Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

120 konnte der Thäter nicht ernirt werden. Der Ermordete hinterließ eine Witwe und nenn Kinder und erregte der Vorfall tebhafte Aufregung in der Bevölkerung der Stadt. Da sich die Wohnnngsverhältnisse immer mehr verschlimmerten und zum Auszieh- termine im August Wohnungen möglichst rasch beschafft werden mußten, kaufte die österreichische Waffenfabrik am 23. Juli einen Theil der Quenghofwiese und erbaute auf demselben ein Wohn Hausaus Holz nach dem System Pummerer aus Wels, welches 80 Meter lang ist und 16 Wohnungen enthält. Am 28. Juli Nachts bräunte in Siernittghofcn das sog. Sailerwirthshaus des Franz Schaub mann ab. Der Brand war von einem Arbeiter der österreichischen Waffenfabrik in Letten, Namens Franz Jordan, aus Rache gelegt worden, weil er wegen excessiven Benehmens ans dem Wirths- hause hinausgeworfen worden war. Die industriereiche Gemeinde Tratten- bach hatte seit Langem mit allen Kräften die Errichtung einer Eisenbahn-Haltestelle am Ausgange des Trattenbachthales angestrebt, welche nicht nur dem leichteren Waarentrans- porte, sondern auch dem bequemeren Touristenverkehre dienen soll. Die Bemühungen der Gemeinde wurden endlich mit Erfolg gekrönt und die Haltestelle Trattenbach am 1. August eröffnet. -In der Sitzung des Gememderathes vom 3. August brachte, der Bürgermeister einen Erlaß des Cultus- und Unterrichtsministeriums zur Kenntniß, nach welchem der Bitte der Gemeinde Steyr um Neaeti- vierung der Oberrealschulclassen nicht stattbegeben wurde, wodurch dieselben nun definitiv und hoffnungslos verloren sind. Das seit dem 19. Juni in Steyr dislo- cirt gewesene 1. -Bataillon des 14. Insa n ter ie- Regim ?nTis§ Großherzog von Hessen wurde von Steyr abberufen, um den am 8. August in Linz beginnenden großen Uebungen beizuwohnen, und an dessen Stelle wurde das 3. Feldjäger-Bataillon, welches bestimmt ist, H^Wr S'ft^ ferne in Steyr zu bewohnen, hieher verlegt. Am 7. August Mittags zog nun das Letztere unter dem Commando des k k. Oberstlieutenants Ritter von Urich in die zu Ehren der Ankommenden festlich beflaggte Stadt ein, nachdem es am Bahnhöfe von dem gesammten Gemeinderathe und an dessen Spitze vom Bürgermeister Johann Berger mit einer Ansprache herzlichst begrüßt worden war. Abends fand in Jellmayr's Casino ein Fest statt, welches von der Gemeinde -Vorstehung dem scheidenden Bataillon zürn Abschiede und dem neu angekommenen zum Willkommen veranstaltet wurde und sowohl der Freude über die Ankunft der neuen definitiven Garnison, sowie dem Bedauern über das Scheiden der bisherigen, welche sich in kurzer Zeit die vollsten Sympathien errungen hatte, ebenso Ausdruck gab, wre dem innigen Danke für die in schwerer Zeit geleistete Hilfe. Nicht minder kamen die Gefühle der Bevölkerung zum Ausdrucke, als am 8. August um halb vier Uhr Nachmittags das 1. Bataillon des 14. Infanterie -Regiments Großherzog von Hessen die Stadt verliest. Die Stadt war reich beflaggt und der gesammte Gemeinderath unter Führung des Bürgermeisters, sowie eine große Menschenmenge gaben dem Bataillon das Geleite zum Bahnhöfe, von wo nach gegenseitigen warmen Abschiedsworten seitens des Commandanten, des k. k. Hauptmannes Hugo Leeb, und des Bürgermeisters und nach herzlichen Kundgebungen seitens der angesammelten Menschenmenge der Zug die Beschützer in trüben Tagen entführte. Der Bürgermeister Johann Berger hatte sich am 10. August nach Linz begeben, um sich dem neuen k. k. Statthalter, Franz Grafen Merveldt vorzustellen, und lud denselben zur Eröffnung der Steyrthalbahn ein, worauf er seinen Besuch für den 19. und 20. August in Aussicht stellte. Während sich die erfreulichen und traurigen Geschicke der Stadt abspielteu, reifte das Unternehmen der Steyrthalbahn seiner Vollendung entgegen, das von opferfreudigen, für das Wohl ihrer Mitbürger bedachten Männern in Angriff genommen, von den Bürgern der Stadt und der Orte des Steyrthales aus eigener Kraft und eigenen Mitteln ermöglicht, nun seine segensreichen Wirkungen entfalten sollte und auch entfaltete. Trotz der neuen Sorgen und Pflichten, welche der allverehrte Ehrenbürger von Steyr Dr. Johann Hochhäuser nach dem Tode des Generaldirectors Werndl übernahm, widmete er doch der Steyr- thalbahu seine volle Aufmerksamkeit und unbeirrt durch gegentheilige Meinungen und ungebeugt durch alle Schwierigkeiten, welche ein so neuartiges Unternehmen, wie eine schmalspurige Bahn ins Steyrthal mit sich brachte, strebte er ehemöglichste Fertigstellung derselben au, und hatte die Genugthung, daß sie am 19. August eröffnet werden konnte. Die Commissionen behufs Coustatirung der Betriebsfähigkeit der Steyrthalbahn begannen am 23. Juli und wurden zunächst die Fahr- betrlebsmittel geprüft. Die Loeomotiven ans der Fabrik der Firma Kraus & Co. in Linz wurden als sehr zweckmäßig und solide ausge- sührt befunden, während die Personenwagen von der Firma Joh. Weitzer in Graz durch die Eleganz ihres Baues und der Ausstattung, sowie die praktische Einrichtung die vollste Anerkennung fanden. Insbesondere erregte die von dem kgl. bayrischen Maschiuenmeister S ch in i d erfundene Schraubenrad- bremse allgemeine Befriedigung. Die Commission gab protokollarisch die Zustimmung zu der glücklichen Wahl der Systeme für die Maschinen und Waggons, welche der Director der SteyrEhalbahn Josef Ritter von Wenusch getroffen hatte, und gestattete anstandslos Men Verwendung. Die Tragfähigkeit der Mieten wurde am 13. August erprobt, und ^gad die Untersuchung gleichfalls ein glänzen121 des Resultat. Die letzte technisch - politische Begehungs-Commission, an welcher Jnspector Ritter v. Eisend ach und Jnspector Werner von der k. k. General -Juspection der österreichischen Eisenbahnen, kder k. k. Bezirkshauptmann Hugo Ritter v. Hebenststeit, der k. k. Ingenieur RudolfWiesmeyer, einige Herren der k. k. österreichischen Staatsbahnen, sowie die Bau- und Betriebsleitung theiluah- men, fand am 14. August statt undgergabzein^so

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