Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1890

53 Spagantün's Kunststücke. Humoristische Skizze ron Eduard ^'«tis. „Herrenstübcl" des Rodauntzer Gasthofes „zur Sonne" gab cs eine heftige Debatte zwischen dem BierbrauerSp unt und dem Fleischermeister Feistig. Man hätte eigentlich sagen können, daß sich die beiden Herren „um des Kaisers Bart" streiten. Der Bierbrauer wollte nicht zugeben, daß ihn je ein Mensch übervortheilen, überlisten oder ihm sonst einen Schabaruack spielen konnte, ohne daß er die Sache nicht sofort durchschaue. Und der Fleischer behauptete von sich dasselbe und gleichzeitig zweifelte er sehr daran, daß dem Bierbrauer in Bezug auf Pfiffigkeit Niemand gewachsen wäre. „Laßt nur erst einmal den Nichtigen über euch kommen!" rief er warnend dem Brauer zu, worauf dieser voll Hohn replicirte: „So schickt ihn mir doch! Oder solltet ihr selbst euch für so klug halten, mich, mich überlisten zu können?" Der Fleischer blies sein Vollmondgesicht noch mehr in die Breite und unter einem geringschätzigen Seitenblick sagte er achselzuckend: „Wär' weiter eine Müh' für mich! Ich zieh' euch's G-'wand vom Leibe, ohne daß ihr was davon merkt". Der Brauer begauu bereits in Hitze zu gerathen, worüber die andern Gäste in der Stube recht froh waren. Es gab immer „eine Hetz", wenn die Beiden wegen ihrer Pfiffigkeit stritten und so nergelte man recht fleißig und spornte Zanksucht bei Einem wie auch bei dem Anderen nach Möglichkeit an. Innerlich machte man sich über Beid' lustig, und das verdienten auch dcrBraue" sowohl wie der Fleischer. Beide waren protzige, eingebildet Männer, denen jeder Andere zu dunn"> zu unpraktisch, zu unbeholfen war. Na^ ihren Worten wären sie im Städtchfi' die Einzigen, die was verstehen, die siö! nicht irreführen lassen, die Einzigen, du es durch Schlauheit und kluge Berechnn»!' allem zu Vermögen und Ansehen gebracht haben, worüber die anderen Ortsbewohnck just uicht derselben Meinung waren. Den Fleischer Fcistig, den von beide'' dieser Männer protzigeren und eilig'" bildeteren, nanntell die Leute kurznü? einen „Schinder", der darauf pochens daß er der einzige Fleischer im Orte ^ den Preis für seine Waare nach Belieb^ in die Höhe schraubte, kurz im Stand' war, den Leuten gleichsam die Haut übe' die Ohren zu ziehen. Bei solchen Uns' ständen ließ sich nun allerdings mit wen'!' Kunst „pfiffig" sein. Das Glück muß'' sich einstellen, ob es wollte oder nid und die Mühe war dabei so gering, W'' etwa ein Griff in eine fremde Tas^ hinein. -Ein Jeder im Städtchen wünscht daß dem Brauer Spunt wie auch dc» Fleischer Feistig einmal ein recht lost' Streich gespielt werde, damit diese beide' hochnäsigen Männer ein wenig a'" demüthigt und niit ihrer Pfiffigkeit 3'' prahlen aufhören würden. Dieser Wunsch nun sollte, wenn a»'^ nur hinsichtlich des Fleischers, noch demselben Tage in Erfüllung gehen, welchem sich vorstehend angeführte D^ batte zwischen den beiden Männern im Gasthause „zur Sonne" entspann. Als Feistig seine hingeworfene Bemerkung: „Ich zieh' euch's G'wand vom Leibe, ohne daß ihr's merkt" gemacht hatte, rief der Brauer hitzig aus: „So macht euch doch daran! Laßt "och eure Kunst sehen!" „Warum nicht? Wenn es nm etwas 9eht, bin ich dabei". „Um ein Faß Bier!" rief der Brauer Qu?', wobei er mit der Faust auf deu Äch schlug. „Feistig habt ihr's gehört? Al" Faß Bier gebe ich zum Besten, wenn euch gelingt, jedoch persönlich und auch Mir persönlich gegenüber, mich auf was ""Mer für eine Weise SU überlisten, daß ich dadurch einen mate- ^elleu Schaden erleide, ^eid ihr einverstanden?« , „Einverstanden!" stifte Feistig, indem er st" seiner beringten Aond auf sein Em- ?°npoint schlug. „Und ch will noch weiter ^W,, alleAnwesenden ^ ich zu Zeugen", Endete sich der Flei- ,Aer an die anderen ■ Aaste, „daß ich das ^'aß Bier noch heute gewinnen will" „Womit ihr sagen wollt'", fiel der parier hohnlachend ein, ..daß ihr mich "ch heute überlisten-werdet?" h. „Ja das werde ich !" rief der Fleischer U aller Bestimmtheit ans. „Und gelingt's ^ nicht euch noch heute eine derart achserne Nase zu drehen, daß Ihr itf " euer Lebtag genug habt, so will son -^ ein Faß Bier zahlen und man x, "'ich von heute an meinetwegen „den ""wen Kerl von Rodauntz" nennen". , „Das werden wir uns sehr gut erken", sprach der Brauer mit deu Augen blinzelnd. Und zur Gesellschaft gewendet, rief er luftig: „Trinket mir vorläufig Keiner zuviel! Ihr wißt, daß mich heute noch die Pfiffigkeit des Meisters Feistig zur Zahlung eines Fasses Bier verur- theilen wird und von diesem Bier erst laßt es wacker die Kehle hinabrinnen! Das Faß Bier ist euch übrigens unter allen Umständen gewiß. Muß es nicht ich zahlen, so zahlt's der Fleischer". — „So zahle ich's!" rief Feistig aus, indem er vergnügt in sich hiueinschmunzelte. Er war seiner Sache vollkommen sicher. Den Streit hatte er eigens provocirt, nur um deu Brauer zu einer Wette zu veranlassen. Schon längst war es sein sehnlichster Wunsch gewesen, dem Brauer Spunt, der bei jeder Gelegenheit mit seiner Klugheit und Vorsicht prahlte, einen Streich zu spielen — nun endlich sollte Spunt seinen Meister sehen, nun sollte er erfahren, wer von Beiden der Witzigere ist, ob er selbst, der voll- backige Brauer, oder er, der Fleischer Feistig, den man schon längst den „Pfiffigsten" in der Stadt genannt hat, den „Geriebensten", dem ein Schnippchen zu schlagen oder ihn in irgend einer Weise zn benachtheiligen eine reine Unmöglichkeit sei. Heute wollte der Fleischer Feistig beweisen, daß es für ihn eine reine Spielerei ist, den Brauer zu überlisten. Und sein Plan dazu bestand im Folgenden: Vor einer Woche wohnte er im Gasthause einer benachbarten Stadt der Production eines fahrenden Gauklers bei, der nebst anderen „Kunststücken" auch dieses aufführte, daß er eiue Uhr sammt

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