58 59 die Schüssel mit den Kuttelfleck fein säuberlich wieder auf den Heerd; denn da sie nur mehr 10 kr. besaßen und diese nicht entbehren konnten, so seien sie lieber ||^^^ hungrig schlafen gegangen. Die Wirthin gab Jedem noch ein Gläsel Enzian und ein Stück Brod mit ans die Wegzehrung und war froh, daß sie die Kerle los war. Die Kuttelfleck wärmte sie noch einmal auf und. als gegen Mittag der Jörg Stoangruber, der Kalkbauer, der wegen seines riesigen Appetit's berüchtigt war, angefahren kam, setzte sie ihm die ganze Schüssel vor die auch auf Putz und Stingel aufgezehrt wurde. Beim Wegräumen fragte die Wirthin ob's geschmeckt habe. Der Jörg meinte: Dank für d' Nachfrag a Wengerl zach war es scho aber daß man jetzt im Gmoanwirthshaus auch noch gar an die Kuttelfleck silberne Knöpf' annähe. Dös sei doch scho der höchste Luxus!, Der Jörg war übrigens ein ehrlicher Kerl, er hatte es für seine Pflicht gehalten die silbernen Knöpf nicht auch noch mit zu verschlucken und so kam der Großknecht wenigstens wieder zu seinen Knöpfen; der größte Theil seiner Sonntagshose lag freilich im Magen des Vielfraßes begraben und hat diesem auch keine sonderliche Beschwerde bereitet. Kerr« Schööerl's Hleituvungen. Wer Herrn Schöberl kannte, dem mußte das tiefsinnige Wesen, das er in jüngster Zeit zur Schau trug, auffallen. Große Dinge bereiten sich vor, das sah man deutlich. Und wer ihn so heimlich beobachten konnte, .wenn er mit seinem Milchwagen heimkam und seinen alten Schimmel in den Stall führte, der mußte sich unwillkürlich fragen, ob Herr» Schöberl's Geisteszustand ein normaler sei oder ob er etwa beabsichtige, einet» Anti-Thierschutzverein beizutreten. Denn kaum hatte er den „Hansl", der schon durch sein ehrwürdiges Alter vor jeder unsanften Behandlung hätte geschützt werden sollen, seines Geschirres entledigt nnd am Barren angebunden, als er aus einem entfernten Versteck ein eigenthümliches Folterinstrument hervorholte, bei dessen Anblick „Hansl" mit allen.Anzeichen des Abscheues in Miene und Geberden zu erkennen gab, daß er für derartige Spässe, wie sie sein Herr mit ihm beabsichtigte, weder Lust noch Verständniß besitze. Nnd doch war das Aussehen de^ Marterwerkzeuges eigentlich ein sehr harmloses. Es war ein einfacher, breiter Ledergurt mit zwei an. beiden Seite«' herabhängenden Hanfschlingen, den Herr Schöberl nun seinem wehrlosen Opfer überwarf; dann stemmte er seinen Kopf an „Hansls" Bauch und zog mit de»' Aufgebote seiner ganzen Kraft den Gur' zusammen. Wohl blähte sich der schlaue Schi»«" nrel gewaltig auf, um so dem lästige«' Magendrücken, das ihn jedesmal nach einer derartigen Einschnürung überka««'- zu entgehen; allein ein kräftiger Stoß belehrte ihn alsbald, daß er sich de«" Unvermeidlichen zu fügen habe. „Hansl" sah dies auch ein und gab aufächze««^ nach. Nachdem dieser erste Grad der peit« lichen Tortur vorüber war, holte de«' entmenschte Schöberl ein leeres Eime»' faß herbei, stellte es an „Hansls Seite und stieg hinauf. Der Schimmel legte die Ohren zurück und schien auf das Aergste gefaßt, als sein Herr in die Brusttasche griff und ein dünnes Heftchen hervorzog, in dem er zu blättern begann. „Hansl", der nichts Geringeres als die Verlesung seines Todesurtheiles er- wartete, würde erleichtert aufgeathmet haben, hätte er den Titel des Büchleins lesen können, mit dessen Studium Herr Schöberl sich so eingehend beschäftigte. Ta, es ist nicht unwahrscheinlich, daß der edle Renner in ein jauchzendes Wiehern ausgebrochen wäre, hätte er gewußt, zu welch hohen Dingen ihn sein Gebieter erkoren. „Reitunterricht für Anfänger", hieß ^ auf dem Umschläge des Buches, und Schöberl las mit halblauter Stimme die folgende Stelle: „Man lege dem Pferde den Sattel auf und ziehe die Gurte, anfänglich schwächer, dann stärker am um so das Pferd allmälig an den Sattel »u gewöhnen." „Stimmt schon," sagte Schöberl; dann steckte er den Fuß in eine der Hanfschlingen, hielt sich mit der Hand au einem an der Mauer angebrachten Haken fest und schwang sich nun auf den Zücken seines Schlachtrosses. „Hansl" machte zwar einen schüchternen Versuch, zu bocken, als er jedoch sah, daß die Steifheit seiner Glieder es >h>n unmöglich machte, beide Hinterbeine »ugleich vom Boden zu entfernen, gab ^ diese fruchtlosen Versuche auf und oeschränkte sich daranf, mit dem linken Hinterbeine bedächtig auszuholen und mit einem kräftigen Schlage das als Auftritt dienende Eimerfaß wegzuschleudern und so gewissermaßen die Brücke hinter seinem Feinde abzubrechen. Herr Schöberl übte indes, sich fortwährend an dem Haken festhaltend, den Schenkeldruck- „Galopp links", las er, „linker Schenkel an die Gurte, rechter Schenkel hinter die Gurte." Den jetzt regungslos dastehenden Schimmel durchzuckte ein teuflischer Gedanke. „Wie du mir, so ich dir", dachte er und entfernte sich sachte immer weiter von der Mauer. Herr Schöberl hätte um keinen Preis seinen „Nothnagel" losgelassen. Immer horizontaler wurde seine Körperlage und bald hing er mehr am Nagel, als er auf dem Pferde saß. Vergebens angelte er mit dem Fuße nach dem weggerollten Fasse, vergeblich bemühte er sich, den hartherzigen Schimmel durch gütliches Zureden zu seiner Pflicht zurückzuführen. „Wüeh, Hansl, da geh' uma," flehte er, allein der starrköpfige Alte war nicht zu bewegen, den einmal gefaßten Entschluß, sich seines Reiters mit allen, selbst den verwerflichsten Mitteln zu entledigen, anfzugeben. Da durchflutete plötzlich heller Lichtschein den düsteren Ort. Die Stallthür hatte sich geöffnet und in derselben erschien nun, wie in überirdischer Verklärung, die rundliche Gestalt der Fran Schöberl.. Mit sprachlosem Erstaunen betrach-
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