Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

56 57 halten. Er dankte nach allen Seiten und verschwand. Etwa eine halbe Stunde später frug Feistig den Brauer Spunt, wie hoch es an der Zeit sei. Ahnungslos zog der Brauer seine Uhr hervor, stutzte, als er sah, daß sie nicht gehe, er beschaute die Uhr- von allen Seiten, dann die Kette und auch die Anhängsel — plötzlich schnellte er vom Stuhle empor und zornroth im Gesichte schrie er, daß diese Uhr garnicht die seinige sei. ebenso auch nicht die Kette und die Breloques. Der Fleischer Feistig lachte aus vollem Halse. Und es war ihm, als müsse er vor Lachen bersten, als der Brauer wie rasend'geworden nach seiner goldenen Uhr und Kette und nach dem diebischen Gaukler schrie. „Gebtihr euch endlich für überwunden!" riefFeistig lachend dem Brauer zu. „Gesteht ihr, daß ihr überlistet seid! Beschaut doch nur gehörig die Uhr, die Kette rc.! Alles von Blech; hat mich ganze zwei Gulden gekostet! Der Brauer konnte die Sache nicht gleich begreifen, als ihm jedoch Alles klar wurde, verlangte er energisch nach seiner Uhr und Kette. „Die sollt ihr gleich haben!" rief Feistig lachend. „Ueberlistet habe ich euch, eine wächserne Nase wurde- euch gedreht, das Faß Bier habe ich gewonnen. Ist es so oder nicht?" wendete er sich an die Gesellschaft, die ohne viel zu prüfen Ja und Amen rief. Einem Jeden verlangte bereits nach dem geschenkten Biere. „Das wollte ich und nichts anderes!" sprach Feistig in bester Laune. „Und jetzt sollt ihr eure eigene Uhr und. Kette erhalten. He, Frau Römer!" ries er der Wirthin zu. „Geben Sie jetzt die Uhr und Kette und die Anhängsel her, die Ihnen der Komödiant vorhin eingehändigt hat." Die Wirthin schaute über alle Maßen . verwundert auf. „Mir hätte der Komödiant Etwas übergeben sollen?" frug sie. „Nun ja, die goldene Uhr sammt Kette, die ihm der Brauer geliehen hat. Ich habe es mit dem Manne früher abgemacht, daß er nach Beendigung seiner Production Uhr und Kette Ihnen . in Aufbewahrung über- ' geben soll." „Mir hat der, Mann gar nichts übergeben," sagte die Wirthm. „Wie —?" „Nein, nein!" rief die Wirthin entschieden. „Mir hat Nie- mand etwas übergeben, derKomödiant trat aus den: Schankzimmer durch die rückwärtige Thür in den Hausflur hinein und von da ui achte er sich gleich aus dem Staube. Feistig war schon bei den ersten Worten der Wirthin von seinem Stuhle empor- geschnellt. Dicker Schweiß trat plötzlich auf seine Stirne und wie Höllenmusik drang an sein Ohr das Gelächter und der Spott der Gäste, die gleich ihm den richtigen Sachverhalt mit der verschwundenen Uhr und Kette ahnten. Brauer Spunt konnte sich nicht enthalten, dem Fleischer, dem „Pfiffigsten" im Städtchen, hohnlachend zuzurufen: „Wer ist jetzt der Ueberlistete? Ich oder Ihr? Ja, ja, Meister Feistig, die Uhr und Kette sammt Anhängseln kosten mich ein schweres Stück Geld, was ihr I erlegen müßt, wenn sch der Komödiant Kickst. findet. Ihr habt diesen pfiffigen Plan ausgeheckt, jetzt .müßt Ihr auch ^ie Folgen tragen." Feistig wollte Hinausstürzen, blieb plötzlich wieder stehen und langte mit zitternder Hand nach seiner Brieftasche. Ein einziger Blick auf den Tausender, ven er von dem Gaukler zurückerhalten, "es; keinen Zweifel übrig, daß er anstatt seines echten Tausenders ein ljanz erbärmliches Falsifikat zurückerhalten habe. Aus seiner Miene haben die Anderen Olesen, welche Endeckung er mit dem sausender gemacht habe, und die Folge öavon war, daß es des Lachens jetzt kein Ende gab. Nach dem diebischen Gaukler wurde allerdings sofort in allen Windrichtungen ^usgeschickt, überall wurde nach ihm ^forscht, aber Alles vergebens. Bou .Professor Spagantiin, der, wie er selbst l"gte, „manches sogar gänzlich verschwinHumoristische Gallerte. Kuttetfleck mit Knöpfen. Zwei arme Handwerksburschen kamen N ihrer Wanderfahrt in das stei- ^He Gebirgsdorf R....... wo sie im ^Uwauwirthshaus um Unterstand baten. ^' zehn Ncukreuzern und diese wollten ^ für das Abendessen opfern, das Nacht- Q9ec wurde ihnen umsonst gegeben. Die den machen kann,", wär keine Spur zu entdecken.. ,... Fleischer Feistig büßte, durch die Kunst Spagantipi's seinen Tausender ein, ferner mußte er dem Brauer Uhr, Kette und Anhängsel sehr theuer bezahlen, das Faß Bier wurde .ebenfalls auf seine Rechnung gesetzt und des Spottes über ihm gab es in Hülle und Fülle. Aber die Radauntzer vergönnten es dem eingebildeten und protzigen Mann aus ganzem .Herzen. „Wird er wenigstens die Nase jetzt nicht mehr so hoch tragen." Für einige Wochen reichte die Lection wohl aus, als aber an den nächsten paar Ochsen der Tausender und der übrige Verlust wieder hereingebracht war, schwoll bei Feistig der Kamm von Neuem, und es währte dann nicht lange, so war er wieder der frühere Held, den man immer erst an „Spagantini's Kunststücke" erinnern mußte, um sein Eigenlob einigermaßen zu dämpfen. gutmüthige Wirthin wies ihnen eine Bodenkammer an und gab ihnen eine Schüssel mit eingebrannten Kuttelflecken zur Atzung mit. Die Strolche ließen sich dieselben vortrefflich schmecken, als sie sich aber von ihren letzten Zehnerln trennen sollten, kam dem Bruder Straubinger eine gute Idee. In der Kammer hieng die Hirschlederne Sonntagshose des Großknechts. Diese wurde nach Bedarf in schmale Streifen und Stückeln zerschnitten und in die übrig gebliebene Sauce hineingegeben. Am frühen Morgen nahmen die Burschen rührenden Abschied, stellten aber

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2