96 97 thun gelobt: Zuerst, als mein selig' Eh'- gemahl, zum andern, als mein Vetter nnd Freund auf den Tod darniederlag — da bat ich Dich um ihre Rettung und that ein frommes Gelübde; Du hast mein Opfer nicht haben wollen! Jetzt gelob' ich's ivieder, ein gottgefällig Werk 311 thun, wenn Du mir den Sohn erhältst —!" Erst leise, dann Heller und stärker tönte bei diesen Worten das Glöckchen vom Thurme der Burgcapelle herüber. Der Ritter nahm das Barett vom eisgrauen Haupte und sich fromm bekreuzigend, murmelte er leise: „Ave Maria!" Mit wahrer Andacht hatte er gebetet und Friede und Hoffnung kamen ivieder über ihn und in dieser gehobenen Stimmung setzte er sich jetzt mit dem eben eingetretenen Burgcaplan zum Nachtmahle. II. • Der Tisch war eben abgeräumt worden und der Ritter und der Priester saßen sich jetzt gegenüber an der Tafel und besprachen die Vorsallenheiten des verflossenen Tages. Da stieß der Thürmer in's Horn. „Den Tönen des Hornes nach ist's ein Pilgrim, der zu so später Stunde Einlaß begehrt", meinte der Ritter. „Wollt doch nachsehen, ehrwürdiger Herr, wer das sein mag, und den Fremdling hieher geleiten, wenn er uns ebenbürtigen Standes ist!" Der Priester erhob sich und ging hinaus, um dem Auftrage nachzukommen, und kehrte in wenigen Minuten mit einem alten Mönch zurück, dessen Aeußeres verrieth, daß er heute einen ziemlich weiteit Weg gemacht haben mußte. Der RittLr erhob sich und gieng ihnl einige Schritte entgegen. „Gott zum Gruß in Glunick, ehrwürdiger Vater", sagte er und schüttelte dem Besucher herzlich die Hand. „Ihr begehrt wohl Herberge von mir?" *) Tudicha, Todicha, Tuedik, das heutige Dietach. Es wird schon im Jahre 777 im Stiftungsbricfe von Kremsmünster genannt. Es war damals eine Filiale der Sicrniugerpfarre. „Ich begehre sie nicht, aber ich bitte darum", entgegnete der Mönch bescheiden, „es ist auch nicht ohne Grund, daß ich gerade von Euch, edler Herr, Obdach heische —" „Dann doppelt willkommen in Glunick", unterbrach ihn der Ritter freundlich, „mag was immer Euch in diese Mauern geführt haben, davon später — jetzt stärkt und labt Euch mit Speis und Trank und Gott segne Euren Eintritt!" Der Ritter lüftete bei den letzten Worten etwas das Barett und die beiden Geistlichen neigten ehrerbietig die Hällpter, dann nahmen sie an der Tafel Platz und ein Knappe trug geschäftig kalte Speisen auf, allein der Mönch schob alles dankend zurück und nahm nur etwas Obst und Brot zu sich und trank dazu Wasser aus dem Zinnkruge. „Ich bin seit einigen Jahren Eremit", sagte er, als er den fragenden Blick des Burgherrn gewahrte, „und da ziemt's sich nicht, Fleisch zu essen, das ich zu meiden gelobt —" Der Ritter nickte. „Ihr seid wohl iveit von hier an-" säßig?" frug er dann. „Nicht weit von Tudicha*) steht inl Walde meine Klause, Herr Ritter", ant- ivortete der Eremit, „aber heilt hab' ich drüben in Sierning zu thun, wohin man mich zu einenr Schwerkranken rufen ließ —" „Um demselben den Trost unserer heil. Religion zu spenden? Traun, das ist ein weiter Weg llnd in Sierning ist doch ein Priester —" „Ei, ja doch", nickte der Eremit, „ich bin wohl Priester, aber auch Arzt und da sollt ich nachsehen, ob der Kranke noch zu retten.wäre —" „Ah — Ihr seid auch Arzt", sagte der Burgherr aufhorchend. „Es ist so, ivie Ihr sagt, edler Herr, und ich lobe Gott dafür, daß ich nicht der unwissendste bin. Ich war lange Zeit in Bpzanz und in Kleinasien", setzte er wie entschuldigend für seine vorigen Worte hinzu, „und was ich weiß, verdanke ich griechischen und jüdischen Aerzten, mit deneir ich Umgang pflog —" „Euch sendet mir der Himmel selber hieher, frommer Bruder", rief Arnhalut lebhaft aus und ergriff die gebräunte Rechte des Eremiten, „auch ich habe eine» Kranken im Haus, einen Schwerkranken — es ist mein Sohn, der siech und todesmatt auf seinem Lager der Auflösung näher ist, als der Genesung —" „Ich weiß es", nickte der Eremit, „und deßhalb nahm ich meinen Weg III. über Glunick. In Sierning sagte mir die traurige Mähr einer Eurer Knappen, der dort zu thun hatte — Jobst glaub' ich ist sein Name — nnd bat utich, am Rückwege ja nicht an Glunick vorbei- zuziehen, ohne Euren Pruno besehen zu haben —" „Braver Jobst, das will ich Dir nicht vergessen", murmelte der Ritter und setzte rasch hinzu: '„Dank aber Euch, ehr- ivürdiger Herr, für Euren Entschluß. Wann ivollt Ihr den Kranken besehen?" „Gleich, wenn thunlich", entgegnete der Eremit, „denn ivenn mich Euer Knappe gut unterrichtet hat, so eilt die Sache nnd ist, ivie Ihr ja selbst soeben sagtet, Gesahr im Verzüge. —" Der Ritter hatte sich erhoben und die innere Erregung spiegelte sich aus seinem Antlitze wieder, als er mit bebender Stimme sagte: „Gleich sollt Ihr zu dein Kranken geführt iverden — ich will nur schnell nachsehen drüben und Bertha benachrichtigen, .wollt Euch ein klein wenig ge- dulden —" und mit jugendlicher Hast eilte der Ritter aus dem Saale, die Brust von neuer Hoffnung geschivellt. Herbst und Winter waren vorüber, Ostern 1113 war mit Frühlingswehen eingerückt in's Land, da feierte man in der Burg zu Glunick ein doppeltes Fest; die Auferstehung des Heilandes und — die Genesung Pruno's von Glunick. Wohl hatte damals der Emerit beim Anblicke des Kranken gar bedenklich das Haupt geschüttelt und sich nichts versprochen, aber seine Kunst und seine Un- ermüdlichkeit krönte schließlich der Erfolg und heute schritt der vollständig Genesene froh und munter mit Bertha durch die 7
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