68 69 Corsas der Sängeryalke. deutsche und österreichisch-ungarische Ströme und Müsse an. Ueberall fanden Ueberschwem- mungen und entsetzliche Verheerungen durch Wasserstuthen statt. Am schrecklichsten wüthete die Moldau in Prag, wo sie schon am 2. ganze Stadttheile überschwemmte, das Natioualtheater bedrohte und am 4. die steinerne Carlsbrücke zum theilweisen Einsturz brächte. 20 Pionniere ertranken bei den Rettungswerken. Der Ruin der in den Jahren 4357—4503 erbauten Brücke mit ihren herrlichen Monumenten und Statuen wird als ein Nationalunglück betrauert. Auch in Wien war die Wassernoth eine große, allein durch das Sperrschiff und die Donaureguliruug verlief Alles ohne erheblichen Schaden. An die Staatsverwaltung, die für die Flußregulirungen in Böhmen nur 230 000 fl. in ihrem Budget Die Präsidenten des Festausschusses für das vierte deutsche Sänacr- Bundesfest: Bürgermeister Ar. Mriz. Kranz Movies. Ar. Kranz Morschste. Heinrich Stendek. Witter v. Ktschstauer. hat, tritt die dringende Nothwendigkeit, um endliche ausgiebigere Abhilfe heran. Einstweilen traten allerorten mit Beiseitlassung jeder nationalen Verstimmung Hilfscomitös ins Leben. Die Wiener freiwillige Rettungsgesell- schaft sandte drei ihrer Küchen- wagen, durch welche iu drei Stunden für 1000 hungrige Mägen gekocht werden kann. Es wurde eine staatliche Hilfsaction für die Hochwasser-Katastrophe mit zwei Millionen dotirt. Der Wiener Gemeinderath votirte sofort fl. 20.000. Die Slaven setzten um diese Zeit eine Stroßmayer-Feier und Socol-Feste in Cilli und Troppau in Scene, blamirten sich aber gründlich dabei. Am 8. September fand in Wien unter dem Vorsitz des bekannten Bauernführers Steininger, Herausgeber der Zeitschrift „Mittelstraße", iu Gobelsburg ein Bauerntag statt. Es wurde die Bildung eines Bundes aus den Bauern aller Kronländer beschlossen und in 20 Punkten ein Programm festgesetzt, dessen Durchführung Vertrauensmännern aus allen Kronländern übertragen wurde. Der schwerbedrückte Bauernstand rafft sich endlich zur Selbsthilfe auf, nachdem seinen berechtigten Anforderungen weder in dem Land- noch Reichstage Rechnung getragen wird. Möge es den kleinen Grundbesitzern aber auch nicht an Einigkeit und Ausdauer fehlen zur Durchführung dieses weitgehenden Programms. Am 9. September beginnen im Wiener Gemeinderath die Berathungen über das neue Gemeindestatut: die Vereinigung mit den Vororten. Am 10. September traf Se. Majestät in Großwardein zu den Honväd-Manövern ein. Der Empfang seitens der Behörden und der Bevölkerung war ein enthusiastischer und ' bestätigte neuerdings die Anhänglichkeit und Verehrung der Ungarn an die Dynastie. . In Prag stürzte am 11. September das noch im Bau befindliche Gebäude der ezechischen Industrie-Ausstellung zum großen Theil wieder ein. Ein böses Omen! Am 12. September, dem Tag der Befreiung Wiens von den Türken, wuxde das Denkmal, welches dein im Jahre 1683 ver- storbenen Wiener Bürgermeister Liebenberg errichtet worden war, feierlich enthüllt. Er war einer der Helden jener bewegten Zeit und führte nicht nur die Feder, sondern auch' das Schwert mit gleicher Kraft. Ein sehr wichtiger Tag war auch der 13. September, da an demselben die Sprengungen des Eisernen Thors in: Beisein der serbischen und ungarischen unb des österreichischen Handelsministers feierlich begonnen wurden. Damit wird endlich die Schifffahrt auf der unteren Donau frei. Nach Beendigung der ungarischen Manöver bcgab sich unser Kaiser am 16. September über Kaiser Wilhelm II. in Wien. Breslau nach Schloß Rohustock zu den schlesischen Manövern unter Leitung Kaiser Wilhelms II. Schon in Breslau wurde Se. Majestät von der Kaiserin Augusta aufs Herzlichste und von der Bevölkerung mit aufrichtigemJubel empfangen. Die beiden Kanzler Kaluocky und Caprivi waren ebenfalls gekommen und wurde das österreichischdeutsche Bündniß nun auch nach der wirthschast- licheu Seite erweitert. Diese großartigen Manöver, bei welchen das rauchlose Pulver seine erste größere Erprobung erfuhr, endigten am 20. Septeniber. Die beiden Kaiser verabschiedeten sich in Liegnitz und der deutsche Kaiser konnte wohl mit Berechtigung daraufhinweisen, daß seine Armee seit 20 Jahren nicht schlechter geworden sei und daß diese Ueberzeugung beitragen werde, den Bund zwischen beiden Reichen immer fester und inniger zu gestalten. In Wien starb am 23. September einer der hervorragendsten Nationalökononlen, Lorenz v. Stein, vormals Professor an der Universität, im Alter von 76 Jahren. In den Kohlenrevieren von Mährisch-Ostrau wurden wieder Ausstäude der Bergleute iuscenirt, und nur durch eine imposante Militärmacht konnte die Ruhe bewahrt werden. Der 1. October war ein Freudeutag für Wien. Kaiser Wilhelm II. kam zum zweiten Besuch, und zwar wie er sich iu Liegnitz geäußert, als Sohn zu seinem Vater Franz Josef. Die Wiener Commune hatte eine bedeutende Summe zur Ausschmückung der Ringstraße votirt und verlieh dadurch ihren Sympathien für das deutschösterreichische Bündniß und für den deutschen
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