18 19 „Wer sagt denn so was?" „Beide, der Rustiker und sein Weib. Sie ist noch schlimmer als der Bauer." „Nun," meinte Ezechiels Mutter beschwichtigend, „brichi's Frühjahr au, so bist du wieder bei uns. Du sichst ja, im Winter gibt es in unserer kleinen Wirthschaft fast nichts zu schaffen. Die Hütte und das Stück Acker, unser ganzes Eigenthum wie bald ist das nicht bestellt? Im Sommer, ei ja, da gibt's freilich immer genug zu thun — aber die böse Winterszeit! Du mußt noch Gott danken, daß dich der Nustiker für die Winter- monate im Taglohn ausgenommen hat." Ezechiel lachte höhnisch auf. „Ich werde dem Nustiker nächstens die Hand küssen dafür, daß er mir erlaubt, mich in seinem Hanse zu Tode zu quälen......... Ja, wir sind wirklich recht bettelarme, elende, gottverlassene Menschen!" „Na, na. so arg ist's nicht!" rief der Bauer, indem er seinen Sohn verwundert nnschaute. „Arm sind wir allerdings, aber "wir haben doch, was wir zum Lebeu brauchen, und sind Niemanden was schuldig." „Ihr Werbet cuch bald noch für be- ueidenswerth halten " „Genügsam und zufrieden muß der Mensch sein." «Und seinen Rücken zum Holzspalte» hergeben! Und sein Leben lassen, daini' Andere in Ueberflusse schwelgen können? Das rief Ezechiel mit einem Zon» und mit einer Bitterkeit, daß die Alten sprachlos staunend zu ihm aufschauten! Solche Reden hatten sie von ihrein Sohne noch niemals gehört und hätten derlei auch nicht erwartet. Ezechiel war sonst immer ein fröhlicher, gutmüthiger Mensch und mit seiner Lage ganz zufrieden. S" war er wenigstens bis vor Kurzem. „Seit einiger Zeit kommst du mir wie verwechselt vor," sprach Wylassic^ zu seinem finster vor sich Hinblickendei' Sohne, der kurzweg versetzte: „Kann schon sein daß ich nicht mehr das geduldige Schaf von früher bin." „Wirst wohl jetzt in eine sehr gutt Gesellschaft hineingerathen sein?" „Jchverkehremit fast garNiemandem? „Wie kommt's denn dann, daß d" jetzt ganz anders bist als sonst! Gesund bist du doch?" „Das ist aber auch das Einzige, wa? ich hab'." „Und so kostbar, daß man es mit' unter nicht einmal für Millionen erlange'' könnte. Und deine Jugend, ist die nicht ebenfalls ein kostbarer" Schatz?" „Was habe ich davon, daß ich erst zweinndzwanzig Jahre zähle, aber doch nichts besser als ein Bettler bin!" Der Alte wackelte energisch mit seine"' Kopfe. ' ' „Gesund, jung, stramm und rüstig," Iprach er dann wie zu sich selbst, „ei" netter Bursche, wie es keinen Zweiten i>" Orte gibt, und ein Bettler! Das versteht ich nicht " „Ich hab's früher auch nicht ver' standen," rief Ezechiel. Jetzt weiß ich e^ besser. Was nützt Jugend und Gesund' heil, wenn man sich den ganzen Tag fü' Andere quälen muß?" Boden, um darauf eine Rübe anbauen zu können." Ezechiel hatte darauf keine Antwort. Er stellte sich an eines der Stubenfenster und schaute hinaus ins Freie. Der Schnee tänzelte jetzt nur mehr in vereinzelten Flocken hernieder. Die Eltern blieben an dem Tische sitzen und blickten sich ihres Sohnes wegen kummervoll an; dieser starrte zum Fenster hinaus, Minute um Minute, bis er dann plötzlich aus seinem Sinne aufschreckte. „Horch! Was ist das?" Wie leises Glockengeläute drang es von der Straße herein und dieser Ton wurde immer vernehmlicher. Ezechiel eilte hinaus iu den Flur, öffnete das Hausthor und da kam auch schon über die lange Dorfstraße ein ganz eigenthümlicher Zug pfeilschnell dahergefahren. Auf milchweißen, hohen Rossen kamen vier Reiter, jeder in reicher Dienerkleidung, und jeder hatte in einem Bandelier eine Stange stecken, auf welcher Laternen mit brennenden Kerzen angebracht waren, hinter diesen paarweise reitenden Dienern fuhr ein von vier, prächtigen Schimmeln gezogener Schlitten, der eigentlich wie ein Wagen aus Gold und Glas aussah. Der einer riesigen Muschel gleichende Unterbau des Schlittens funkelte wie Gold, die Wände und das Dach waren aus Krystallglas, hinter dem man deutlich die Gestalt einer verschleierten und in einem weiten, weißen Pelz gehüllten Frau wahrnehmen konnte. Außer dieser Frau war sonst Niemand in dem Schlitten zu sehen. Den Schluß des Zuges bildeten abermals vier Reiter mit brennender! Laternen. Es war das ein fast märchenhafter Anblick. Die weißen Rosse, das Licht aus den Laternen, der prachtvolle Glasschlitten, in diesem die weißgekleidete, verschleierte Dame, dazu das feine Geläute der kleinen Silberglöckchen auf den Schabracken und dein Geschirrzug der 2* „Zum Arbeiten und Dulden sind wir ^ben da." „Um die Andern, die gar nichts thun und dennoch herrlich leben? Wie kommt's, ^aß Einer Ueberfluß an Allem hat, indeß der Andere Noth leiden muß? An diese Ungerechtigkeit muß ich Tag und Nacht senken und seitdem mir das im Kopfe herumgeht, möchte ich mich mit aller Welt schlagen." „Also das ist es?" sprach der Alte, seinen Sohn scharf betrachtend. „Also das hat dich verändert? Du bist mit hem nicht zufrieden, was du besitzest, möchtest auch gerne reich sein —" „Ja, das möcht ich!" schrie Ezechiel Mötzlich auf, wobei sein Ange voll Leidenschaft aufflammte. „Nur wer Geld hat, ist glücklich! Alles Andre heißt so diel wie nichts. Geld! Geld! Das ist Leben, das ist Freude und Glück!" _ , , Der junge Bursche wurde bei diesem seinem Ausruf ganz Feuer und Flamme. Für die Eltern hatte sein Aussehen etwas beängstigendes. Die Mutter seufzte und her Vater verfolgte mit sorgenschwerem Blick seinen in der Stube erregt auf- ünd abgehenden Sohn. „Das hätte ich wahrlich nicht erwartet!" sprach er endlich. „Nach Reich- ch'Uil steht dein Sinn! Freilich ist es Mle schöne Sache, wenn man in der ^ruhe einen Sack voll Geld hat, aber "am Glücklich zu sein, dazu gehört wohl üoch etwas Anderes. Sieh' deine Eltern ^! Wir waren von Kindheit an arme Leute und bitter mußten wir uns immer Quälen und dennoch, weil wir frohen und Zufriedenen Sinnes waren, mit Lust an ^ Arbeit gingen und gesund blieben, Ahlten wir uns immer und bis zur stunde ganz glücklich. Hast du nicht, Was^du zum Leben brauchst? Und kommt ^r Tag, wo du das Evchen, deine Aus- ^wählte, als dein Weib ins Haus bringst, mn so nimmst du gleich von einer Wirthschaft Besitz. Ist diese auch nur klein, ^'w Wirthschaft, ist's dennoch. Als ich ^heiratet habe, besaß ich nicht so viel
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