Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

14 Irina, der man auch diese Neuigkeit sofort hinterbrachte ging in angstvoller Beklemmung umher. Hätte Tilos Fököte gerast, geflucht, ihr die schrecklichsten Vorwürfe gemacht — sie würde das Alles mit stoischem Gleichmnthe ertragen haben; aber dies unheimliche Schweigen, diese Stille vor dem Sturme ängstigte sie. Sie befand sich in gefährlichster Situation. Dem Baron hatte sie ihr Verhältniß zu Tilos verschwiegen, und Tilos selbst hatte ihm, auf ihre Bitten, nie eine Bemerkung darüber gemacht. Auch nach der Entlassung Fökotes wußte — wie sich die Földösnö bald überzeugte — Csüvossy nichts davon. Ihre Lage war abscheulich! Sie mußte die zärtliche Braut spielen, ganz Glück, ganz Heiterkeit scheine», und die Augst schnürte ihr oft die Kehle zu. Das böse Gewissen raubte ihr Freude und Triumph. Mit fieberhafter Eile betrieb sie selbst die Vorbereitungen zur Hochzeit, die man im Stillen zu feiern beschloß. Varon Bola von Csävossy fürchtete doch das Gelächter seiner Standesgcnoffen, und Jrnia war klug genug dies ciuzusehen und sich mit dein rechtmäßigen Titel einer Baronin Csävossy zu begnügen. Sie war jung, war schön; starb der Alte, blieben ihr Reichthum und ein glänzender Name — die Welt war groß — und sie wollte dann ihr Glück, ihre Freiheit in vollen Zügen genießen. O Fvldösnö! — die Hand des Verhängnisses schwebte schon über dir. Der bestimmteTag erschien endlich und das ungleiche Brautpaar fuhr in dem vierspännigen Galawageu ins nächste Kirchdorf zur Trauung. Es war im October, der in Ungarn meist vom schönsten Wetter begleitet ist. Diesmal schien er der Vorbote eines langen und strengen Winters. Noch war die Traube am Stock und schon stellte sich Nachtfrost ein. Irma, in weißem Brocatkleide, in einen -kostbaren Lvutrepelz gehüllt, ein paarCamelicn und frische Oraugenblutheu im vollen Haare, ein wunderbares Bouquet in den. feingantirten Händen, drückte sich feft ui die Ecke der Kutsche. Angstvol begleiteten, zogen mit Cimbal und Fiedel überblickte sie die, zusammengelaufene« vor ihr in den Hof ein. Wieder spähte Leute - kein Jussuf— kein Tilos — ihr Blick umher — nichts — nichts. as|o keine, keine Gefahr! Aber ihr Aug Ter Baron stieg zuerst aus dem begegnete auch keinem ehrlichen, treu Wagen und half seiner jungen Gattin meinenden blicke. Ein Theil der frühere! beraus. Während ihr kleiner Fuß den Dienerschaft hatte wirklich den Gutshe •''Tut[cl)cntri11 berührte, löste sich der kost- verlassen — Fremde ersetzten ihre Stell bare Pelz und rutschte vom Oberkörper, — aber auf alle» Gesichtern stand Neü w daß die prachtvolle Büste der Braut Scheelsucht und freche Neugier — keü Mn Vorschein kam. Nun setzte Irma den Segenswunsch begleiteteJrma. Man hatt ««deren Fuß auf den Boden---------da die hoch,nöthige Wirthschaftcrin gehasl. Hel ein Schuß — eine Kugel, wvhl- uud kroch nun vor der zukünftigen Herrn' gezielt, hatte das Herz Irmas Der Baron hatte just einen seine- getroffen. übelsten Tage. Er fror und die Gich Die Braut fiel zurück in den Wagen packte sem rechtes Bein bis zur Hüfü ^ud ihr brechendes Auge sah uoch, todt- Fröstelnd wickelteer sich in seinen Pell lassen Gesichts Tilos Fököte, denBer- Die Schmerzen benahmen ihm die Lü Athenen, im Fenster des Fahnenthurnies zum Kosen und Plaudern. Irma sah ib daun umfing sie die Nacht des Todes, von der Seite an. Wie alt und Verfallei —---------- ----------------------------------------- fani er ihr heute vor! Wie schlaff hüt Es war au einem heißen Juliabend, die Unterlippe herab — und die Taufet der Schafhirt Csävossys an die einFältchen im Mund und Auge-------- jes W«e Tanya — zwei Stunden vom Herr- stöhnte Csävossy auf — ach! sie bezahl' tchastshofe — klopfte. Das Gebäude wurden stolzen Namen wieder mit dem beste' "us massiven Steinen erbaut, hatte nur Theile ihrer Jugend, Tilos frisches Gs "enige Fenster, die mit starken Eisen- sicht tauchte vor ihrem geistigen Ange ' Üllrin verbarxicadirt, und nur eiue ein- seiner männlichen Schönheit auf — ei" j''gr Thüre, die außer einer Eichen- dunkle Blutwclle überzog für einem W auch noch eine Eiseuverschallung Ent ihr Antlitz Tilos! Wie ger" .-hswics. Ueberdies lief an der Innen - hätte sie ihn, statt der gebrechlichen Fig" ^ eiue dicke Eisenstange quer über die Csavostys, neben sich im Wagen gehav Platten, so daß sie der größten Gewalt — ^f) 5r war kein Baron, und diV , ^erstanden hätte. Nur in Manneshöhe Ueberlegen kam nun zu spät.------------------^ ^ sich eine viereckige Oeffnung, die Als Zeugen fungirten ein paar gra" ""rch ^in Extrathürchcu abgeschlossen bärtige Gutsnachbarn des Barons u" ^ärde und dem Inwohner des Hauses der Polgärnnnster (Bürgermeister) v" ^ä« diente, Lebcusmittel in Empfang Kacs käm et. Bald war die Ceremoi" «ehmery ohne die Pforte offnen zii vorüber und die nunmehrige Barow "'Rea Csävossy trat an der Seite ihres Gatt"'; In dieses Castell, das einer Festung, gefolgt von den Zengen, die Rückfah' ^"wehr einem Gefängnisse glich, hatte an. Der Baron küßte sie innig und am ^ ^on Böla von Csävossy sich ganz von ihr Herz schwoll in Dankbarkeit und Stob , ^ Welt zurückgezogen. Er duldete Nie- ^ ^äher der Hochzeitszug aber dem He"' m?ud um sich als seine Katzen, die Haus, schaftshofe kam, desto mehr empfand Jrs" ^Rizin, Keller und Böden occupirten. dle rühere Beklemmung. Sie schalt s" ^ ^er Tod Irmas, oder vielmehr der lelbst thöricht, einfältig, selbst feige—- 1 ijrj^e^'orb, der an seiner Braut verhalfnichts. Sechs Wagen mit Zigeuner' worden, hatte auf den alten Manu die das Brautpaar erwartet hatten und n" "eu so fürchterlichen Eindruck gemacht, 15 daß er von nun an alle Welt floh. Sein Geist war zerrüttet. Er raffte sein Geld: seine Prütivsen zusammen, und verbarg seine Schätze in großen irdenen Töpfen in der Küche unter den Steinstießen. Die Herrschaft -verpachtete, er. Nur- feine vielen Katzen übersiedelten mit ihm nach der Tanya, nach dem altersgrauen finsteren Gebäude, das zu seiner Gemüths- und Geistesstörung vollkommen paßte. Tilos Fäkäte hatte sich selbst den Gerichten gestellt, war verurtheilt und schimpflich gehenkt worden — der Baron aber fürchtete in jedem sich ihm Nahenden einen Mörder. Der „Zigeuner-Jlkos", wie die ganze Gegend den Schafhirten nannte, klopfte drei Mal in gewissen Pausen an die Eisenthür der Tanya. Eine gute Weile verging, daun öffnete sich das kleine Thürchen und im Rahmen der Oeffnung erschien Etwas wie ein Gesicht, aber mit einer Drahthaube versehen, wie die Fechter- sie wohl bei den Mensuren anwenden. Aiit demüthig heuchelnder Unterwürfigkeit meldete Jlkos, daß er dem „Gnädigsten" das Fleisch, den Wein,

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2