30 sann auf eine List, wie er einen solchen Gauner, der es just auf seine kostbaren Röcke abgesehen habe, auf frischer That ertappen könnte. Und siehe da, es fiel ihm richtig ein unbezahlbarer Gedanke ein. Er ließ sich einen schönen Stadtpelz machen, der an die 150 Gulden kostete und bei einem Jnstrumentenmacher, einem Künstler in seinem Fache, ließ er für schweres Geld ein überaus sinnreiches Instrument verfertigen. Dieses sah der Form nach wie ein mäßig starkes Buch in Oktav aus. Und man hätte es auf den ersten Blick auch für ein Buch gehalten. Allein an einer der Flachseiten dieses Buches waren einige hervorspringende Knöpfe angebracht und nur ein ganz leiser Druck auf diese Knöpfe genügte, und das Buch oder richtiger gesagt das buchförmige Musikinstrument fing niit lauter Stimme den bekannten Walzer „Nur für Natur" zu spielen an. Mit diesem Instrumente glaubte Fiirchte- gott vor jeder Diebsprelle gesichert zu sein. Er brauchte das- kleine Ding ja nur unter das Futter seines Pelzes auf den Rücken zn schieben, wenn er sich zur Tarockpartie niedersetzte und kam just ein Rockmarder und legte den Pelz an, so mußte durch den Druck des Rückens auf die vorspringenden Knöpfe das „Merkel" zu spielen anfangen und der leidige Strauchdieb war in flagranti ertappt. Beruhigt ging von nun an Fürchte- gott in sein Kaffeehaus,-«nd bevor er sich zum Spiele niedersetzte, vergaß er selbstverständlich niemals, sein kostbares Musikinstrument unter das Futter des Pelzes auf den Rücken zu schieben. Und so wartete er in aller Gemüthsrnhe der Dinge, die da kommen werden. Allein Tag um Tag verstrich, und „Nur für Natur" wollte sich aus dem Pelze nicht hören lassen. Schon glaubte Fürchtegott, daß er diesen Winter vor Rockmardern verschont bleiben werde, als für ihn ein großer überraschender Tag anbrach. Nichts Schlimmes ahnend, stach der Bäcker eben mit einem Sküs ■— da, mit einemmale, welch eine Ueberraschung: „Nur für Natur" schlug im schrillsten Tone an sein Ohr und mitten in dem Kaffeelocal stand ein junger Mann, angethan mit Fürchtegotts kostbarem Pelz und schaute erst ganz verblüfft um sich, dann drehte er sich wie närrisch geworden um seine eigene Achse, und gleichsam aus seinem Rücken heraus gellte es mit Heller Stimme: „Nur für Natur." Die Gäste, die keine Ahnung von der List des Bäckers hatten, forschten erstaunt, woher die Musikklänge kamen und Fürchtegott kugelte sich förmlich vor Lachen inr Anblick des sich wie ein Kreisel drehenden Rockmarders, der förmlich Jagd zu machen schien nach den aus seinem Rücken hervorbrechenden Musikklängen. „Habe ich Dich endlich, Dn Schlau- cherl?" trinmphirte Fürchtegott, indem er sich die Lachthränen aus den Augen wischte. „Gleich kommst Dn her!" rief er dem sich närrisch drehenden jungen Mann zn. „Und hängst meinen kostbaren Stadtpelz auf den Haken, von den ihn Deine Diebssinger herabgenommen haben. Und läßt Dich ruhig in Banden und Ketten legen und in den Arrest abführen." Aber was that der Dieb? Anstatt gehorsamst und reuevoll dem Befehle des dicken Bäckers nachzukommen, schoß der junge Fant sammt dem kostbaren musi- cirenden Stadtpelz zum Locale hinaus, und er war schon längst verschwunden, als die Gäste auch nur eine Ahnung voil dem Zusammenhänge des jungen Mannes und des musicirenden Pelzes hatten. Fangt und schlagt und bindet und spießt den Strolch! schrie der Bäcker außer sich vor Ingrimm. Allein, es war umsonst. Der Dieb ließ sich nicht ein- fangen und den kostbaren musicirenden Stadtpelz, der sammt dem Instrumente über 300 Gulden gekostet, hat Fürchtegott auch niemals wieder gesehen. Das Possenhofer ,Msl". Episode aus dem bayerischen Fürstenhaus. war zu Weihnachten 1837. Die Glocken der Schloßkapellc von Possenhofeu hatten Mit- tag geläutet, als ein Herr, . eine hohe, echt ritterliche Gestalt, den Park verließ und elastischen Schrittes dem nahen Starnbergersee zuschritt. Die freundlichen Züge des Spaziergängers schienen in freudiger Aufregung zn leuchten, wie die eines Menschen, dessen Herz von einer bangen Sorge urplötzlich erleichtert wurde. Von der entgegengesetzten Seite her kam ihm, keuchend unter der Last eines großen Bündels gesammelten Reisigs, ein altes Mütterchen entgegen und bot ihn> ^)r: „Gelobt sei Jesus Christus!" „In Ewigkeit, Amen," antwortete bei Begrüßte. „Na, wohin denn, gutes Frauchen?' letzte er fort, „'s ist wohl recht schwer, Euer Bündel?" „Ja, ja — 's ist freilich arg schwe für so a alt's Weib als wie ich. Aber Du lieber Gott, 's hat halt a Jeder sei Packerl zu tragen, der Eine a großes der Andere a kleiners. Wo i' hin will' rüber nach der andern Seit', nack Mairingen zn meiner Tochter, zu meiner 4-0111" „Nach Mairingen?" sagte der Herr --da braucht Ihr Euch nur hier vom Führ '»au» übersetzen zn lassen." „O, Du lieb's Herrgott'l — über- fetzen lassen! Das kost't ja an'n ganzen Kreuzer — das is' nur was für reiche ^eut'! Nein, nein, i' muß schon am Ufer lang 'rumgehen, werd' schon noch immer Mrecht kommen mit meinen großen Meihnachtspresentern. Hi, hi, hi, hi" — 1° lachte sie recht ironisch. „Und was sind denn das für Prä Kniet, wenn man fragen darf?" . „Na, hier das Reisig für die Wirth- fchaft, und hier in dem Sackerl a Gngelhops und a paar Eier, die mir der hochwürdige Herr Pfarrer für die fünf Kinder mitgebeu hat, 's ist gar große Armuth, Jammer und Noth in den Hütten drüben. Der Tochtermann ist kurz erst aus'm Spital kommen — die Toni selbst is' a nit recht g'sund, und die'Kinder, die sind alle noch ganz jung. Ja, ja. gnä' Herr — bei Ihnen wird sich 's Christkind'l wohl ganz anders eiustellen." „Da könnt Ihr Recht haben. Das Christkind'l hat sich schon heute in aller Früh bei mir persönlich eingestellt. Meine liebe Frau hat mir ein solches bescheert!" „Ah so, i' begreif' schon; is' denn a Bua oder a Madel?" fragte die Alte neugierig. „'s is a Madel!" erwiderte der Herr lächelnd, „und zwar a arg sauberes Madel, das Lisl!" „Was?" rief die alte Bäuerin, „das Kind hat schon seinen Namen und is' noch kein' Tag alt?" „Ja," erwiderte der glückliche Vater, „in unserer Familie is' das halt schon
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