Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

28 dir das Gold sicher nicht. Jetzt kannst gehen, wohin es dich den ganzen Tag zieht, und wo dn schon längst wie zn Hause bist — zum Gespötte und znr Verachtung des ganzen Dorfes. Und ich sag' es dir noch einmal: Von jetzt an bist du mir fremd. Und willst du nicht auf offener Straße von mir Grobheiten erhalten, so lass' mich nur ja in Frieden". Sie eilte davon, er, vor Zorn kaum eines Wortes fähig, blieb eine Weile auf der Stelle stehen, wo sie ihn verließ, und schaute ihr zornfunkelndeu Blickes nach, dann, nach einem wilden Fluche machte er Kehrt und schritt auf dem nächsten Wege in das Wirthshaus, in das er mit lautem Gejohle eintrat. „Holla! Wirthshaus! Eine Kanne vom Besten! Heute soll's lustig hergehen! Wer mittrinken will", rief er einigen an einem Nebentische sitzenden Burschen zu, „soll daher zu mir! Ich zahl' alles! Da. . ." rief er, indem er protzig auf seine Hosentasche schlug, in welcher die Goldstücke klirrten, „wer das hat, kann sich schon was erlauben. Oder könnt ihr cs mir nachmachen^ ihr — ihr armen Schlucker, he? Trinkt und seid lustig! Ich war schon lange nicht so gut aufgelegt wie heute, und darum sollt ihr's auch sein. Ich zahl' alles!" Den Wein des Ezechiel ließen sich die Burschen vortrefflich schmecken, und sie gaben sich auch redlich Muhe, in dieselbe Laune zu kommen, in der ihr splendider Wirth war. Und es währte auch gar nicht lange, so waren sie alle richtig in denselben Galgenhumor hineingerathen, in welchem sich der von seiner Brant so schmählich abgetrumpfte Freier befand. Daß das so kam, daran war allerdings nur Ezechiel allein Schuld. Bei seiner „vortrefflichen Laune" nergelte er mehr als sonst, seines Prahlens mit dem Gelde wollte es gar kein Ende nehmen, und als er wieder einmal seinen Tischgenossen zum Trinken mit den Worten aufforderte: „Trinkt, Bettelsäck! für euer Geld könntet ihr euch ja nicht einmal Birneumasser kaufen!" Da warfen sie ihm den geschenkten Wein sammt den Krügen an den Kopf. Nach längerem Kampfe, an welchem er, wie nicht anders möglich, bei der Uebermacht der Gegner den Kürzeren zog, schleppte er sich, blutend ans mehreren Wunden, zumWirthshause hinaus, wankte eine Strecke fort bis zu einem Graben an: Waldrain, hier brach er zusammen und blieb die Nacht hindurch liegen. Am nächsten Morgen wurde er besinnungslos und halb entseelt in das Elternhaus gebracht. Das war das „Ende seines Glückes, das für ihn für Geld zu haben war." In Folge der erhaltenen Wunden nnd des Liegens im Freien während der strengen Winternacht schwebte sein Leben wochenlang in .Gefahr und nach Monaten erst war es ihm möglich, das Krankenzimmer zu verlassen. Nun fürchteten seine Eltern, daß sein erster Weg in das Schloß um Geld sein werde. Aber darin wurden sie zu ihrer grenzenlosen Freude enttäuscht. Ezechiel, sobald er ein wenig bei Kräften war, ging auf das Feld hinaus nnd arbeitete fleißig, den Abend brachte er im Hause zu, des Sonntags besuchte er die Kirche, in der er während der Predigt und Messe blieb, und wenn die Anderen, wie es im Dorfe Sitte war, aus der Kirche direct in das Wirthshaus gingen, so war er fast der Einzige, der, ohne sich, irgendwo aufzuhalten, nach Hause zurückkehrte. i - Dieses Leben hatte er einige Wochen geführt, als er eines Tages durch einen Diener die Aufforderung erhielt, auf das -schloß Zvorbanz zu kommen. Die Herrin wünsche mit ihm zn sprechen. Diese Einladung kam ihm offenbar sehr überraschend. Verlegen überlegte er eine längere Weile, dann, rasch entschlossen sagte er zu dem Diener: „Ich habe nichts mehr im Schlosse zu thun. Ich will kein Geld mehr. Ja," rief er erregt aus, „sagt der Schloßfrau, daß ich sie sammt ihrem Gelde verfluchen könnt'! Mir hat es keinen Segen gebracht, und es wird schon so sein, wie es mir während meiner Krankheit immer und imnier wieder in den Sinn kam, daß es weder mit der Schloßfrau, die Niemanden ihr Gesicht sehen läßt, noch mit ihrem Gelde richtig sein muß. Ich denk' immer, daß nnr des Teufels Gold so zum Bösen ausschlagen kann, wie es bei mir geschah." Der Diener überbrachte seiner Herrin wortgetreu diesen Bericht, was auf die Schloßfrau eigeutlich keinen unangenehmen Eindruck zu machen schien. „So habe ich den Burschen doch sechs durchschaut, und es traf so ein, wie fch erwartete und auch wünschte", waren chre zu sich selbst gesprochenen Worte. Und dann setzte sie sich an den Schreibtisch und schrieb einen Brief nachstehenden Inhaltes: „Geliebte Freundin! Wiederholt schon hast du mir gc- schriebeu: Bist du nicht enorm reich? Kannst du mit deinem Reichthum nicht leden deiner Wünsche befriedigen? Weshalb also die Klage, daß dn dich tief ^glücklich fühlst? So war deine Ant- wort auf meine Briefe. Nun will ich dir wieder einen Beweis geben, daß man Mit und durch Geld auch unglücklich Melden kann. Höre nur! Ein armer Vauernbursche war int Begriffe, ein Attentat auf meine Casse zu verüben, ms er ini entscheidenden Augenblicke durch Mein plötzliches Erscheinen an seinem ^orhaben verhindert wurde. Ich sah es ^m Burschen an, daß er keineswegs mrdorben ist, daß ihn nur ungerechte ^Handlung seines Brodherrn und viel- Mlcht auch- die Sehnsucht nach einem Alleren und unabhängigeren Leben aus ^ Vahu des Verbrechens leitete. Seine ^orte waren, daß man für Geld alles .Mben kann, daß man glücklich wird nur ?l Besitze des Geldes, llud diese Worte pachten mich auf die Idee, den Burschen "res Besseren zu belehren. Anstatt ihn 29 verhaften zn lassen, gab ich ihm eine beträchtliche Summe Geldes, nach Wochen erhielt er wieder Geld von mir und so fort während eines ganzen Jahres. Und mein junger Mann that mit dem Gelde richtig das, was ich erwartet. Er wurde ein Müssiggänger, ein Trinker, ein bor- nirter Mensch; seine Eltern und seine Braut wendeten sich von ihm ab, und schließlich kam es so weit, daß er hätte bald sein Leben lassen müssen. Monatelang mußte er das Bett hüten. Nun ist er körperlich curirt, und ich will hoffen auch an der Seele. Wenigstens ließ er mir heute sagen, daß er mich und mein Geld verfluchen könnte. Da hast du die nackte Thatsache. Tn wirst mich aber fragen, weshalb ich diesem Burschen Geld gegeben habe? Die Antwort daranf ist: weil ich ihm erstens beweisen wollte, wie Unrecht er habe, wenn er behauptet, daß sich das Glück mit Geld erkaufen läßt. Und dann sollte mein Geldgeschenk für ihn gleichzeitig auch eine Strafe sein. Denn ich wußte im voraus, was er mit dein Gelde anfangen, und daß er es einst noch verfluchen würde. Du wirst zugeben, daß es

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