44 gellanten und Geißler zu Tage, und die Bevölkerungen ganzer Dörfer zogen mit diesen im ganzen Reich herum. Die neuere Zeit brachte die' Reformation, mit der wohl einiges Licht in die Köpfe drang, welche aber doch der Barbarismus der damaligen Zeit nicht mildern konnte. Als Gegengewicht wurde die Inquisition eingeführt und Hunderttausende endeten wegen Glaubensdifferenzen aus dem Scheiterhaufen. Die furchtbaren Religionskriege waren die natürliche Folge davon, und der schmalkaldische und dreißigjährige Krieg verwandelten Deutschland und Oesterreich in eine Wüste. Die Feldzüge wurden damals noch immer wie im Mittelalter Das Halseisen. nicht allein unter den Truppen, sondern gleichzeitig gegen die Bevölkerung im Allgemeinen geführt. Die unschuldigen Landbewohner wurden von Freund wie Feind sozusagen ausgerottet. Die Einwohner großer Städte, wie bei der Einnahme von Magdeburg durch den Wütherich Tilly, dahingeschlachtet, und nach dem dreißigjährigen Krieg waren ganze Städte und Dörfer vom Erdboden verschwunden. Die Menschheit fuhr aber in ihrem Fanatismus trotzdem fort, gegen sich zu wüthen. Schon gegen Ende des XV. Jahrhunderts entstand ein neuer gräßlicher Wahnglaube: der Hexerei und Zauberei, welcher durch die Bulle Papst Jnuoccnz VIII. seine dogmatische Bestätigung erhielt. Der berüchtigte Jesuit Sprenger versagte 1489 ein eigenes Gesetzbuch, den Malleus Malleficarum (Hexenhamm..), in, welchem ein förmliches ^Gerichtsverfahren gegen die Hexen festgesetzt wurde. Man traut seinen Angen kaum, wenn man liest, wie damals und noch bis zum Endc des XVII. Jahrhunderts in Hexenprocessen vorgegangen wurde. Der Richter darf auf bloßes Geruch! hin, daß es an einem Ort Hexen gäbe, ex officio anfangen, zu inquiriren und Zeugen, deren zwei oder drei genügen, ^^ä^^^^.^^^' ^Y.«-<S.^^^^^^^ M^^^^^^^y,^«.«! RS***^AC^^%%^ [.yA**^*^*^^^^^ ^.Z^^ ^^« ^**^ ***** *******^*^1 Der Folterstuhl. zusammensuchen, sie durch einen Eid zwingen, die Wahrheit zu sagen, auch sie mehrmals examiniren. Sogar Ex- communicirte, Infame können als Zeugen auftreten, ja Ketzer wider Ketzer, Hexen wider Hexen, die Frau gegen den Manu, Kinder gegen Eltern, Geschwister gegen Geschwister zeugen. Selbst Hauptfeindc des Angeklagten sind mit wenigen Ausnahmen als Zeugen zuznlassen. Der Anwalt durfte seinen der Ketzerei verdächtigen Klienten nicht über die Gebühr vertheidigen, sonst wurde er billig noch für schuldiger gehalten. Nm die Hexe zum Geständniß zu bringen, diente die Tortur. Ganze Gegenden wurden, durch Mord und Brennen entvölkert, wie ein drückender Alp lag das Gespenst der Hexenfurcht auf dem Volk. Ueberall hatten die geistlichen Gerichte ihre Späher. War ein altes Weib so unglücklich, rothe Augen zu besitzen, so war sie sicher verloren. Auch die protestantische Geistlichkeit theilte den Teufels- und Hexenglauben, >md es waren der Hexenprvcesse in den protestantischen Ländern nicht weniger als in katholischen. Durch mehr als drei Jahrhunderte hindurch wüthete dieser Wahnwitz. Was Der. Bäckergalgen. ^e Inquisition, die sich mit der Ketzer- ^svlgung befaßte, übrig ließ, fiel der Hexenverfolgung anheim. In Spanien Wüthete die erstere am ärgsten. Die Zpser, die am Scheiterhaufen dort endeten, 'ud zahllos, aber auch in den Nieder- Znden, wo sie Karl V. einführte, sind Zech die sogenannten geistlichen Gerichte Uder 50.000 Menschen dahin geschlachtet Worden. Erst 1830 wurde sie in Spanien 'Ue immer abgeschafft. • Die Hexenverfolgungen währten bis Z unser Jahrhundert hinein, noch 1809 wwebte im Hannover'schen ein Hexen- p^'oceß, und in der aufgeklärten Schweiz Endete die Dienstmagd Anna Göldi 1782 zu Glarus auf dem Schaffot als überwiesen der Hexerei. Selbst Kinder wurden nicht geschont; in Luzern verurtheilte man vier Mädchen im Alter von 7—12 Jahren zum Feuertod. Eine fünfjährige Hexenverfolgung beförderte im Stift Bamberg 600, im Bisthum Würzburg 900 Menschen auf den Scheiterhaufen, und im protestantischen braunschweigischen Land waren nach Versicherung eines Zeitgenossen die Pfähle, an welchen die Hexen auf dem Scheiterhaufen gefesselt wurden, wie ein Wald anzusehen. Ueber die Tortur haben wir oben schon gesprochen. Die Zahl der Opfer an unschuldig Verurtheilien, denen durch Der gespickte Hase. die raffinirtesten Martern ein Geständniß abgepreßt wurde, läßt sich natürlich gar nicht feststellen. Da aber bis 1740, wo sie in Dentschland durch Friedrich den Großen und 1776 durch die große Maria Theresia aufgehoben wurde, keinCriminal- proceß ohne „peinliche Jnquirirung" geführt wurde, so kann man gar nicht berechnen, wie groß die Zahl der Justizmorde im Laufe der Jahrhunderte gewesen sein mochte. Wie complicirt und scheußlich die Martern waren, denen die Delinquenten unterworfen wurden, geht aus der 1769 in Wien erschienenen Erimiualordnung hervor, welcher 45 große Knpfertafeln
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