Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

64 Meim Krercitium. Corporal. Habt Acht, schultert! ^Einjährig-Freiwilliger Isaak Srlberstern. Gleich werd' ich schultern, Herr Corporal, nur 'nen Augenblick Geduld, bis ich hab' gewischt meine Brille. Hndkich doch. Arzt. Ja, Nesselbauer, Ihr habt Euch den Magen verdorben, habt Ihr was Unrechtes gegessen? Steffelbauer. A Semmel liegt mir im Magen. Arzt. Ah, das wird schon etwas Anderes sein, was Euch krank gemacht. Steffelbauer. A paar Löffel Kraut. Arzt. Das kann's noch immer nicht sein. Steffelbauer. A Stückl Fleisch, so groß wie a Haselnuß. Arzt. Ah, Unsinn! Habt Ihr sonst gar nichts gegessen, besinnt Euch doch? ~ Steffelbauer. Ja, no so a drei Stuck unfchuldige Blutwurst und a fünf Griesknödel. Schöne Koffnung. Pfarrer. Du Franz und das Au« nerl wollt Euch also heiraten. Habt Ihr Euch schon die Bedeutung der Ehe klar gemacht? Weißt du, Annerl, was es heißt, dem Manne für's ganze Leben zu gehören? Annerl. Keine Angst, Hochwürden! Meine Mutter hat vier Männer gehabt, und ich werde gewiß nicht schlechter sein als meine Mutter. i Studentenkogik. Erster Student. Hast du gehört, was der Professor bei seinem heutigen Vortrag gesagt hat, daß sich Alles irN Kreise des Wiederentstchens hcrumdrehk Zweiter Student. Natürlich, das ist doch ganz einfach, es ist gerade st wie beim Kneipen. Aus der Trockenheit entsteht der Durst, aus denr Durst das Trinken, aus dem Trinken der Rausch» aus dem Rausch der Katzenjammer, ans dem Katzenjammer wieder die Trocken-' heit, und so dreht sich Alles im Kreislauf der Natur herum. Jon Ende August 1888 bis Aufaugs Mi 1889. ^^ Illustrationen sind mit Bewilligung der deutsche» Verlags-Anstalt i» Stuttgart zum Theil den großen Bildern der illustrirten ZeiLschrift „Ueber Land und Meer nachgebildet. ^upfer-Niederschläge von den Illustrationen in „Ueber Land und Meer" werden von der deutschen Verlags- Anstalt fortwährend zum billigen Preise von 10 Pfg. pro Quadrat-Centimeter abgegeben. Drei wichtige politische und sociale Momente W im abgelaufenen Jahre mit stärkerem Ausguck, symptomatisch an die Oberfläche getreten: europäische Militarismus, die Liebe zum Mieden und die socialdemokratische Bewegung ?en Kreisen der arbeitenden Classe. Auf diese concentrirt sich gewissermaßen die Ge- Mchte unserer Tage. Von den beiden Friedens- Nvrerrr in Osten und Westen bedroht, sind die Kaiser Franz Josef I. und Kaiserin Elisabeth. Ein Jublläumsblatt. stUtelstaaten Europas zu immer erhöhten Rü- und Vermehrung der stehenden Heere rn^Ungen und beinahe will es scheinen, daß diese Staaten die den Frieden um so W Preis erhalten wollen, vorerst finanziell b^^runde richten möchte. Es wird aber nicht dj^ daß Rußland und Frankreich, welche ^»Europäischen Völker und Cabinete zu keiner kommen lassen, zunächst nur sich selbst diese unausgesetzten Friedensbedrohungen schwächen und sich jeden Credit abschneiden. Die drei Verbündeten: Oesterreich-Ungarn, Deutschland und Italien haben sich gegenseitig ihren Besitzstand garantirt und denken an keine Machterweiterung oder gar an Eroberungen. Selbst Frankreich ist unter dem gegenwärtigen Regime, das alles zur Erhaltung der Republik, die durch den Boulangismus und die Krollprätendenten fortwährend gefährdet ist, aufbietet — nicht zu fürchten. Rußland ist dagegen die unausgesetzte Gefahr für Europa. Trotz der heuchlerischen Friedensversicherungen setzt es im Stillen seine Eroberungspolitik fort. Was es jetzt noch nicht mit Waffengewalt erreichen kann, sucht es durch politische Schachzüge und den rollenden Rubel zu gewinnen. Und leider haben seine Diplomaten über die unsrigen, die stets offene und ehrliche Politik treiben, gesiegt. Die österreichisch-ungarische Regierung hat stets nur dahin gestrebt

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