42 43 Sclavenhäudlern das Handwerk zu legen. Die gänzliche Befreiung des Menschengeschlechtes r on dem entwürdigenden Sclaventhum ist die Aufgabe unserer Zeit, während die sogenannte goldene Aera dasselbe als selbstverständlich und unerläßlich darstellte. Wo ist nun ein Grund zu einer Schwärmerei für eine Zeitperiode vorhanden, wo Menschenopfer und Sclaverei möglich waren. Eines der ältesten Kulturvölker, die Phönizier, opferten ihrem Götzen Moloch die Kriegsgefangenen ohne Unterschied des Geschlechtes zu Tausenden in einem ehernen Riescnofen. Selbst bei den Juden, die den Götzendienst abschafften und die Theokratie einführten, waren noch „Menschenopfer dem Herrn gefällig". Wenden wir nun unsere Blicke von Tas Streckbett. dieser mythologischen gräßlichen Zeit auf die christliche, uud forschen wir nach, wie der erhabene Stifter unserer Religion, der das Menschengeschlecht befreien und erheben wollte, indem er sagte: Kommt Alle zu mir, die ihr mühselig uud beladen seid, ich will euch erquicken (richtiger übersetzt befreien) von seinen Nachfolgern verstanden wurde. Die Sclaverei erhielt nur einen anderen Namen und bestand als Leibeigeu- schaft bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts uud als Robot bis zum Jahre 1848 fort. Die Klöster und frommen Stifte hatten ebensogut ihre Leibeigenen wie die Adelsgeschlechter, und erst der große Kaiser Josef II. machte diesem Helotenthum ein Ende. In Rußland bestand sie bis 1862, und der edle Kaiser Alexander II. mußte für die Aufhebung mit feinem Leben büßen. Es mögen sich vielleicht einzelne große Herren nach diesen gemüthlichen und den Zeiten der Patrimonialgerichtsbarkeit, wo man mit der Bank und dem Haslinger Recht sprach, zurücksehnen, das Volk hat gewiß keine Ursache dazu. Doch steigen wir etwas weiter zu den gepriesenen Zeiten des Mittelalters, zur romantischen Zeit des Ritterthnms hinauf. Es foll gewiß nicht bestritten werden, daß diese Epoche einzelne große Momente aufzuweisen hat, welche auf die Culturentwicklung des Menschengeschlechtes von großem Einfluß waren. So die Erfindung des Schießpulvers, wodurch die Kriege im Allgc- gemeinen weniger mörderisch wurden! die Entdeckung von Amerika, vor Allein aber die Erfindung uud Einführung der Buchdruckerkunst durch den unsterblichen Meister Johannes Gutenberg. Das Licht der Aufklärung blieb zwar trotzdem noch lange unter dem Scheffel stehen, denn Jahrhunderte hindurch wurde es durch Fürstenmüntel und Priesterkutten verhüllt, aber die Bleisoldaten Gutenberg's, welche derselbe für Licht und Freiheit ins Feld rücken ließ, zeigten sich doch unüberwindlich. Ueber drei Jahrhunderte hindurch dauerte indes der Kampf, bevor die Presse frei wurde, uud erst als die Ideen von 1789 im Volk allmälig Boden und Verständniß fanden, als der große deutsche Dichter Friedrich Schiller diesen Ideen poetische Form und Ausdruck gab, also in unserem Säculum, kam Licht in die Köpfe. Die früheren Jahrhunderte desMittel- alters weisen keineswegs Gestaltungen auf, welche irgend welche Sehnsucht erwecken könnten. Das poetisch angeduselte Ritterthum erweist sich in seiner Wesenheit und Wirkung auf Cultur und Fortschritt ebenso starr und eisern wie die Gewandungen, welche seine Vertreter trugen. Börne nennt sie stahlbewehrte Flegel, wir möchten ihnen eher die Bezeichnung Feiglinge zuerkennen. Denn erstens saßen üe hoch oben auf ihren uneinnehmbaren Burgen, und wenn sie ins Feld ziehen wußten, hüllten sie sich und ihr Roß in ^isengewänder, auf daß ihnen ja kein ^eids geschehe, während die Knappen und Reißige, also das Volk, Haupt und Brust ihren Streichen preisgeben durften, ^jber auch in gar manch anderer Hin- Ncht weißt das Mittelalter, welches die Historiker in der Regel mit der Entdeckung von Amerika abschließen, eine wineswegs nach unseren heutigen Be- örisien beneidenswerthe Gestaltung auf. . Die große Masse des Volkes wurde w Dummheit und Aberglauben erhalten, ^rr Bürgcrstand war wohl zum Bewußtsein seiner Macht und Bedeutung bekommen, allein er schmachtete in den ^stgeschaffenen Banden des Zunft- und ^ildenwesens, das jeden eigentlichen Fortschritt lähmte. Wenn wir heute über zu- dsil Gewerbefreiheit klagen, so dürfen 'wr uns doch wahrlich nach diesen Zeiten wcht znrücksehnen, wo z. B. der nicht Ehrlich Geborene kein Handwerk erlernen vnute, wo der Geselle als Knecht be- ^udelt wurde, und bis zum 40. oder Jj- 8ahr meist auf das Absterben eines ^"Meisters warten mußte, bevor er an Gründung eines eigenen Herdes denken < .In Kunst und Wissenschaft herrschte rr;elbe starre JnnuUgsgeist. Die erstere ur überhaupt noch wenig entwickelt, "w die letztere bewegte sich in den engsten Schranken. Die Werke wurden meist nur lateinisch, in der Sprache der damaligen Gelehrten, geschrieben, die deutsche Sprache wurde dazu als zu gemein und nur für den „Bawern" gut, nicht angewendet. Das Volk hat auch im Allgemeinen nicht viel dabei verloren; denn in der Gottesgelehrtheit herrschte der crasseste Dogmatismus, der blödeste Unsinn. Es erschienen z. B. ernste lateinische Abhandlungen über die Höhe der Leiter, die Jakob im Traume gesehen re. In der Jurisprudenz und Ge- richtspflege führten Galgen, Rad, spanische Stiefel und Daumschrauben das große Wort; die Gesetzbücher waren mit Blut geschrieben. Ohren und Nasen abschneiden, Äugen ausstechen, Hände oder Füße abhacken waren ganz gewöhnliche Strafen. Die Tortur wurde in barbarischster Weise als einziges Rechtsmittel, um ein Ge- ständuiß zu erzielen, angewendet. In der Heilkunde walteten die absonderlichsten Mittel vor, die gelehrten Doctoren der damaligen Zeit curirteu die Patienten nach dem System des Dr. Eisenbarth, und der Sanitätszustand des Volkes war ein scheußlicher. Verheerende Krankheiten und Seuchen decimirten die Bevölkerung, und ein „großes Sterben" folgte dem anderen. Der religiöse Fa- natisinus förderte die Rotten der Fla-
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