das eine anständige Verzinsung der Werthe an Grund und Boden lieferte. Nur die Obsternte war sehr ungünstig ausgefallen und deckte den eigenen Bedarf nicht, so daß die gewinnbringende Ausfuhr an Mostobst beinahe ganz entfiel. Für die industriellen Verhältnisse nicht nur der Stadt Steyr, sondern auch deren Umgebung im weiten Umkreise ist die Thätigkeit der österreichischen Waffenfabrik von geradezu ausschlaggebender Bedeutung. Es erregte daher allgemeine Freude, als in der ersten Woche des September die Mitglieder des Executiv- Comite's des Verwaltungsrathes der österreichischen Waffenfabrik, die Herren Dr. Johann Hochhäuser und Robert Baron v. B u d d e n- brock, von Budapest zurückkehrten und eine Bestellung von 75.500 Repetirgewehren mit- brachten, welche für die königl. ungarische Honvedarmee zu liefern waren. Die Bestellung sicherte nicht nur wieder auf längere Zeit die Beschäftigung der Waffenfabrik, sondern war besonders deßwegen so erfreulich, weil sie in Folge der Unfähigkeit der ungarischen Waffenfabrik, brauchbare Gewehre zu erzeugen, gemacht wurde. Die ungarische Waffenfabrik war nämlich nicht im Stande, die vertragsmäßig bedungene Anzahl übernahmsfähiger Gewehre zu erzeugen, und in Folge dessen wurde sie geschlossen, um später unter der Patronanz der ungarischen Regierung in anderer Form vom Neuen zu erstehen und die Gewehrfabrikation zu versuchen. Seit der Erwerbung des Carl Ludwigplatzes war es das lebhafte Bestreben der Stadt- gemeinde-Vorstehung Steyr's jenen Theil des Gemeindegebietes von Garsten, welcher zwischen dem bisherigen Stadtgebiete und jener Grenzlinie liegt, die vom linken Ennsufer, zwischen der Villa Steindl und der Reithoffer'- schen Gummiwaarenfabrik durch, über die Neu- lustfelder bis hinter das Neulustgut führt, dem Gebiete der Stadtgemeinde Steyr einzuverleiben. Nachdem die Unterhandlungen mit der Gemeinde Garsten zu einem Resultate geführt hatten und die Ueber- nahmsbedingungen seitens der Steyrer Gemeindevertretung genehmigt worden, wurde vom Landesausschusse in seiner Sitzung am 1. September die Bewilligung zur Jncorpo- rirung ertheilt und dadurch die Grenzen der Stadt so weit hinausgerückt, daß der Carl Ludwigsplatz und die neu anzulegende „Valeriestraße" in das Gebiet der Stadtgemeinde Steyr fallen. Die Bahnbauten des zweiten Bauloses der Steyrthalbahtt schritten unter dem Bauunternehmer Herrn Alfred Ritter von Pischoff rüstig vorwärts, trotzdem gerade in der Strecke von Grünburg bis Molln die größten Hindernisse zu überwinden waren. Um auch den Bau der Strecke von Molln bis Herndl zu sichern, wurde für dieselbe die Subscription ein- geleitet und beschloß der Gemeind erath in seiner Sitzung am 5. September hiezu 50.000 fl. zu zeichnen. .. Der Pfarrer von Wolfern, Se. Hoch- wurden Herr Franz Xaver Dandorfer, litt seit drei Jahren an einer schweren Kopfkrankheit, die im letzten Jahre seinen Geist zerrüttete. einem unbewachten Augenblicke entfernte er sich aus dem Pfarrhofe und blieb längere Zeit verschollen, bis er am 6. September in der Hauslache des Hanslahrergutes zu Spitzeu- vurg, Ortschaft Kroisbach, gefunden wurde, wo er offenbar verunglückt war.
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