Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

2 Wird nicht gehen! Wir sind — kutja terremtette! — in die Barra gerathen. Das Handpferd liegt, und die Lilusch hat sich in die Stränge verwickelt —" Damit rutschte Jussuf von seinem hohen Sitze herunter, mitten hinein in den aufgewühlten Ententümpcl, und riß mit kräftiger Hand den Braunen empor. Mit lautem „Hü—hü!" trieb er die Braunen an, die mit einiger Anstrengung, aber glücklich die alte Kutsche aufden eigentlichenFahrweg nun brachten. ^Na, az ärgyelusät!“ (Der Erzengel soll ihn strafen) '— fluchte nun auch der Bezirksrichter von Arvay im Wagen — bizonyi — ich bin ganz gerädert!" „Ich auch!" scnfzteAdjunctTüpfelleise. Arvay lachte. „Na — das heißt nicht viel! Sie sind ein Schwabe — wollte sagen, Deutscher; ein Wiener noch obendrein. Bei euch kennt man, egye meg a fene! (der Teufel soll sie holen) solche , feine Landstraßen nicht, wie sie unser schönes Ungarland ausweist. Aber — es gibt doch nur ein Ungarland, toromtug^so!" (meiner Seel!) . Der Mond huschte wieder einen Augenblick aus dem Gewölk und mit seiner Hilfe, d. h. seinem Lichte nud dem guten Willen der Braunen, die sich nach einer gefüllten Krippe und einem trocknen Stalle sehnen mochten, langte die alte Kutsche endlich vor dem großen Thore des Pachthofes an. Jussuf sprang vom Bocke. Die lange Peitsche in der Hand trat er an die kleine Nebenthüre und begann energisch zu klopfen. Tuttnsch, der Hofhund hatte die Fremden längst gewittert. Er setzte sich außerhalb der Hütte in Positur und begann zu bellen. Nach längerem vergeblichen Klopfen kam ein Knecht guer über, den Hof und rief: „Ki van itt?“ (Wer ist da?) Adjunct Tüpfel im Wagen athmete ans. Das war doch ein menschliches Wesen. Vielleicht nahm man sie hier auf. Jussuf klopfte nochmals. „Ue! Hajrä! nincs itt senki sein ebren?“ (Hollah! Ist denn Niemand mehr wach?) Noch ehe der Knecht eine Antwort ertheilt, öffnete sich ein Fenster im Stockwerk des Wirthschaftsgebäudcs, das von hohen Maulbeerbäumen umgeben war, nnd die Stimme einer jungen Frau rief herunter: „Ki az?“ (Wer ist das?) Jussufs Augen leuchteten auf, als er diese Stimme hörte. „Jaj, die Földösnö!" sagte er zu sich selbst. Lant aber rief er: „Bajlekot ker- nenk!“ (Wir bitten um Obdach!) Auch die Frau schien die Stimme des jungen Kutschers zu erkennen. „Bist du es, Jussuf Vidoky?" fragte sie. Jussuf nickte eifrig; dann spuckte er aus und schwang die Peitsche. „Istennyilät! (Gottes Blitz!) Ich bin's schon, Fölöösnö! Und hier im Wagen sind zwei hohe Herren: der älbiro ur nnd der Herr Adjunct aus Ürmenyhäza. Wenn Ihr da Rath schaffen könntet, Földösnä — ädeseiu — — „Gleich, gleich! Ich komme schon!" rief die Frau und schloß das Fenster. Fünf Minuten später — die dem maroden Ädjuncten Tüpfel eine Ewigkeit schienen, öffnete.■ der Knecht das große „Capio" (Thor) nnd Jussuf leitete den Wagen an eine Art Freitreppe, auf der man die halb kahlen, überwinterte» Oleanderbäume in mächtigen Kübeln schon ausgestellt hatte. Auf der obersten Stufe der Treppe stand die Földösno. Sie hatte einet' großen Shwal über ihren unvollendeten Anzug geworfen und Kopf und Gesicht in ein schwarzseidenes Tuch mit breitet' Goldspitzen versteckt; aber ihre weißen zweiunddreißig Zähne und ihre schwarze" Augen blitzten trotz Nacht nnd FinsternißDer Bezirksrichter Arvay stieg aus der Kutsche nnd trat der Földösnö näßer, das heißt, er stieg die acht Stufen der kreppe hinauf, während auch Herr von Tüpfel langsam das Vehikel verließ. „Dies ist ja wohl das Gut des Herrn von Csävossy?« — fragte Arvay die luuge Fran, die das flackernde Licht mit der Hand beschützte — „Ist der Herr tm Hause? Und schläft er bereits?" Die Földösnö knixte. „Ixen! (ja!) Ew. Gnaden. Der -pachthof ist's schon: aber der Gnädigste wohnt nicht hier — schon seit drei Jahren nicht mehr — er lebt gern in der Stadt uno auf Reisen. Seit die nax^ZÜ" (gnä- dige Frau) gestorben ist, hat'er nirgend recht Ruhe, - und jetzt ist er auch schon ° » ganzen Mutter in Paris und dann ,------- 7 doch ich bitte unter- thamyst emzutreteu! Die Fremdenzimmer unmer in Drbnung " w^d?0-^ az o'cküxba?-- (Wohin, 311m ^.eufel ist er gekommen?) ^ ^ ^“Vfet war hinter die Kutsche getreteii, und begann sein Ge- ^Bchentuche zu reinigen. ^ - ^ glaubte der Adjunct sich Halbwegs zeigen zu können; er folgte Herrn trat. ^^ ^emlich große Gebäude am braunen te, sako!“ (Vorwärts, du Zi^ussuf nahm das Handpferd Augit niid rief dem anderen B" Falber) zu. und^Tii^?" waren der Bezirksrichter Möblirte^ Ij„'^ ^" schöne, bequem Enn ^ Er einquartirt worden. der Wü.d?^?7'"derlichen Schmuck Stickt -'^ ""' Reihe von ^ llud Aquarellen, ft ?X hEen. falt denselben Genen- von b .r ° ^ ^ dieses Geschlechtes, pXn^T"^1 Tiger- und Leo- lichstr! IS'^ "^lichsteu, possir- tionen in ut"^^."' ^n allen Situa- Lemasl' !,' ,"^u Großen waren sie da ' bilden oder zahmen Vierfüßler. Es gehörte kein besonderes Begriffsvermögen dazu, um sich zu sagen, daß der Besitzer dieses Hauses eine entschiedene Vorliebe für Katzen hegen müsse. Kaum war der Bezirksrichter mit diesem Resume und einem kräftigen „egye meg a sene!“ zu Ende, als sich die Thür öffnete, und der blonde Adjunct mit allen Zeichen des Schreckens in Arvays Zimmer trat. „Wir werden hier schwerlich schlafen können, Herr Bezirksrichter — wenigstens ich nicht — in meinem Zimmer" — Tüpfel zitterte an allen Gliedern — „ist eine große Katze unter dem Bette, nnd an der Wand hängen noch sieben gemalte. Ich habe eine wahre Furcht vor Katzen — schon als Kind bekam ich Krämpfe, wenn mir ein solch abscheulich Vieh über den Weg lief und hier —“ Er mußte sich setzen, denn die Kniee zitterten ihm. Herr von Arvay war auch kein besonderer Katzenfreund, dennoch mußte er als Kernmagyare, über die „Zimperlichkeit des Schwaben" — wie fr heimlich, ebenso wie Jussuf, den Ad- juncten schimpfte — lachen „No, hat! Beruhigen Sie sich und

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