Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

30 zum Mindesten originell ist, einen Menschen, den man ans eineni Diebstahls- vcrsuch ertappt, zur Strafe ein namhaftes Geldgeschenk zu machen. Aber hier hat diese Strafe gewirkt und gute Früchte getragen. Mein junger Bursche wird wohl jetzt nicht mehr so leicht Verlangen tragen nach fremdem Gute. Solchen Leuten frommt nur Arbeit, für das leicht Erworbene werden sie nie die richtige Verwendung finden. Allerdings aber wird eine Strafe, wie ich sie bei meinem jungen Attentäter angewendet, nur in seltenen Fällen den erwünschten Erfolg erzielen. Man muß aber die Menschen kennen. — Ach, Theuerste, wenn es doch wahr wäre, wie du schreibst, daß man jeden Wunsch für Geld erfüllt sehen kann! Wenn das wahr wäre, wäre ich jetzt hier in einem fremden Lande? Ich floh vor ihm, den ich dir wohl nicht näher zu schildern brauche; au dem Tage, an welchem ich die Beweise erhielt, daß er nicht mich, die enorm reiche Dame, sondern ein ganz armes, verlassenes Mädchen liebte; ich eilte fortzukommen aus dem Lande, wo er weilte, ich glaubte, mit meiner Flucht sogar die Erinnerung an ihm verwischen zu können — und nun steht sein Bild vor meinen Augen Tag und Nacht, cs verfolgt mich auf Schritt und Tritt und raubt mir Seelenruhe, raubt mir Schlaf und — ich fühle es! — es wird mich schließlich dem Wahn- sittn die Arme führen. Do ist das Glück deiner enorm reichen Freundin beschaffen. Jugend, Schönheit, Gesundheit, Liebe, kannst du das für Geld beschaffen — ?" Hier brach sie plötzlich ab, warf die Feder zur Seite, ergriff das beschriebene Blatt Papier, und tvarf es in die Flamme des Kamins. „Zu was auch?" sagte sie sich. „Das Unglück kennt keine Freunde. Ihre Antwort darauf wäre ja doch nur: Kannst du mit deinem Reichthum nicht jeden deiner Wünsche befriedigen." Einige Wochen späterstand die Herrin von Zvorbanz auf der Zinne ihres Schlosses und schaute iu der Richtung aus, von welcher sie vor etwas mehr als zwei Jahren in dieses Land hercingckommcnAuf der Straße, die an dem Schlosst vorüberführte, bewegte sich vom Gebirge herab ein Hochzeitszug. An der Spitze des Zuges schritten Ezechiel und das Everl als neuvermültcs Paar, das eben erst in der Pfarrkirche zu Oberberg im Gebirge getraut wurde. Die Musikanten spielten einen lustigen Marsch, die Hochzeitsgäste jauchzten, und das junge Ehepaar schritt Arm in Arw wonneselig dahin. Die Schloßfrau preßte ihre Hand ast ihr schmerzlich pochendes Herz, als sie die glücklichen und fröhlichen Leute unter sich auf der Straße erblickte. Einew Seufzer gleich entglitt es ihren Lippen: „Ob ich mir denn eine so wonnevolle Stunde mit meinem ganzen ReichthuR erkaufen könnte!" Eines Abends zur Herbstzeit saßeö vor der Hütte des alten Wylassicz der Bauer, sein Weib, ihr Sohn Ezechiel und dessen junges Weib, das Everl. „Sag' doch," hub der Alte schmum zelnd gegen seinen Sohn an, „hättest nicht Lust, wieder einmal auf das Schloß! Zvorbanz zn gehen?" ~ Ezechiel wendete sich unwillig zur Teile. „Ich bitt' euch Vater, erinnert wich nicht an jene Unglückszeit!" „Schadet gar nichts. Du kannst nicht genug an deine Thorheit erinnert werden. Wenn wir dir sagten, wie es ja früher "ft genug geschah, daß nur selbstcrwor- benes und auf ehrliche Weise erworbenes Gut gedeiht, Freude macht und das Leben würzt, da wolltest dn uns nicht glauben. Run weißt du, das aus eigener Erfahrung. Jetzt fühlst dn dich glücklich. Du urbeitest vom frühen Morgen bis Abends und bist zufrieden mit dein Ertrage deines Fleißes. Anstatt dein Glück zu erkaufen mit dem Golde, hätte es dich l>ald ius Verderben gestürzt. Nicht immer sromint der Reichthum und dn wirst mir stoch Recht geben, wenn ich. sage, daß rch alter, bettelarmer Mann mit der Wo bleibt mein Gelb? Selbstgespräch des Hirselbaucrs. o bleibt mein Geld? frag' ich' mich alle Tag! Ich bin doch g'wiß ein recht ein sparsamer Mensch, scharr' jeden Gulden ^st zehnmal an und druck d'ran und W ihn um, bevor ich ihn aus den fänden lass'; meine Tasche hat auch kein ^"ch, von Dieb' im Haus ist gar kein' Red', und gleichwohl bin ich oft in der klemm' — ja, wo bleibt mein Geld? In meiner Wirthschaft grht's prächtig ^- Ich schau' zum Rechten überall. Die Rnccht» und Mägd' müssen arbeiten vom Ksthnschrei bis in die Nacht hinein, wo- l^ sie ihr gutes Essen haben, Kraut, lohnen und Rüben, so viel sie essen wollen. Mit Fleisch. spar' ich aber bei 'Men, weil ich sie an kein üppiges Leben gewöhnen will. „Wenn man nur satt 31 Schloßfrau von Zvorbanz nicht für Millionen tauschen würde." Bei diesen Worten des alten Bauers kam in der langen Dorsstraße eine als Amazone gekleidete, verschleierte Dame auf einem feurigen Rappen dahergesprengt. Hinter ihr ritten zwei Diener und diese konnten kaum ihrer Herrin folgen, die mit ihrem Rosse wie die wilde Jagd in der Richtung des nahen Felsengebirges dahinraste. Die vor den Dorfhütten stehenden Leute verfolgten init weitgeöffneten Augen die kühne Reiterin und da und dort hörte man ausrufcn: „Die kostbaren feurigen Rosse! Ach, wer doch nur ein paar Monate hindurch ein so herrliches Leben führen könnt! Ja, die Reichen sind glückliche Leute! Für Geld ist eben alles zu haben — alles!" wird", hat immer meine Mutter selig g'sagt. In den Magen Hineinschauen, kann mir Niemand, um zn erforschen, was ich 'gessen hab'. Lohn zahl' ich ihnen nicht viel, weil die Leut' sonst zu übermüthig oder gar Lumpen werden. So erspar' ich ein hübsches Stück Geld und doch wird's mir all'weil knapp. Ja, wo bleibt nur das Geld? Ich bin kein Trinker. Ess' ich auch Vormittags und Abends bei unser'm Kronenwirth etwas Wenig's wie's just die Jahreszeit mitbringt, ein Spanferkel, Forellen, wilde oder zahme Hühner oder dergleichen — na, essen muß ja jeder Mensch! Und trink' ich dazu meine paar Viertel vom Besser'», so thu' ich's rein nur wegen der Verdauung, 's kost' ein hübsches Stück Geld, 's ist wahr, mein

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