Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1892

54 hat im Hintergründe rechts den Pfaffenstein, links die Seemauer, jene beiden kahlwändigen Bergesriesen, welche den poetischen Leopoldsteiner See (nordwestlich von Eisenerz gelegen), den Lieblings- ausenthali des, für jeden Steiermärker unvergeßlichen Erzherzog Johann, umschließen. Unsere Reise durch die eherne Mark, welche uns die uralte Eisenindustrie des Vvrdernberger Thales zeigte und durch die neue Verbindungsbahn über den Präbichl zum Erzberg führte, ist mit unserer Ankunft in Eisenerz eigentlich beendigt Bon hier aus geht es noch an dem herrlichen Leopoldsteiner See vorbei nach Hieflau in das, wildromantische Enusthal, durch dieses westlich ins Ge- säuse, jenes geradezu wunderbare Naturgebilde, bestehend aus einer von ungeheuren Felswänden und steilen Bergesabhängen gebildeten, tiefen Schlucht, in deren Grunde die wildschäumende Enns braust, über Admont und Rottenm^nn zurück ins Paltenthal, durch welches uns das rasche Dampfroß führt. Die neue Z chnradbahn Vordernberg- Präbichl-Eisenerz ist von großer volks- wirthichaftlicher Bedeutung; sie ist die Verbindung zwischen den beiden Sackbahnen Leoben-Vordernberg einerseits und Hieflan-Eisenerz andererseits, dadurch auch die Verbindung zwischen den beiden wichligsten Verkehrswegen der Ober- steiermark, dem Murthale einerseits und Humoristisches. Auch ein Student. Bauer (im Wirthshaus zu seinem Sohne, der Stndent ist): No, Franzl, Host leicht scho gnua, weilst zahlst? Sohn: Achtzehn Halbe, ist das nicht schon zu viel? Chorus der Bauern: Jessas, und dös will a Student sein!? dein Ennsthale andererseits. DaS rohe Erz sowohl, wie die, bereits mannigfach bearbeiteten Eisenwaaren, welche ihren Ursprung aus dem ungeheuren Erzlager des steierischen Erzberges genommen haben, sowie auch endlich die verschiedensten anderweitigen Landesproducte werden nun je nach Bedarf nach Norden oder nach Süden auf weit kürzerem Wege gehen können, die Lebensbedingungen der ganzen Gegend werden sich in günstigster Weise heben und Industrie und Landwirthschast so aus dieser neuen Verkehrsader ihren bedeutenden Nutzen ziehen. Ein Anfang hiezu ist schon gemacht, indem die neue, großartige Coaks-Hoch- ofenanlage in Donawitz, welcher in diesen Zeilen schon Erwähnung geschah, nur mit Rücksicht auf diesen Bahnbau unternommen wurde, denn erst infolge des Letzteren ist es möglich, das Erz rasch und billig nach Donawitz zu verfrachten, um es hier auf Eisen zu verschmelzenAber auch für den Touristen ist die neue Bahn von großer Bedeutung, dem« durch dieselbe werden Vordernberg, sowie Eisenerz erst dem Weltverkehre erschlossen und wirb es nun dem Fremden möglich sein, diese Perlen der österreichischen Alpenländer mit ihren wunderbaren Umgebungen, ihren himmelanstrebenden Berg- spitzen und Kalkmauern, sowie auch endlich den hochinteressanten Erzberg selbst leicht, bequem und vor Allem aus allen Richtungen rascher wie früher zu erreichen Sonnenwende. AuS dein steierischen Volksleben von Hart Netterer. s gibt — sagt man in Steier- mark — einen Sommer- und Winter-Hansel. Ersteren (24. Juni) nennt der Landwirt!) auch denMethhansel. Warum denn? „Ja, wenn man am die Rauchhanslischen aufs Feld, wo daS Brennmaterial aufgeschichtet ist, hinaus. Die liebe Jugend gesellt sich auch zu den Erwachsenen, natürlich, sie muß zusehen, wie es die „Alten"' machen, denn sowie dieAlten sungen, zwitschern einst die Jungen, heißt es im Sprichworte. Feierliche Stille herrscht im Freien. Die Sterne stimmern am Firmamente. Ein leises Lüftchen regt sich; die Gras- halme, wiegend ini Winde, flüstern sich zu: Heute ist Sommerwende, bald werden wir den Sensen der Mäher zum Opfer fallen. Freilich nach Sonnenwende beginnt der Gebirgsbauer zu „heuen". O, ihr armen Blümchen auf den Auen, wenn die Mähezeit beginnt!... Des Rauchhansl Best begibt sich Arm in Arm mit dem Großknecht Stöff auf die Langwiese, wo das Sonnen- wendfeuer bereits in Hellen Flammen aufschlägt. Das Dirndl muß auch dabei sein? Versteht sich! — Ader Best, hast zuhause schon die Sonnenwendbüschel bei Thüren Utld Fensterkreuzen angebunden? Freilich, die Holde that 's wie es der Brauch ist. „Eichenlaub", „Man- derlkraut", „Nebenans", „Jnngfernhaar" rc. band das Mädel in Büschel und befestigte diese an der Stallthür, „beim Treidkasten, beim Ausnahmsstübel, bei den Viehstallungen, Hausfenstern u. s. w. Der „Nebenaus", meint die Bell, sei gut gcgen's Einschlägen. Jedes Blümerl hat seine besondere Bedeutung und Wirkung. Wlr wollen das Mädchen heute ungeschoren lassen und nicht weiter befragen, wvzn jedes einzelne Blümerl gut sei. An der Seite des Buben schlendert das Dirndl ganz vergnügt der Feuerstelle auf der Langwiese zu. Der Großknecht läßt langsam das Mädel'los; je näher er der Feuerstelle kommt, desto respecivoller bleibt er hinter Vefi zurück. ' Man weiß es — weshalb? Der Bauer, Sonn'wendtag häufig*) Meth trinkt," weint der Kerzler Thomerl, „kriegt man das Jahr über kein' Kreuzweh!" Der Sommerhansel bringt also den Meth zu Ehren, der Winterhansel dagegen den Wein, denn am 27. December — am Winterhanseltag —■ läßt der Aelpler in der Kirche Wein weihen, der dann Johannissegen genannt wird. Dieser „Segen" hat seine eigenen Wirkungen. Unter Anderem soll er gut gegen Kopfweh sein. Wir wollen 's glauben, denn der Jodldauer Ferd trinkt am Winterhanseltag unmäßig viel Johannissegen so viel, daß ihm der Wein in den Kopf steigt. . . . Am Methhanseltag wird nicht nur brav Bieth getrunken, sondern man brennt auch allerorts die SonNenwendfeuer an, ein uralter Brauch, der bekanntlich bis in die heidnische Zeit zurückreicht. Die Sommersonnenwende gab den alten Deutschen Anlaß zu einem bedeutenden Feste, dessen Traditionen in dem christlichen Johannesfeste, das auf dem Lande Uvch vielfach gefeiert wird, fortleben. Beim Sonnenwendfeuerbrennen geht es, ähnlich wie beim Osterfeuerheizen, höchst gemüthlich zu. Am Vorabende des Sonnenwend- lages, wo das Sommer-Solstitium ein- iritt, schleppen die Dorfbursche das Material zum Feuerbrennen zusammen, Uleistens sogenanntes Kienholz. Bei Eintritt der Dämmerung gehen *) viel

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